Schabbat

Für Abkürzungen siehe: Abkürzungen und Begriffserklärungen  

 

 

Der Schabbat, auch Shabbat (hebräisch: שבת ʃaˈbat, Plural: Schabbatot; aschkenasische Aussprache: ʃaˈbos, jiddisch: Schabbes, deutsch: ‚Ruhetag‘, ‚Ruhepause‘, von hebräisch schabat: ‚aufhören‘, ‚ruhen‘), ist im Judentum der siebte Wochentag, ein Ruhetag, an dem keine Arbeit verrichtet werden soll. Seine Einhaltung ist eines der Zehn Gebote (Ex 20,8 EU; Dtn 5,12 EU). Er beginnt wie alle Tage im jüdischen Kalender gemäß Gen 1,5 EU am Abend und dauert von Sonnenuntergang am Freitag bis zum Eintritt der Dunkelheit am folgenden Samstag. Er trägt schon im Tanach einen eigenen Namen, während die übrigen Wochentage im Hebräischen bis heute mit ihren Ordinalzahlen benannt werden.

 

Die traditionelle jüdische Schabbatfeier beginnt am Freitagabend zu Hause mit dem Schabbatsegen (Kiddusch) und einem Festmahl. Der Abend beginnt, wenn man einen grauen Wollfaden nicht mehr von einem blauen unterscheiden kann. Am Samstagmorgen findet in der Synagoge die festliche Tora-Prozession statt, gefolgt von Schriftlesungen und Gebeten. Daheim folgen mittags weitere Schriftlesungen und das Mincha-Gebet, abends beim Schein der Hawdala-Kerze nochmals ein Weinsegen und der gegenseitige Wunsch für eine „Gute Woche“. Die Schabbatot werden nach den Textabschnitten aus der Tora (Paraschot) bezeichnet, die wöchentlich in der Synagoge verlesen werden.

 

Orthodoxe Juden verrichten am Schabbat keine Tätigkeiten, die gemäß der Halacha als Arbeit definiert sind. Konservative Juden befolgen einige halachische Schabbatgebote weniger streng. Reformierte, liberale und progressive Juden beachten hauptsächlich ethische Gebote und überlassen die Befolgung ritueller Vorschriften der individuellen Verantwortung. Die Rekonstruktionisten tun das auch, legen aber größeren Wert auf die Traditionen.

 

Im Christentum entstand die Feier des Sonntags aus dem jüdischen Schabbat. Dabei wurde der wöchentliche Ruhetag auf den „ersten Tag der Woche“ gelegt, an dem laut Mk 16,2 EU die Auferstehung Jesu Christi geschah. Das aus dem Abendmahl Jesu hervorgegangene Brotbrechen in der Jerusalemer Urgemeinde (Apg 2,42 EU) war an das jüdische Schabbat- und Sedermahl angelehnt. Die Urchristen hielten die Schabbatruhe neben ihrer Sonntagsfeier ein, ebenso viele spätere Judenchristen und manche Heidenchristen (bis etwa 400). Einige christliche Glaubensgemeinschaften halten den Schabbat bis heute. Im Islam lehnt sich das Freitagsgebet an die Schabbatfeier an.

 

 

Begriff und Herkunft

 

Die hebräischen Substantive šabbat und šabbaton (š wird sch ausgesprochen) werden vom Verb šbt für ‚aufhören‘, ‚nachlassen‘, ‚beenden‘ abgeleitet. In Verbindung mit Objekten nimmt es die Bedeutung ‚(mit etwas) aufhören‘ = ‚(von etwas) ruhen‘ sowie ‚feiern‘ an. Kausativ kann es auch ‚aufhören lassen‘ bedeuten. Das artikellose Nomen šabbat ist weiblich, steht ursprünglich für eine festgelegte Ruhezeit und kann auch auf jüdische Jahresfeste bezogen sein. Es ist außerbiblisch erstmals auf einem Ostrakon von 630 v. Chr. belegt: Dort zählt ein Erntearbeiter die Arbeiten auf, die er „vor der Ruhezeit“ erledigt habe. Verbunden mit hajom (der Tag) bezeichnet šabbat im Tanach regulär den siebenten Wochentag und wurde allmählich zu dessen Eigennamen, sichtbar etwa im Vergleich der Parallelstellen Lev 24,8 und 1Chr 9,32. Das Nomen (šabbat) šabbaton bezeichnet immer den mit einem strengen Arbeitsverbot belegten regulären Ruhetag.

