ein Beitrag Günter Haim Malkowsky.
Man liest bzw. hört immer öfter in den Medien den Begriff „auf dem rechten Auge Blind“. Wenn es nicht so traurig und enttäuschend wäre könnte ich darüber lauthals lachen. Nein, da ist keiner auf dem rechten Auge blind. Die sind einfach so! Rechtsorientiert, antisemitisch, fremdenfeindlich, homophob und menschenverachtend. Die so genannten Journalisten, Moderatoren und Kommentatoren erinnern mich eher an Schreiberlinge als an kompetente Beobachter. Wann lernen sie endlich das Kind beim Namen zu nennen und Schlagworte wie auf dem rechten Auge blind nicht mehr zu nutzen? Ich befürchte, dass sie das nie lernen werden, es hat sich alles so in die deutsche Sprache eingebürgert und es scheint die Benannten, also die auf dem rechten Auge Blinden, irgendwie reinzuwaschen. Versehen oder Absicht? Das müsst ihr entscheiden. Es wird, wenn es darauf ankommt, immer alles verharmlost.
Immer wieder stellt sich uns die Frage, warum so wenige NS-Straftäter wirklich zur Rechenschaft gezogen wurden. Wenn wir die Frage beantworten wollen, müssen wir uns immer wieder vor Auge führen, dass ein großer Teil der Nazirichter und Nazistaatsanwälte in der jungen Bundesrepublik wieder am Gericht arbeiteten. Die Justiz der NS-Zeit war 1949 personell fast vollständig wieder hergestellt, kein einziger NS-Jurist war zu diesem Zeitpunkt von einem bundesdeutschen Gericht verurteilt worden. Und wenn ein ehemaliger Nationalsozialist über einen Nationalsozialisten urteilen sollte, wie glaubst du, fiel das Urteil aus?
Man redete sich heraus. Einmal gab es ja den Führerbefehl und es gab das Gesetz. Dass die Gesetze des NS-Regimes unrechtmäßig waren, auf die Idee
kamen leider nur sehr wenige. Gesetz ist Gesetz, so dachten eben die Deutschen in der Mehrheit. So kam es dazu, dass tapfere Widerstandskämpfer gesetzlos gehandelt hatten, wenn sie sich gegen
Hitler und seine Herrschaft zur Wehr gesetzt hatten.
Die Prozesse gegen die Hauptstraftäter fanden viele Deutsche ja noch in Ordnung. Sollten sie doch bestraft werden für all die schrecklichen Taten, die sie begangen hatten. Doch als die Alliierten
1946 ankündigten, die Verfahren auch auf Ärzte, auf Unternehmer, auf Bankiers und eben die Juristen ausdehnen zu wollen, zeigten sich schon weniger Menschen begeistert.
Die Inhaftierung der Verantwortlichen rief all jene auf den Plan, die nun eine Verschonung der Kriegsverbrecher forderten. Diese Forderung kam aus allen möglichen Ecken, auch die Kirchen machten sich dafür stark.
Dass unter den Inhaftierten auch einige Schuldige waren, davon waren viele Deutsche überzeugt. Doch der Rest - so dachten viele - würde von den Alliierten nur aus Rachsucht angeklagt und als Verbrecher abgestempelt. So prägte man auch den Begriff der "Siegerjustiz", was nichts anderes heißt, als dass Sieger, die Alliierten, über Besiegte, die Deutschen, nun zu Gericht saßen und damit auch am längeren Hebel. Und eine Siegerjustiz wollten die Deutschen nicht unterstützen.
So begannen sich die Gefängnisse allmählich von den Kriegsverbrechern zu leeren. Viele Todesstrafen waren im Laufe der Zeit in Haftstrafen umgewandelt worden und ein Großteil der Täter wurde dann auch wieder vorzeitig aus der Haft entlassen.
Einige Richter handelten sogar noch wie Nazi-Richter. So entschied im Jahr 1951 das Landgericht München, dass das Urteil gegen den Widerstandskämpfer Hans von Dohnanyi "nach dem damaligen Rechtszustand" rechtmäßig gewesen sei. Die Täter - die Richter, die das Urteil aussprachen - wurden niemals belangt. Dies war kein Einzelfall. Dem Widerstand gegen Hitler wurde jegliche Rechtmäßigkeit abgesprochen. Die wirklichen Täter wurden entlassen oder gleich frei gesprochen.
