Pessach, auch Passah oder Pascha genannt (hebräisch פֶּסַח pésach; aramäisch פַּסְחָא pas-cha; griechisch (Septuaginta und NT) πάσχα pás-cha; wörtlich „Vorüberschreiten“), gehört zu den wichtigsten Festen des Judentums. Es erinnert an den Auszug aus Ägypten, also die Befreiung der Israeliten aus ägyptischer Sklaverei. Die Nacherzählung (Haggada) dieses im Buch Exodus des Tanach erzählten Geschehens verbindet jede neue Generation der Juden mit ihrer zentralen Befreiungserfahrung.
Das Pessach wird in der Woche vom 15. bis 22., in Israel bis zum 21. Nisan gefeiert. Es ist ein Familienfest mit verschiedenen Riten wie dem Seder und dem einwöchigen Verzehr von Matzen. Deshalb heißt es auch „Fest der ungesäuerten Brote“.
In der Zeit des Zweiten jüdischen Tempels gehörte Pessach zusammen mit Schawuot (Wochenfest) und Sukkot (Laubhüttenfest) zu den drei israelitischen Wallfahrtsfesten, an denen die Gläubigen zum Jerusalemer Tempel auf dem Tempelberg pilgerten.
Das hebräische Wort pessach (פסח) ist abgeleitet von einem Verbalstamm mit der Bedeutung „auf-/gegen-/zurückstoßen“ oder „abprallen“. Es bezeichnet in Ex 12,13 EU das „Vorübergehen“, „Auslassen“ oder „Überspringen“ jüdischer Häuser während JHWHs Strafgericht an den ägyptischen männlichen Erstgeborenen in der Nacht des Auszugs. Die Hebräer seien dabei verschont geblieben, weil sie ihre Türen mit einem Schutzzeichen markiert hätten (Ex 12,27 EU).
Die im Deutschen gebräuchlichsten Namensformen sind Passah (Lutherbibel, evangelische Liturgie), Pas’cha (Loccumer Richtlinien) oder Pascha (Einheitsübersetzung, katholische Liturgie). Mit Wortableitungen vom aramäischen „Pas-cha“ bezeichnen die meisten europäischen Sprachen auch das christliche Osterfest. Dies erinnert an die Wurzeln des Festes im jüdischen Pessachfest.
Das Pessach wird in Ex 12,1–20 EU als Gebot Gottes zwischen Ankündigung (Ex 11,5–10 EU) und Vollstreckung (Ex 12,29ff. EU ) der letzten der Zehn Plagen eingesetzt. Einige spätere Bestimmungen ergänzt Ex 12,43–49 EU
Im biblischen Zusammenhang beendet dieses Fest die Knechtschaft Israels: Nachdem sich die Ägypter weigerten, die Hebräer ziehen zu lassen, kündet Gott ihnen nach neun erfolglosen Plagen die Tötung der Erstgeborenen von Mensch und Tier an. Um verschont zu bleiben, solle jede israelitische Familie abends ein männliches, einjähriges fehlerloses Jungtier von Schaf oder Ziege schlachten, mit dessen Blut die Türpfosten bestreichen und es dann braten und gemeinsam vollständig verzehren. An den so markierten Häusern werde der Todesengel in derselben Nacht vorübergehen (hebr. pāsaḥ), während er Gottes Strafaktion an Ägypten vollstrecke. Danach drängt der Pharao die Israeliten zum Verlassen des Landes, worauf sie gemäß Gottes Anweisungen vorbereitet sind.
Neben Schlachtung und Verzehr der Pessachtiere begründet das Kapitel auch das Festdatum, Ysop zum Bestreichen der Türen, das Auskehren allen gesäuerten Teiges, das siebentägige Matzenessen, das gegürtete, angekleidete Durchwachen der Auszugsnacht und Versammlungen am ersten und letzten Festtag. Ex 13,1–16 EU
ergänzt das Opfer (Tier) bzw. die Weihe (Mensch) der männlichen Erstgeburt und das erzählende Erinnern der Auszugsnacht als Antwort auf die Frage eines Sohnes nach Herkunft und Sinn des Pessach.