 

Die Wortwurzel ist mit den akkadischen Wörtern sibbitim für ‚(der, die) siebte‘ oder ša(b)pattu für den Vollmondstag verwandt, der in Mesopotamien eventuell kultisch gefeiert wurde. Einige vorexilische Bibelstellen reihen Schabbattage in einer Feiertagsliste hinter Neumondtagen auf, so dass man früher vermutete, auch hier sei wie in sumerisch-babylonischen Texten ursprünglich der einem Neumond nach 14 bis 15 Tagen folgende Vollmondtag gemeint gewesen. Die These setzte sich nicht durch, da keine exakten außerbiblischen Parallelen für solche Listen bekannt sind, Schabbat- und Neumondtag in exilisch-nachexilischen Belegstellen wechselnd aufeinander folgen und der Schabbat dort immer den siebten Wochentag meint. Alle Festkalender der Tora setzen den wöchentlichen, von Mond- und Sonnenzyklen unabhängig regelmäßig gefeierten Schabbat schon voraus und berücksichtigen ihn, indem sie etwa zu vermeiden versuchten, dass Jahresfeste auf ihn fielen. Auch galten Vollmondzeiten im Alten Orient als unheilvoll, und der siebte, 14., 21. und 28. Monatstag galten als Unglückstage, an denen Königen, Priestern und Ärzten das Arbeiten verboten war. Dagegen sollte der Schabbat das Erholen von Mensch und Tier ermöglichen und auf eine heilvolle Schöpfungsabsicht Gottes hinweisen. In alten Torageboten wird der wöchentliche Ruhetag nicht Schabbat genannt: Daher wird vermutet, dass die Israeliten diesen erst im Babylonischen Exil (586–539 v. Chr.) so bezeichneten, um ihn vom Monatsfeiertag der Babylonier zu unterscheiden.

 

Zwar kannten auch andere antike Gesellschaften einzelne, meist vom König festgesetzte oder als Ausnahme gewährte Ruhetage. Doch das göttliche Gebot eines Wochentages, der Arbeitsruhe und Gottesdienst für alle Mitglieder eines Haushalts gleichermaßen beinhaltet, hat keine religionshistorischen Parallelen. Der Schabbat kennzeichnet somit die jüdische Religion. Die wohl ältesten schriftlichen Belege stammen aus dem 8. Jahrhundert v. Chr. und verweisen auf eine in der Geschichte Israels eventuell schon seit der vorstaatlichen Nomadenzeit (1500–1200 v. Chr.) bestehende Ruhetagspraxis. Deren Herkunft ist ungeklärt.

 

 

Tanach

 

Erzählende Schabbattexte der Tora

 

Die erste Schöpfungsgeschichte (Gen 1,1-2,4a) zielt auf Gottes Ruhe nach seinem Sechstagewerk (Gen 2,2f. EU):

 

„Am siebten Tag vollendete Gott das Werk, das er geschaffen hatte, und er ruhte am siebten Tag, nachdem er sein ganzes Werk vollbracht hatte. Und Gott segnete den siebten Tag und erklärte ihn für heilig; denn an ihm ruhte Gott, nachdem er das ganze Werk der Schöpfung vollendet hatte.“

 

Dieser ungenannte Tag ist mit keinem Gebot verknüpft, aber die Verben šbt (ruhen), brk pi. (segnen), qdš pi. (heiligen) und das Substantiv mela'kah (Arbeit) werden als Anspielungen auf das Schabbatgebot Ex 20,9–11 EU verstanden. Daraus schließt man, dass beide Texte von denselben Autoren stammen und es den Schabbat bei ihrer Abfassung schon gab. Oft werden sie einer hypothetischen, im Babylonischen Exil entstandenen Priesterschrift zugewiesen. Die Urgeschichte insgesamt (Gen 1-11) gehört zu den jüngsten Teilen des Pentateuch, die den Vätererzählungen erst bei seiner Endredaktion vorangestellt worden sei.

 

Nach Ex 16,16–30 EU gab Gott den Israeliten nach ihrem Auszug aus Ägypten während ihrer vierzigjährigen Wüstenwanderung jede Woche sechs Tage lang die wunderbare Nahrung Manna zur Speise. Diese habe sich nicht aufbewahren lassen, sei aber an jedem sechsten Tag in doppelter und haltbarer Menge, an jedem siebten Tag nicht auffindbar gewesen, so dass an ihm keine Nahrung gesammelt werden konnte und musste. Dieser Tag wird hier erstmals in der Tora „Feiertag, heiliger Schabbat zur Ehre des Herrn“ genannt (v.23).

 

Martin Noth sah in Ex 16,19f EU die älteste Textschicht, die er dem Jahwisten zuordnete, und den ältesten biblischen Beleg für den Rhythmus der Woche im Wechsel von sechs Werktagen und einem siebten Ruhetag. Dieser werde am Vortag vorbereitet, als arbeitsfreie Feier, nicht mit Fasten begangen und als Geschenk Gottes in seinem Rettungshandeln für das erwählte Volk begründet. Das Verbot des Nahrungsammelns und Gebot allgemeiner Ruhe (v.28f.) gilt als späterer deuteronomischer Zusatz, der den Text auf Ex 15,25f beziehen sollte.