Zwischen 1952 und 1957 kamen die meisten Prozesse völlig zum Erliegen oder wurden verschleppt. Kommunisten wurden allerdings zur gleichen Zeit verfolgt, verhaftet und verurteilt. 1953 zum Beispiel wurden 123 NS-Täter und 1655 Kommunisten verurteilt. Die Justiz war wieder „auf dem rechten Auge blind“. 1956 verbot man die KPD und 1958 wurden die letzten Verurteilten aus den Nürnberger Nachkriegsprozessen aus der Haft entlassen.
Ein Umschwung begann erst Ende der 50er Jahre und dann in den 60er Jahren. So fand 1961 der Prozess gegen den Nazi-Verbrecher Adolf Eichmann in Israel statt und ab 1963 die Auschwitzprozesse in Frankfurt. Auch suchten immer mehr junge Leute Antworten auf ihre Fragen, Fragen, die die Mitverantwortung ihrer Eltern und Großeltern betrafen.
Doch die Unrechtsjustiz der 50er Jahre wirkte trotzdem weiter. So manches kommt erst heute ans Licht. Viele Jahre zu spät.
Hans Josef Maria Globke (* 10. September 1898 in Düsseldorf; † 13. Februar 1973 in Bonn) war Verwaltungsjurist im preußischen und im Reichsinnenministerium, Mitverfasser und Kommentator der Nürnberger Rassegesetze und verantwortlicher Ministerialbeamter für die judenfeindliche Namensänderungsverordnung in der Zeit des Nationalsozialismus sowie von 1953 bis 1963 Chef des Bundeskanzleramts unter Bundeskanzler Konrad Adenauer.
Globke ist das prominenteste Beispiel für die Kontinuität der Verwaltungseliten vom „Dritten Reich“ zur frühen Bundesrepublik Deutschland. In der Adenauer-Ära war er als „graue Eminenz“ und engster Vertrauter des Kanzlers verantwortlich für Personalpolitik, Kabinettsarbeit, die Einrichtung und Kontrolle von BND und Verfassungsschutz sowie für Fragen der CDU-Parteiführung. Zu seinen Lebzeiten wurde sein Einsatz für die nationalsozialistische Diktatur nur teilweise bekannt. Im In- und Ausland immer wieder scharf angegriffen, wurde er von der Regierung, dem BND und der CIA aber immer geschützt.
In der Bundesrepublik machte Globke unter Konrad Adenauer rasch Karriere im Bundeskanzleramt. Er war dort zunächst als Ministerialdirigent tätig und stieg im Oktober 1953 als Nachfolger des in den Bundestag gewählten Otto Lenz zum Staatssekretär und Chef des Bundeskanzleramtes auf. In dieser Funktion war er Mitglied des engsten Führungszirkels um Adenauer und dessen engster Vertrauter. Im Schatten des Bundeskanzlers zog Globke im Hintergrund die Fäden und fungierte so als wichtiger Stützpfeiler von Adenauers „Kanzlerdemokratie“.
Seine Aufgaben ergaben sich aus der bis heute unveränderten Regelung in § 7 der Geschäftsordnung der Bundesregierung (GOBReg), wonach der Staatssekretär des Bundeskanzleramtes zugleich die Geschäfte eines Staatssekretärs der Bundesregierung wahrnimmt. In dieser Position beeinflusste Globke die Regierungspolitik maßgeblich. Während der 2. Legislaturperiode Adenauers leitete er die Überführung der Organisation Gehlen in den Bundesnachrichtendienst. Adenauer holte auf gemeinsamen Spaziergängen im Garten des Kanzleramtes seinen Rat bei wichtigen politischen Entscheidungen ein, etwa zum Wiedergutmachungsabkommen mit Israel oder den Notstandsgesetzen; er machte Adenauer Personalvorschläge für die Ministerien und überwachte deren Linientreue, u.a. durch die von ihm geschaffenen Spiegel-Referate im Kanzleramt; er pflegte den engen Kontakt zur CDU/CSU-Bundestagsfraktion, insbesondere durch seine gute Beziehung zum CDU-Fraktionsvorsitzenden Heinrich Krone; er war als „heimlicher Generalsekretär“ der CDU die zentrale Kontaktstelle, um das Gehör des Kanzlers zu erhalten, und er verwaltete maßgeblich die Wirtschaftsspenden der CDU, die über die „Staatsbürgerliche Vereinigung“ flossen.