Bestimmungen aus der späteren Königszeit in Dtn 16,1–8 EU geboten das Pessach als zentrales Kultfest und verboten die Hausschlachtung. Als Opfertiere durften auch Rinder gewählt werden; sie mussten am selben Abend gekocht und restlos verzehrt werden. Das siebentägige Matzenessen sollte von der Auskehr allen Sauerteiges aus Israel während der Festwoche begleitet sein, „damit du dein ganzes Leben lang des Tages gedenkst, an dem du aus Ägypten gezogen bist“ (V. 3). Der siebte Festtag sollte als Ruhetag mit einer Versammlung begangen werden.
Num 9,1–14 EU wiederholt die Pessachregeln von Ex 12 und ergänzt: Wer aus irgendeinem Grund – etwa einer weiten Reise oder einer kultischen Unreinheit – an der Teilnahme gehindert ist, darf Pessach im folgenden Monat (am 14. Ijjar) nachfeiern (Pessach scheni: „zweites Pessach“, auch „kleines Pessach“ genannt). Das zweite Pessach dauert nur einen Tag, das Verbot des Gesäuerten gilt nicht. Dennoch werden zum Andenken auch an diesem Tag u. a. Matzen gegessen.
Jos 5,10–12 EU beschreibt ein Pessach der zweiten Wüstengeneration beim Übergang zur Sesshaftwerdung in Kanaan. Damit habe Gott die „ägyptische Schande“ endgültig von den Israeliten abgewälzt; von jenem Fest an sei das Manna als wunderbare Wüstennahrung nicht mehr notwendig gewesen.
Die alten Festkalender der Tora (Ex 23,14–17 EU; 34,18–23 EU) nennen nur das Matzenfest als eins von drei regelmäßigen, noch nicht genau datierten Wallfahrtsfesten. Die Notiz Num 33,3 EU erwähnt nur das Pessach vor dem Aufbruch aus Ägypten; auch Num 9,1–14 EU erwähnt das Matzenfest nicht. Erst Lev 23,4–8 EU nennt Pessach- und Matzenfest nebeneinander und legt die Rahmentage der Festwoche fest. Deshalb nimmt die alttestamentliche Forschung vielfach an, dass Tier- und Brotritus ursprünglich getrennt und verschiedener Herkunft waren.
Leonhard Rost erklärte die Tierschlachtung zum Bestreichen der Türen (Ex 12,21–23 EU ) als nomadischen Schutzritus, um Wüstendämonen aus der Behausung fernzuhalten. Ähnliche, nur bei besonderen Anlässen geübte Familienriten sind bei nichtseßhaften Araberstämmen bekannt (ragah- und dabiha-Opfer). Die ungesäuerten Brote werden auf ein bäuerliches Fest der Wintergetreideernte zurückgeführt, bei dem altes, zur Säuerung verwendetes Saatgut von neuem Getreide getrennt und bis zur Säuerung des ersten neuen Mehls nur ungesäuertes Brot gegessen wurde. Die Verbindung zur Erstgeburtsweihe in Ex 13 EU wird als sekundär betrachtet.