 

Traditionelle jüdische Exegese verbindet die Schabbatpraxis der Israeliten nach Ex 16 EU mit Gottes Schöpferwillen: Gott habe den Menschen aus dem Paradies vertrieben und ihm auferlegt, seinen Lebensunterhalt mit Mühe und Schweiß zu erarbeiten (Gen 3,17ff.). Davon habe er nur die Israeliten in der Wüstenzeit ausgenommen und für sie vierzig Jahre lang wie für Adam und Eva gesorgt, um exemplarisch die ursprüngliche Schöpfungsordnung zu erneuern, bis Israel sein gelobtes Land gefunden habe. Unter dieser Prämisse werden auch die folgenden, am Berg Sinai offenbarten Schabbatgebote verstanden: Der regelmäßige naturunabhängige Schabbat preise Gottes Herrschaft über die Zeit und die Natur. Indem der Israelit mit seiner Ruhe Gottes Ruhe nachahme, erkenne er Gottes Schöpfermacht an und lasse sie über seine Lebenszeit herrschen.

 

 

Schabbatgebote

 

Die Tora enthält verschiedene Gebote zum Schabbat, die eine wahrscheinlich schon bestehende Ruhetagspraxis der Israeliten als Gottes Willen autorisierten. Als älteste Gebotsversionen gelten an einen Siebentages- oder Siebenjahres-Rhythmus gekoppelte soziale Bestimmungen im Bundesbuch: Nach Ex 21,2–6 EU sollen hebräische Sklaven jedes siebte Jahr zwischen Freiheit und Verbleib in der bisherigen Sklavenbesitzerfamilie wählen dürfen. Nach Ex 23,11f. EU soll die Ernte in jedem siebten Jahr den Armen und Wildtieren überlassen werden. Der Schabbat soll gehalten werden, „damit dein Rind und dein Esel ausruhen und der Sohn deiner Sklavin und der Fremde zu Atem kommen“. Ex 34,21 EU verlangt die Einhaltung des Ruhetags gerade auch während der arbeitsintensiven Erntezeit im Kulturland. Dieser noch nicht Schabbat genannte Ruhetag kann aus dem bäuerlichen Mazzenfest nach der Sesshaftwerdung oder schon in der Nomadenzeit entstanden sein.

 

Lev 25 EU und Dtn 15,1ff. EU führen das Gebot des Schabbatjahrs aus: Jedes siebte Jahr des jüdischen Kalenders sollte eine Zeit der Brache für die Felder sein. Verschuldeten Freibauern sollten bestimmte Schulden erlassen und ihr in der Not verkauftes Erbteil zurückgegeben werden. Den Armen und den Tieren sollten die dennoch wachsenden Feldfrüchte überlassen bleiben; auch Ausländer seien milde zu behandeln. Nach sieben mal sieben Jahren soll ein Jubeljahr folgen (v. 8–34). Diese Schutzrechte für Sklaven, Fremde, Tiere, Böden und Pflanzen verankerten den lebenserhaltenden Wechsel von Arbeit und Ruhe als göttliche Rechtsordnung, um ausbeutende Gewaltverhältnisse einzudämmen.

 

Von allen jüdischen Festen und Riten wurde nur der Schabbat in die Zehn Gebote aufgenommen. Das Gebot (Ex 20,8–11 EU), ihn zu „heiligen“, folgt dem Gebot, den Gottesnamen JHWH zu heiligen, und verlangt somit eine kultische Begehung: Denn der Schabbat gehöre dem Gott Israels und sei sein Gebot. Er selbst habe sich am siebten Schöpfungstag ausgeruht, den Schabbat gesegnet und für heilig erklärt. So wird dieser Tag zum besonderen Bundeszeichen und Bekenntnisakt des erwählten Volkes im Unterschied zu anderen Völkern mit anderen Göttern. Das Arbeitsverbot ist allgemein formuliert, aber im Kontext auf Tätigkeiten zum Nahrungserwerb bezogen. Es ist dem Gebot, an den übrigen sechs Tagen zu arbeiten, vorgeordnet. So erscheint der Ruhetag als Ziel und Grund jeder Arbeitswoche. Er wird allen Mitgliedern eines jüdischen „Hauses“ geboten: Familienangehörigen, Knechten, Mägden, Haustieren und fremden, auf eigenem Grund wohnenden Lohnarbeitern. Hier ergänzt die deuteronomische Version Dtn 5,12–15 EU Ochse und Esel, Sklaven und Sklavinnen, und betont so den sozialen und tierschützenden Aspekt. Die Frau wird nicht genannt, da sie nicht zu den abhängigen Arbeitern gehört. Die schöpfungstheologische Begründung fehlt, stattdessen wird das Gebot hier mit Israels Erinnerung an die Sklaverei in Ägypten begründet, aus der Gottes mächtige Hand sein Volk herausgeführt habe.