Im Wahlkampf 1961 gegen den später (1969) gewählten Bundeskanzler Willy Brandt machte Globke laut CIA-Dokumenten Brandt das Angebot, aus dessen Exilzeit resultierende vorgebliche Vaterlandsverratsvorwürfe nicht zum Wahlkampfthema zu machen, vorausgesetzt, die SPD würde das Thema Globke nicht verwenden. Brandt soll – so die Unterlagen – auf den Vorschlag eingegangen sein.
Am 15. Oktober 1963, also vier Tage nachdem Adenauer sein Amt niedergelegt hatte, wurde Globke auf Vorschlag des Altkanzlers vom damaligen Bundespräsidenten Heinrich Lübke das Großkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland verliehen. Er blieb auch weiterhin für Adenauer beratend aktiv. Insbesondere bei der Suche nach einem Nachfolger für Ludwig Erhard schaltete er sich ein.
Nach der Pensionierung beschloss Globke, in die Schweiz überzusiedeln. Die Schweizer Regierung erklärte ihn aber zu einem unerwünschten Ausländer und erteilte ihm ein Einreiseverbot.
Der Fall Globke zeigt, wie mit der nationalsozialistischen Vergangenheit Deutschlands umgegangen wurde und immer noch umgegangen wird. Die damaligen, wieder zu Ehren gekommenen Nazis, sind mittlerweile wohl (zum Glück) ausgestorben aber ihre Einstellung und ihr Gift haben sie schon an die folgenden Generationen weitergegeben. Das spiegelt sich in vielen, zu vielen Fällen der Gegenwart wieder. Mangelnde Aufklärung von entsprechenden (Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus, Homophobie, etc.) Verbrechen. BKA, LKAs, Polizei, Bundeswehr und der Verfassungsschutz sind von rechtem Gedankengut und von rechten Agitatoren durchwoben und es werden kaum Anstrengungen seitens der Politik unternommen um hier wirklich Einhalt zu gebieten. Immer nur leere Worthülsen und sinnfreies Blabla. Der Fall Möritz zeigt auch mal wieder, dass die CDU darüber spricht, aber Konsequenzen bleiben, zumindest von der Partei, aus. Mittlerweile ist Möritz am 20.12.2020 aus der CDU ausgetreten. Ich würde mich nicht wundern wenn er in Kürze AfD Mitglied werden wird.
Es gibt derzeit keine deutsche Partei in der sich nicht auch Antisemiten herumtreiben. Man darf dabei nicht vergessen, dass nach dem 2. Weltkrieg viele Mitglieder der NSDAP in diversen deutschen Parteien „Unterschlupf“ gefunden haben, siehe auch https://malkowsky.jimdofree.com/diverses-politik/liste-ehemaliger-nsdap-mitglieder/. Die meisten von denen sind CDU und CSU beigetreten, erheblich weniger haben sich FDP und SPD zugewandt. Einige sind Parteien beigetreten die es heute nicht mehr gibt und/oder von CDU oder CSU aufgesogen wurden. Auch diese „Ehemaligen“ haben ihr Gift weiterhin in den entsprechenden Parteien verspritzt und dieses Gift ist bei vielen angekommen und wurde gerne absorbiert und weitergeleitet. Das ist wohl auch einer der Gründe weshalb in seit Ende des 2. Weltkrieges im Bildungssystem viel zu wenig getan wurde und immer noch zu wenig getan wird um Antisemitismus zu unterbinden.
Ich habe mich dem hiesigen Schulamt angeboten in Schulen ehrenamtlich für Aufklärung und Vergangenheitsbewältigung zu agieren. Keine einzige Schule hat es bisher für nötig befunden mein Angebot anzunehmen. Das sagt so einiges über den Willen wirklich etwas gegen Antisemitismus etc. zu unternehmen.
Auch der beliebte Spruch „Nie wieder“ ist nicht mehr als ein gern genutzter Terminus dafür, dass man nicht weiß wie man den Antisemitismus, Rechtsextremismus und Linksextremismus in den Griff bekommen soll. Taten würden erheblich mehr bringen als das leere, mantraähnliche Geschwätz vieler Politiker. Viele meinen, dass mit den Worten „Nie wieder“ der Abhilfe genüge getan ist. Nein, auch wenn es vielleicht ernst und gut gemeint ist, bringt es nichts, das hat die Vergangenheit oft genug gezeigt.
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