Beide Bräuche wurden vermutlich erst nach Staatsgründung und Bau des ersten Tempels miteinander verbunden und erhielten dabei eine neue Bedeutung: Das Backen und Essen ungesäuerten Brotes erklärt Ex 12,39 EU mit der Zeitnot vor dem Aufbruch. Das Blutstreichen dient dem Gedenken an die Rettung vor Gottes Gericht (V. 27EU), der gemeinsame restlose Verzehr des Tieres der Stärkung zum Aufbruch (V. 10EU). Der Alttestamentler Werner H. Schmidt erklärt dazu:
„Demnach war das Passa zunächst kein Opfer, auch kein Erstgeburtsopfer…; das Passa wollte weder Gemeinschaft mit der Gottheit stiften noch ihr Sühne leisten. […] Durch die – wohl nachträgliche – Verbindung beider Kultakte wurde das Passa in ein Wallfahrtsfest umgewandelt, das am Heiligtum begangen wurde.“
Die Verlegung des Familienfestes zum zentralen Tempelfest zeigt Dtn 16,2.5ff EU. Dabei verlangt v.7 gegen Ex 12,9 das Kochen, nicht Braten des Opfertieres, das den ursprünglich häuslichen Festcharakter bestätigt. Nach 2 Kön 23,21f EU folgte König Josia diesen wiederentdeckten Geboten des Deuteronomiums und feierte ein Pessach als Staatsfest beim Tempel, das er zugleich zur Abschaffung verbliebener Fremdkulte nutzte.
Im Babylonischen Exil (586–539 v. Chr.) wurde Pessach erneut als Familienfest gefeiert und festgelegt. Aus dieser Zeit stammen die detaillierten Pessachbestimmungen (Ex 12,1–14 EU), die redaktionell in den Erzählfaden der Auszugsgeschichte eingefügt wurden. Dabei bestätigt die ebenfalls exilische Notiz Ez 45,21ff EU den Termin am 14. Nisan, der die Vollmondnacht meinte, aber auch die deuteronomische Ansicht, Pessach sei am Zentralheiligtum zu feiern. Außerbiblische Quellen aus der ägyptischen Kolonie Elephantine und ein Brief des Königs Darius II. von 419 v. Chr. bestätigen Festtermin und Festdauer für die Perserzeit.
Nach dem Wiederaufbau des Tempels (ab 539 v. Chr.) schlachteten die Priester die Pessachtiere – auch Rinder waren wieder erlaubt –, die Festpilger brieten und verzehrten sie dann im Tempelvorhof (2 Chr 30,1–5 EU; 35,13f EU; Esr 6,19f EU). Diese Arbeitsteilung behielten die Samaritaner nach ihrer Trennung vom Tempelkult auf dem Berg Garizim bei. Damit entfiel auch das Streichen des Tierblutes an die privaten Türpfosten.
Die Umwandlung zum zentralen Tempelfest konnte sich in Israel jedoch offenbar nicht ungebrochen durchsetzen: Unter der römischen Herrschaft wurde nur die Schlachtung am Tempel vollzogen; die Festpilger nahmen ihr Teil, brieten und aßen es dann mit Vorspeisen, Wein und Gesang – einer Vorform des später festgelegten Sederablaufs – in ihren Häusern. In dieser Form war Pessach das Hauptfest des Judentums zurzeit Jesu von Nazareth.
Das Jubiläenbuch entstand um 150 v. Chr. als theologischer Traktat, der Toratexte paraphrasierend deutet, um die Israeliten gegen den Einfluss des Hellenismus an ihre Traditionen zu binden. Kapitel 49 erklärt das Pessach: In der Auszugsnacht hätten die Israeliten damit ihren Gott gelobt, während von ihm gesandte böse Mächte den Ägyptern Unheil brachten. In der vorstaatlichen Zeit habe man Pessach im Zelt gefeiert, nach dem Tempelbau aber im Tempelvorhof. Jeder männliche Jude ab 20 Jahren müsse es zum festgesetzten Datum jährlich feiern, und zwar „vom dritten Teil des Tages bis zum dritten Teil der Nacht“. Das Pessachlamm werde Gott am Tempel geopfert, um ganz Israel erneut ein Jahr lang vor Strafen und Plagen zu bewahren. – Kapitel 17,15 und 18,3.18f zufolge fand die Beinahe-Opferung Isaaks an einem 14. Nisan statt. Damit wird dem Pessachblut nach Philip R. Davies jedoch keine entsühnende Wirkung zugesprochen, sondern Isaaks Rettung durch ein Tieropfer weise vorweg auf die kommende Rettung aller erstgeborenen Israeliten durch das Pessachopfer hin.