 

Meist in die späte Königszeit (700–586 v. Chr.) datierte Fassungen betonen den kultischen Aspekt: Lev 23,3 EU gebietet Juden, gleich wo sie sich aufhalten, einen Gottesdienst am Ruhetag. Lev 26,2 EU verlangt das Halten des Feiertags in Verbindung mit Achtung vor dem damaligen Heiligtum, dem Jerusalemer Tempel. Ex 31,12–17 EU betont im Kontext der Abschlussrede Gottes an Mose auf dem Berg Sinai die unbedingte Geltung des Schabbatgebots für alle Israeliten:

 

„Haltet nur ja meine Schabbate! Denn das ist ein Zeichen zwischen mir und euch für alle eure [künftigen] Geschlechter, damit ihr erkennt, daß ich der Herr bin, der euch heiligt.“

 

Er mache den „ewigen Bund“ zwischen Gott und Israel sichtbar und dient somit nicht nur „zur Ehre des Herrn“ (Ex 35,2), sondern auch zur Unterscheidung des erwählten Gottesvolks von anderen Völkern. Darum solle jeder Israelit, der am Schabbat arbeitet, die Todesstrafe empfangen: Denn er gefährdet damit nach biblischem Verständnis die Einzigkeit und Bestimmung dieses Volkes, von der sein Überleben abhängt. Num 15,32 EU veranschaulicht dies erzählerisch: Dort befiehlt Gott dem Moses, einen Mann, der am Schabbat Holz gesammelt hatte, zu steinigen; dies befolgen die Israeliten. Diese Todesstrafengebote für Schabbatbruch werden meist in die Zeit des Babylonischen Exils (586–539 v. Chr.) datiert: Damals besaßen exilierte Juden kein autonomes Recht, so dass sie eine Todesstrafe kaum hätten ausführen können. Diese Torastellen sollten wohl eher die identitätsgefährdende Nichtbefolgung in nichtjüdischer Umgebung tabuisieren.

 

 

Prophetie

 

Die ersten Schriftpropheten des 8. Jahrhunderts v. Chr. setzten bereits einen wöchentlichen Ruhe-, Feier- und Gottesdiensttag im Nordreich Israel und Südreich Juda als bekannt voraus. An ihm sollten laut Am 8,5 EU keine Handelsaktivitäten stattfinden, so dass er Gewinnstreben und Ausbeutung begrenzen sollte. Hos 2,13 EU bezog ihn in das angekündigte Gericht über alle jüdischen Feste ein; Jes 1,13 EU kritisierte seinen Missbrauch als bloßes Ritual.

 

Jeremia mahnte die Israeliten im 6. Jahrhundert v. Chr., den Schabbat wie den Dekalog insgesamt als unlöslichen Bestandteil des besonderen Bundes JHWHs mit ihren Vorvätern einzuhalten und kommerzielle Aktivitäten dabei einzustellen: Dies sei die Bedingung für das Überleben Jerusalems und Judas (Jer 17,9ff. EU). Andernfalls drohe deren Untergang (Jer 7,8ff. EU).

 

Der Exilsprophet Ezechiel erwähnte den Schabbat besonders oft. Dieser Tag gehöre Gott und sei sein Bundeszeichen. Seine Entweihung sei einer von den schwerwiegenden Brüchen der Tora und nachträgliches Zeichen für den grundlegenden Bundesbruch des Gottesvolks, der die Exilierung verursacht habe. Dies wird als Abgrenzung von Versuchen früherer Könige Judas seit Manasse gedeutet, das Schabbatgebot abzuschwächen, um sich kultisch und politisch an die Assyrer und Babylonier zu assimilieren.

 

Tritojesaja betonte nach dem Exil, dass der Schabbat Gott gehöre. Seine Einhaltung durch Juden erfülle den Israelbund, aber auch Nichtjuden könnten dadurch Gottes Segen erlangen (Jes 56,1–8 EU). Der Schabbat sei keine schwere Pflicht, sondern zur umfassenden Freude und zum Genuss der Freiheit von Alltagstätigkeiten gegeben; seine Befolger würden das Erbe Jakobs (die Heilsprivilegien Israels, Gen 12,1–3) empfangen (Jes 58,13f. EU). In der neuen Schöpfung werde schließlich alles sterbliche Leben Gott „von Schabbat zu Schabbat“ dienen (Jes 66,23 EU).

 

 

Sonstige

 

Nach der Rückkehr aus dem Exil und dem Wiederaufbau des Jerusalemer Tempels erinnerte Nehemia die Juden an das Schabbatgebot (Neh 9,14 EU) und erließ besondere Maßnahmen, um Produktion, Transporte und Handel am Schabbat zu unterbinden (10,32 EU; 13,15-22 EU). Der im Exil als Unterscheidungsmerkmal etablierte Schabbat musste also offenbar neu verbindlich gemacht werden.

 

In keiner Weisheitsschrift unter den Ketubim wird der Schabbat erwähnt; in den Psalmen kommt er nur in einer sekundären Überschrift zu Ps 92 EU vor.

 

 

Außerbiblische Schabbatregeln

 

Das kultisch unbedingt und hinsichtlich des Arbeitsverbots unbestimmt formulierte Schabbatgebot wurde in nachexilischen Schriften detailliert ausgestaltet. Diese außerbiblischen Schabbatbestimmungen werden seit Jahrtausenden intensiv diskutiert und weiterentwickelt. Sie bilden somit bis heute einen wesentlichen Teil innerjüdischer Streitkultur.

 

 

Jubiläenbuch

 

Das Jubiläenbuch (um 150 v. Chr.) setzt den regelmäßigen WochenSchabbat im ganzen Jahr als Teil des jüdischen Kalenders voraus. Jub 2,17–33 beschreibt ihn als besonders heiligen, aber nur von Israeliten, keinen Nichtjuden, zu befolgenden Feiertag. Die Todesstrafe für Schabbatbruch solle unbedingt beibehalten werden; jedoch bleibt offen, wer sie wie ausführen sollte. Eine Liste von detaillierten Schabbatregeln in Jub 50,6–13 ähnelt den Regeln der Damaskusschrift und nimmt spätere Schabbatregeln (Halachot) der Sadduzäer und der Mischna vorweg. Verboten werden Land- und Seereisen, Pflügen eigener oder fremder Felder, Feueranzünden, Reiten, Schlachten und Töten irgendeines Lebewesens, Fasten, Krieg führen. Für alle diese Vergehen wird Gottes tötende Rache erbeten, so dass die zuvor verlangte Todesstrafe nicht von Menschen umgesetzt worden sein muss.

 

 

Schriftrollen vom Toten Meer

 

 Unter den Schriftrollen vom Toten Meer beschreiben die fragmentarischen Schabbatlieder (4QShirShabb) die Priesterschaft der Engel, die im Himmel die ersten dreizehn Schabbate im Jahr feiern. Dem entsprach offenbar eine damalige Schabbatliturgie. Die Damaskusschrift (um 100 v. Chr.) verlangt strenge Befolgung des Schabbatgebots (VI,18) und überliefert detaillierte Diskussionsergebnisse über dessen Deutung (X–XII). Der Eruv („Schabbatgrenze“), also der Bereich um ein Haus, in dem lebensnotwendige Gegenstände umher getragen werden durften, wurde von 2000 auf 1000 Ellen verkürzt. Am Schabbat verboten wurden Essenszubereitung, Trinken außer Haus (CD X,21–23), Wassertransport in Gefäßen, freiwilliges Fasten, Aufheben von Steinen oder Staubwischen zuhause, Hilfe bei Tiergeburten, Rettung in Brunnen gestürzter Tiere und Menschen (XI,13–17) sowie Sexualverkehr im Heiligtum. Abgelehnt wurde auch, den Weg zum Tragen von Gegenständen von Haus zu Haus als gemeinsamen Innenhof zu deuten und so zu erlauben (CD X, 4). Die Todesstrafe für Schabbatbruch wurde nicht verlangt (XII, 3f.).

 

 

Talmud

 

Der Talmud sammelt die rabbinischen Bestimmungen zur Schabbatgestaltung vor allem in den Mischnatraktaten Schabbat sowie Beza und Eruvin. Sie legen fest, welche Arten von Tätigkeiten und davon abgeleitete Einzeltätigkeiten als am Schabbat unzulässige Arbeit (melachah) anzusehen sind. Dabei war den Rabbinen bewusst, dass ihre Auslegungen zum Teil weit über die Schabbatgebote der Tora hinausgingen (mHag 1,8): Die Gesetze des Schabbats seien „wie Berge, die an einem Haar hängen: Sie haben wenig Schrift, aber viele Vorschriften.“ Grundsätzlich unterstehen alle rabbinischen Vorschriften dem Gebot Lev 18,5 EU: Der Mensch, der sie ausführt, wird durch sie leben.

 

Schabbat VII,2 verbietet 39 Melachot („Väter“) von Arbeiten. Diese leitet er aus den zum Bau der „Stiftshütte“ (Ex 35–39 EU) erforderlichen, dort erwähnten Tätigkeiten und Produkten ab, in deren Kontext die Schabbatgebote Ex 31,12–17 und 35,1-3 stehen. Sie betreffen elementare Bedürfnisse wie Nahrung, Kleidung, Wohnung, Energieerzeugung und Schreiben. Dazu listet er alle Teilschritte einer Produktherstellung auf, etwa 11 zum Brot (Säen, Pflügen, Ernten, Garbenbinden, Dreschen, Worfeln, Verlesen, Mahlen, Sieben, Kneten und Backen); 13 zum Tuch, darunter Scheren, Reinigen, Färben, Nähen, Zerreißen; neun zum Pergament, darunter Jagen, Hautabziehen, Gerben, Beschreiben, Ausradieren; zwei zum Auf- und Abbauen der Hütte; das Anzünden und Auslöschen eines Lichts oder Feuers (mit Bezug auf Ex 16,23; 35,3); das Hämmern sowie das öffentliche Umhertragen von Privatbesitz. Von diesen 39 Hauptkategorien leitet er „Nachkommen“ von Verboten ab, die ähnliche oder zweckverwandte Arbeiten betreffen: darunter das Knüpfen und Lösen von Knoten, lange Wanderungen und Reisen sowie alle Erwerbsarbeiten, Kaufgeschäfte und mit Geldverdienen befasste Arbeiten einschließlich der bloßen Berührung von Geld.