Die Tempelrolle unter den Schriftrollen vom Toten Meer bestätigt das Mindestalter von 20 Jahren für Pessachpilger und die Schlachtung durch Priester. In einem Kalenderfragment wird der Pessachtermin nach dem Sonnenjahr von 364 Tagen immer auf einen Dienstag gelegt; damit wollte man den Konflikt des beweglichen Datums mit einem Shabbat vermeiden.
Nach der Zerstörung des zweiten Tempels endete mit den Opfern auch das Schlachten von Pessachtieren. Seither wird das Pessach als reines Hausfest gefeiert.
Der Traktat Pessachim in der Mischna sammelte und erweiterte alle Pessachvorschriften, die aus der Schrift begründet waren und vor 70 geübt wurden. Demnach beaufsichtigten die Leviten die kultische Reinheit der Tempelbesucher und sangen Lobgesänge. Nicht sie, sondern gläubige Männer aus dem Volk vollzogen die Schlachtung im Tempelvorhof der Priester. Diese fingen das Blut der Pessachtiere auf und sprengten es an den Fuß, nicht die Seiten des Altars.
Das letzte Kapitel befasst sich mit dem Seder, um diese häusliche Feier als Bestandteil biblischer Tora in Kontinuität zum bisherigen Pessachritus zu legitimieren. Bis zum Eintritt der Dunkelheit solle man nichts essen, dann – wie Griechen und Römer – das Mahl liegend einnehmen. Dies sei auch für die bettlägerigen Armen unerlässlich (X,1). Die Feier solle mit dem Segensspruch des Hausvaters über den ersten Becher Wein beginnen, der dann herumgeht und von allen geleert wird (X,2). Dann wird die Vorspeise aus Kräutern und Fruchtmus, dann das Hauptmahl mit dem gebratenen Lamm aufgetragen, dazu ein zweiter Weinbecher Dazu erzählt der Hausvater die Auszugsgeschichte nach Dtn 26,5–11 EU und deutet die Mahlbestandteile: Das Lamm zeige, „dass Gott an den Häusern unserer Väter vorüberging“, die Matzen, „weil sie erlöst wurden“, die Bitterkräuter, „weil die Ägypter verbitterten“ . Jeder Festteilnehmer solle sich ansehen wie einen damaligen befreiten Israeliten und Gott deswegen mit Psalmgesang verherrlichen Diesem ersten gemeinsamen Hallel folgt ein Dankgebet, der zweite Becher wird getrunken und das Hauptmahl eingenommen. Danach folgt der dritte, nach dem zweiten Hallel der vierte Weinbecher.
Dieser bis heute gültige Ablauf des Seder wurde bis zum 10. Jahrhundert immer mehr verfeinert und in seinen Details schriftlich festgelegt.
Das Fest fällt gemäß der biblischen Einsetzung in den jüdischen Frühlingsmonat und beginnt nach dem Jüdischen Kalender mit dem Vorabend des 15. Nisan als dem Sederabend. Der 14. Nisan ist der so genannte erev pessach oder Rüsttag, an dem das Fest vorbereitet wird.
Die folgende Tabelle listet die Termine von Pessach im gregorianischen Kalender für die nächsten Jahre auf. Der Tageswechsel im jüdischen Kalender bei Sonnenuntergang unterscheidet sich vom Tageswechsel im christlichen Kalender um Mitternacht. Daher wird bei der Umrechnung der Beginn des Pessachfestes mit dem Datum des auf den Sederabend folgenden Tages im gregorianischen Kalender angegeben.