 

Weitere Abschnitte präzisieren die generellen Verbote, indem sie Einzelfälle und mögliche Ausnahmen erörtern. Zum Lebensschutz nötiges Handeln wurde unter bestimmten, genau festgelegten Bedingungen gestattet; dabei blieb oft umstritten, was dazu nötig sei. Bei Lebensgefahr für einen selbst erlaubten viele Rabbinen die Flucht (Tanh 245a), das Auslöschen eines Feuers (Schab XVI,1–7), manche auch Selbstverteidigung bis hin zum Töten des Feindes (mit Bezug auf 1 Makk 2,29-41). Viele Rabbinen erlaubten Nothilfe für Tiere am Schabbat (bSchab 128b), weil der Tierschutz dem Schabbatgebot in der Tora übergeordnet sei. Essen, Trinken und elementare Körperpflege am Schabbat waren erlaubt, nicht aber medizinische Behandlungen, außer zur Rettung von Leben (Mekh zu Ex 31,13). Kleinere medizinische Maßnahmen wurden als erlaubtes Essen und Trinken eingeordnet (Schab XIV,3f).

 

Einige Rabbinen gestatteten medizinische Behandlung auch dann, wenn die Lebensgefahr des Betroffenen unsicher war, nach dem Prinzip (Joma VIII,6): jeder Zweifel der Lebensgefahr verdrängt den Schabbat. Dieses Prinzip begründeten Rabbi Simeon ben Menasja und Rabbi Jonathan ben Joseph um 180 mit Bezug auf Ex 31,13f. EU wie folgt (Joma 85b):

 

„Siehe, der Schabbat ist euch übergeben, nicht ihr seid dem Schabbat übergeben.“

 

Das Passivum divinum „übergeben“ meint Gottes Aktivität. Rabba bar Chana und Rabbi Eleazar begründeten das Prinzip mit biblischen Analogien: Für eine eventuell lebensrettende Zeugenaussage dürfe man Zeugen sogar vom Opfern am Altar wegholen, also den toragemäßen Opfervollzug unterbrechen. Eine Beschneidung sei laut Tora auch am Schabbat geboten; da diese nur ein Körperglied betreffe, sei die Rettung des ganzen Körpers am Schabbat umso mehr erlaubt. Zum Schluss dieser Erörterung verwies Rab Jehuda im Namen Rab Schemuels auf Lev 18,5: Die Gebote seien zum Leben gegeben. Keine Vorschrift, die die Tora auslege, dürfe sich lebensfeindlich auswirken. Dies bezeichnete Raba als unwiderlegbares Argument.

 

Die Schabbatgrenze für erlaubte Transporte wurde auf den gemeinsamen Innenhof ausgedehnt. Umstritten war, ob man vor dem Schabbat Arbeiten beginnen dürfe, die sich am Schabbat von selbst fortsetzten, etwa das Färben. Schüler von Rabbi Hillel bejahten, Schüler von Schammai verneinten dies (Schab I, 4f). Bei dieser Meinungsvielfalt blieb es jahrhundertelang, ohne dass eine Richtung Alleingeltung ihrer Auslegung beanspruchte und erlangte. In Zweifelsfällen sollte man allerdings lieber die Schabbatruhe einhalten als sie zu brechen (Tanh 38b).

 

Schab IV,1,1-3 behandelt die Frage, wie gekochtes Essen und heiße Getränke trotz des Verbots, Feuer zu machen oder zu kochen, warm gehalten werden können. Als erlaubte Warmhaltemittel wurden Gewänder, Früchte, Taubenfedern, Hobelspäne, feine oder grobe Flachsschäbe, Felle und Wollflocken aufgezählt. Für Transporte von Lebensmitteln wurden erlaubte und unerlaubte Warmhaltemittel unterschieden. Material, das bei Feuchtwerden faulen oder gären konnte, wurde verboten; bei erlaubtem Material wurde zu seinem Gebrauch angeleitet, um das Essen nicht zu verunreinigen.

 

Viele der im gleichnamigen Traktat gesammelten Ausnahmeklauseln hießen „Mischungen“ (eruvim), weil sie Tätigkeiten einer Kategorie mit denen einer anderen mischten, um das ursprüngliche strenge Verbot unter einem anderen Aspekt aufzuheben. Wegen dieser erkennbaren Absicht lehnten die Sadduzäer und später die Karäer solche Sonderregeln komplett ab.

 

Konsens bestand unter Rabbinern darin, dass der Schabbat nur für die Juden geschaffen und geboten worden sei, also unmittelbar jüdische Identität ausdrücke. Einem Rabbiner zufolge verdienten Nichtjuden, die den Schabbat einhielten, daher den Tod (um 250).

 

Der Talmud verbindet den Schabbat im Anschluss an prophetische Aussagen eng mit der Erwartung des Messias (Midrasch Exodus Rabba 25,12):

 

„Wenn Israel nur ein einziges Mal den Schabbat wirklich halten würde, würde der Messias kommen, denn das Halten des Schabbat kommt dem Halten aller Gebote gleich.“

 

Rabbi Schimon ben Jochai lehrte (Schab 118b):

 

„Würden die Israeliten zwei Schabbate nach Vorschrift halten, so würden sie sofort erlöst werden.“ Die praktische, erfahrbare und transformierende Vorwegnahme dieser messianischen Heilszeit, in der die Schöpfung zum Ziel kommt, drückt der Talmud mit der Gabe einer doppelten Seele aus (b Bava Mezia 16a):

 

„Am Vorabend des Schabbats gibt der Heilige, gesegnet sei er, dem Menschen eine zusätzliche Seele, und am Ende des Schabbats nimmt er sie ihm wieder.“

 

 

Historische Entwicklungen

 

 

Antike

 

Der assyrische König Sanherib beschrieb in einem um 701 v. Chr. verfassten Brief seine Eroberung von Lachisch an der „siebten (Zeit)“ des damaligen Königs von Juda Hiskija. Vermutet wird, dass der Ruhetag der Juden gemeint war und dieser den Assyrern den Sieg ermöglichte. Auch die erste babylonische Eroberung Jerusalems 597 v. Chr., der erste Angriff Nebukadnezars auf die Tempelstadt 588 v. Chr. und ihr Fall in der Amtszeit Zedekiahs (Jer 52,5–8 EU) wird im Abgleich biblischer Datumsangaben mit babylonischen Chroniken auf einen Schabbat datiert. Demnach benutzten die Großkönige der Assyrer und Babylonier diesen ihnen bekannten spezifisch jüdischen Ruhetag, um die rebellischen Juden leichter niederzuwerfen. Auch die Ptolemäer und später die Seleukiden griffen die Juden öfter an einem Schabbat an, weil diese an diesem Tag aus Toratreue keinen militärischen Widerstand übten.

 

Nach den um 170–100 v. Chr. entstandenen Büchern der Makkabäer wurden Juden wegen der strikt eingehaltenen Schabbatruhe vom Heer des Antiochos IV. massakriert (1 Makk 2,29–38). Daraufhin hätten der Makkabäer Mattatias und seine Anhänger beschlossen, am Schabbat zu kämpfen, falls sie angegriffen würden, um nicht völlig vernichtet zu werden (1 Makk 2,39ff.; 2 Makk 5,25f.). Mit dieser Ausnahmeregel (takhana) wurde die seit dem Jubiläenbuch bestehende Verordnung (halacha) nicht aufgehoben, sondern für akute Erfordernisse abgeändert.

 

Der Beschluss blieb umstritten und wurde nicht immer eingehalten. Pompeius konnte Jerusalem 63 v. Chr. dem römischen Historiker Dio Cassius zufolge an einem Schabbat erobern; Sosius dagegen habe Jerusalem nach dem Ende der Amtszeit von Pontius Pilatus 37 n. Chr. nur gegen starken jüdischen Widerstand auch am Schabbat wieder dem römischen Prokurat unterstellen können. Der römerfreundliche jüdische Historiker Flavius Josephus beschrieb um 100 n. Chr. das Dilemma gläubiger Juden als Rede des Agrippa bei der Belagerung Jerusalems im Jahr 66: Wer das Schabbatgebot im Krieg einhalte, werde wie die Vorväter leicht besiegt werden. Wer es breche, verteidige nicht mehr das Judentum und seine Identität und könne den Krieg dann gleich sein lassen. Denn wie wolle man den Gott noch um Hilfe anrufen, dessen Gebote man missachte? Später hätten aufständische Juden ihrerseits auch an einem Schabbat die Römer angegriffen, die wegen des jüdischen Ruhetags nicht damit gerechnet hätten. Briefen des Simon Bar Kochba um 135 zufolge hielten auch aufständische Juden zumindest das Reise- und Handelsverbot am Schabbat ein.