Das Pessachfest dauert sieben Tage, in der Diaspora bei orthodoxen Juden acht Tage. Während dieser Zeit darf gemäß Gottes Gebot (Ex 12,20 EU ) nichts Gesäuertes (hebräisch Chametz) verzehrt werden, noch sich im Haus befinden. Dies wurde in der rabbinischen Tradition auf alle Speisen, die in irgendeiner Weise mit Gesäuertem in Berührung kamen, ausgedehnt. Sie dürfen an Pessach weder zur Zubereitung oder Darreichung von Speisen, ja nicht einmal zur Viehfütterung genutzt werden. Als Säuerndes gilt jede der fünf Getreidearten Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, Dinkel (Spelt), die für mindestens 18 Minuten mit Wasser in Kontakt kam, sowie jede Speise und jedes Getränk, das aus einer dieser Getreidesorten hergestellt ist oder sie enthält.
Zur Festvorbereitung werden daher in der Vorwoche sämtliche gesäuerten Nahrungsmittel verzehrt, verschenkt oder verkauft und die übrigen in einem großen Hausputz entfernt. Das Haus wird bis auf den letzten Krümel gereinigt. Chametz, welches vergessen und später entdeckt wurde, darf nicht mehr genutzt werden und wird deshalb weggeworfen. Gefundenes (geschenktes oder ähnliches) Chametz darf ebenfalls verkauft werden, und am Ende des Pessachs wieder zurückgekauft werden (Der materielle Besitz muss nicht zwingend wechseln). Glasgeschirr wird drei Tage gewässert (jeweils nach 24 Stunden gewechselt). Eisernes Gerät (Töpfe, Besteck) wird abgekocht und damit vorschriftsmäßig gekaschert. In vielen Haushalten gibt es Geschirr und Besteck nur für Pessach. Alles Küchenzubehör aus anderen Materialien, wie Holz, Porzellan, Steingut, Plastik usw. wird während des Festes weggeschlossen. Zum Abschluss dieser Hausreinigung wird rituell im Licht einer Kerze jeder Winkel der Wohnung nach verbliebenem Chametz durchsucht.
Dies soll an die biblische Überlieferung erinnern, nach der die Israeliten so rasch aus Ägypten ausziehen mussten, dass zum Säuern und Gärenlassen der Brote als Reisenahrung keine Zeit mehr blieb (Ex 12,34 EU ). Während der acht Festtage wird darum nur ungesäuertes Brot (Mazza) gegessen. Die Mazzen sind dünne, nur aus Mehl und Wasser ohne Hefe hergestellte knusprige Fladenbrote. Die gesamte Herstellungszeit vom Anrühren des Teiges bis zum Backen darf 18 Minuten nicht überschreiten, damit der Teig auf keinen Fall säuert. Sie sind wesentlich größer als die Oblaten des christlichen Abendmahls (Hostien), deren religionshistorischen Hintergrund sie bilden.
Das eigentliche Pessach beginnt mit einem Abendgottesdienst in der Synagoge, dem das große Festmahl im Familienkreis folgt: der Seder („Ordnung“). Bestimmte Speisen mit symbolischer Bedeutung werden nach einem genau festgelegten Verlauf gemeinsam eingenommen. Währenddessen verliest der/die Sederleiter/in jeweils die entsprechende Bibelstelle und Erklärungen aus der Pessachliturgie (Haggada), die die Bedeutung der Speise erklärt. Nach dem Verzehr der symbolischen Speisen folgt das eigentliche Festmahl. Es werden in bestimmten Abständen insgesamt vier Becher Wein getrunken, die Gottes Verheißungen symbolisieren: Er wollte die Kinder Israels nach Ex 6,6f EU herausführen, erretten, erlösen und als eigenes Volk annehmen. Ein fünfter Becher steht seit dem Mittelalter in manchen Traditionen (nicht aber im Ritus nach den gängigen Standardausgaben der Haggada) für den Propheten Elija bereit, der erwartet wird, um das Kommen des Messias anzukündigen. Im liberalen Glauben wird ebenfalls ein Becher Wasser für Mirjam, die Schwester des Moses, bereitgestellt. Während des Seder singt die Familie vor allem Lob- und Danklieder, den Abschluss bildet traditionellerweise Chad gadja.
Pessach ist − mehr noch als viele andere jüdische Feste − ein Familienfest, mit dem die Angehörigen sich in die Ursprungstraditionen ihres Volkes stellen, diese erinnern und neu für sich bekräftigen. Jeder soll sich fühlen, als wäre er selbst aus Ägypten ausgezogen und würde seinen Kindern davon erzählen. Diese Erinnerung soll die Identität und den Zusammenhalt des Judentums, auch in aller Zerstreuung und Verfolgung, bewahren.
Bis zur Tempelzerstörung kam im Pessach dem 16. Nisan noch eine besondere Bedeutung zu. Es wurde der Omer dargebracht. Dabei handelte es sich um die erste Garbe neuen Getreides. Die Omer-Garbe wurde mit großem Aufwand geschnitten und verbunden mit einem Brandopfer dargebracht (Lev 23,12 EU ). Erst danach war der Genuss der neuen Ernte erlaubt. Für das Datum der Omer-Darbringung bestimmte Lev 23,11 EU den „Tag nach dem Sabbat“. Die Boethusäer, Sadduzäer und Karäer verstanden Sabbat als Wochentag. Sie feierten die Omer-Darbringung deshalb immer an einem Sonntag. Durchgesetzt hat sich aber die Auffassung der Pharisäer. Sie betrachteten den Sabbat im Sinne von Lev 23,11 als den ersten Tag des Pessachfestes. Deshalb fand die Omer-Darbringung dann immer am 16. Nisan statt. Gemäß Dtn 16,9f EU beginnt mit der Darbringung des Omers eine Zählung von sieben Wochen. Wegen der Zerstörung des Tempels wird nur noch die förmliche Zählung der Tage geübt, die seit talmudischer Zeit wegen der Ermordung der Schüler von Rabbi Akiba auch noch als Trauerzeit gelten. Diese wird nur durch Lag BaOmer am 33. Tag unterbrochen, der als Freudentag begangen wird. Auf den fünfzigsten Tag fällt dann das Wochenfest Schawuot.
Am letzten Festtag des Pessach wird verstorbener Familienangehöriger mit dem Jiskor-Gebet gedacht. Dabei beten die Lebenden für die Verstorbenen. Die Betenden sollen sich auf die Zerbrechlichkeit und Nichtigkeit des Menschen besinnen. Sie versprechen in einzelnen Abschnitten des Gebets, für Wohltätigkeit und Tora-Ausbildung zu spenden. Ziel des Gebets ist es, dass Gott der Seelen der verstorbenen Verwandten wohlwollend gedenken soll. Dieses Gebet wird nicht nur am letzten Pessachtag, sondern auch an Jom Kippur, Schawuot und Schmini Azeret gesprochen. Am eigentlichen Jiskor nehmen nur diejenigen teil, die einen oder beide Elternteile verloren haben, d. h. diejenigen, deren beide Eltern noch leben, verlassen während dieses Gebets die Synagoge bzw. den Betsaal und kehren anschließend zurück.
Die Kreuzigung und Auferstehung Jesu Christi in Jerusalem fielen nach dem Neuen Testament in eine Pessachwoche; nach den Synoptikern war Jesu Todestag der Hauptfesttag des Pessach, der 15. Nisan (Mk 15,6-40 EU). Nach dem Johannesevangelium dagegen starb Jesus am 14. Nisan zur selben Zeit, als die Pessachlämmer im Tempel geschlachtet wurden (Joh 19,14-24 EU). Jesu Tod steht damit im Urchristentum im Zusammenhang der Befreiungshoffnung Israels. Seine Auferstehung wird als Bekräftigung dieser Hoffnung verstanden und ihre Ausweitung auf alle Völker erwartet.
Das frühchristliche Abendmahl nimmt Elemente des jüdischen Seder-Mahls wie die häusliche Feier, Deuteworte zu den Speisen, Dankgebet, Segensbecher (Mk 14,12-25 EU) auf. Dazu gehört auch das christologische Bild des Osterlammes, das an die bis 70 n. Chr. am Tempel geschlachteten Pessachopfer erinnert. Für Paulus von Tarsus ist Christus als „unser Pas-cha“ geschlachtet worden, so dass alles Festhalten am „alten Sauerteig“ der innerchristlichen Machtkämpfe sich erübrige (1 Kor 5,7 EU)
In der Alten Kirche wurde lange um den Ostertermin gestritten. Schließlich wurde der Sonntag nach dem ersten Frühjahrsvollmond als Ostersonntag festgelegt. Damit sollte das Osterfest vom jüdischen Pessachtermin unterschieden werden.
Die traditionelle Oster-Liturgie verdeutlicht jedoch den Bezug zum jüdischen Pessachfest: In der Osternachtsfeier wird immer auch ein Text aus dem Buch Exodus zum Auszug der Israeliten vorgelesen. Der Einzug des Priesters oder Pfarrers mit der Osterkerze erinnert an die Feuersäule beim Auszug der Israeliten. Das Exsultet, das große Osterlob nach dem Einzug, schildert die Bedeutung der Paschanacht für das Christentum: Ausgehend vom Auszug aus Ägypten wird auf die Auferstehung des Christus hingewiesen, der als „das wahre Lamm geschlachtet ward, dessen Blut die Türen der Gläubigen heiligt und das Volk bewahrt vor Tod und Verderben.“ Gemäß dem Glauben der frühen Kirche wird es auch in einer Pessachnacht sein, wenn Christus in Herrlichkeit wiederkommen wird. In der lateinischen und armenischen Kirche wird bei der Eucharistie ungesäuertes Brot als Oblate verwendet. Dies führte zum sogenannten Azymastreit mit der orthodoxen Kirche, die nur Brot aus Sauerteig für zulässig hält.
Als Seder (hebr. סדר, „Ordnung“) werden die sechs Hauptabteilungen von Talmud und Mischna bezeichnet. In der Regel wird das Wort jedoch als Kurzbezeichnung für den Sederabend des jüdischen Pessach-Festes verwendet.
Der Sederabend ist der Vorabend und Auftakt von Pessach. An ihm wird im Kreis der Familie (oder der Gemeinde) des Auszugs aus Ägypten gedacht. Dies geschieht nach einer äußeren und inneren (spirituellen) Ordnung – daher die Bezeichnung „Seder“. Es werden Texte über die Gefangenschaft der Israeliten in Ägypten und deren Flucht sowohl vorgelesen als auch gesungen. Die Texte sind biblischen und rabbinischen Ursprungs. Jeder Teilnehmer hat eine Haggada vor sich, ein Buch, in dem diese Texte und die übrigen Anweisungen für den Ablauf des Seder stehen. Es werden gemeinsam Lieder mit aramäischem Text gesungen. Die Teilnehmer essen während des Abends von der Matze, dem Bitterkraut (Meerrettich, Kopfsalat oder beides) und den anderen Speisen. Zu vier feststehenden Zeitpunkten wird vom Wein getrunken, nach den vier Schritten der Erlösung aus dem 2. Buch Mose. Ein gemeinsames Abendessen ist Teil des Ablaufs; lustig für jüngere Kinder ist das Verstecken eines Matzenstückes, des Afikomans, am Sederabend. Der jüngste Teilnehmer fragt traditionell den Leiter des Seders nach der Bedeutung verschiedener Aspekte des Rituals, die dann erklärt werden. Zum Abschluss jedes Seders wird Chad gadja gesungen.
Am Sederabend wird der Tisch mit Speisen von symbolischer Bedeutung gedeckt.
Der Ablauf des Sederabends ist nicht einheitlich geregelt und wird in Einzelheiten variiert. Hier ein möglicher Ablauf in 14 Schritten:
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