 

In der jüdischen Diaspora wurde der Schabbat seit etwa 500 v. Chr. als Arbeits- und Handelsruhe und Gottesdiensttag ebenso eingehalten wie in Palästina, so dass er allgemein als Besonderheit des Judentums bekannt war und zunehmend auch von Nichtjuden geachtet wurde. Die Behörden des Römischen Reiches schützten die jüdischen Minderheiten vor Übergriffen griechischer Städte auf ihre Schabbatbräuche, befreiten Juden vom Militärdienst, von Gerichtsterminen am Schabbat und Rüsttag zum Schabbat und bewahrten am Schabbat verteiltes Getreide für jüdische Berechtigte auf, um es ihnen am Folgetag zu übergeben. Nach dem niedergeschlagenen jüdischen Aufstand von 135 verbot Kaiser Hadrian jedoch große Teile der jüdischen Religionsausübung, darunter den Schabbat.

 

Vom Hellenismus geprägte Ägypter, Griechen und Römer, darunter Apion und Manetho, sahen den Schabbat als Kuriosität und Zeichen von Schwäche, Aberglauben und Faulheit der Juden an. Das Kriegführungsverbot am Schabbat galt etwa Agatarchides von Knidos als Dummheit und Absurdität. Tacitus hielt jüdische Bräuche für „unheimlich und schändlich“. Er glaubte, Juden würden wegen einer Neigung zum Müßiggang jedes siebte Jahr nicht arbeiten und am Schabbat den Astralgott Saturnus anbeten, den er als Symbol negativen Machtstrebens verstand (Annales V, 4,3-4). Seneca empörte sich über den Einfluss jüdischer Schabbatobservanz auf Nichtjuden: „Die Besiegten haben den Siegern Gesetze gegeben.“ Er beschrieb jüdische Schabbatbefolgung als Verlust eines Siebtels der Lebenszeit, die man besser dringenden Geschäften hätte widmen sollen. Aulus Persius Flaccus spottete, die Juden würden am Schabbat hinter verschmierten Fenstern bei qualmenden Lampen Weingelage feiern. Plutarch zufolge geschah Jerusalems Eroberung an einem Schabbat (70) aufgrund der „niedrigen Gewohnheiten“ der Juden, die sich „in ihrem Aberglauben verfingen wie in einem Netz“. Rutilius Claudius Namatianus fasste diese verbreitete Verachtung um 400 in einem Gedicht zusammen:

 

„Gebührende Schmähung ward von uns dem verruchten Geschlechte,

 Das mit der Torheit im Bunde seine traurigen Schabbate feiert. […]

 Zur entehrenden Ruh verdammt den siebenten Tag es,

 Gleichsam ein weibisches Bild von dem ermüdeten Gott.

 Oh dass Rom sich nie unterworfen hätte Judäa,

 da das bezwungene Volk seine Besieger besiegt.“

 

 

Mittelalter und Frühe Neuzeit

 

Im Mittelalter entwickelten Juden die Schabbatbräuche (minhagim) auf der Basis der überlieferten Tora- und Talmudbestimmungen fort. Im 13. Jahrhundert entstanden drei Schabbatmähler, später ein viertes. Der Zohar (um 1280) begründete sie damit, dass der Schabbat ein Gottesname sei und so vollkommene universale Freude bedeute: Er nähre alle Juden als Sprösslinge der drei Urväter und bewahre alle Lebewesen im Kosmos vor Gottes Strafgericht. Im 16. Jahrhundert schufen Vertreter der Kabbala in Safed eine festgelegte Schabbatliturgie für die Hausfeier mit dem Kiddusch zu Beginn und der Hawdala am Schluss. Während die Karäer auch vor Schabbatbeginn entzündetes Licht verboten, erlaubten sie das Entzünden von zwei Lichtern als Symbol für die am Schabbat verdoppelte Seele, die die Wahrnehmung der Schöpfung und ihres künftigen Heils ermögliche. Isaak Luria (1534–1572) ergänzte das rituelle Begrüßen und Einholen der „Braut“ (Kabbalat Schabbat) mit Psalmgesang und Semiroth. Schlomo Alkabez (1505–1584) komponierte und dichtete dazu das in allen jüdischen Richtungen bis heute übliche Schabbatlied Lecha Dodi: „Auf, mein Freund, der Braut entgegen, Königin Schabbat wollen wir empfangen“. Die nun übliche Lesung von Spr 31,10-31 EU bei der ersten Schabbatmahlzeit verstand Jesaja Horovitz 1623 als Einladung für die Schechina (Einwohnung) Gottes. Im mitteleuropäischen Sommer wurden Beginn und Ende des Schabbat lokal unterschiedlich unabhängig vom Sonnenuntergang zeitlich festgelegt. Jüdische Philosophen erklärten den Schabbat zum Gottesbeweis und ergänzten seinen Ruhecharakter durch das obligatorische Torastudium.

 

An Responsensammlungen zeigen sich damalige Schabbatprobleme: So wehrte Abraham ben Meir Ibn Esra 1158 Versuche ab, den Schabbat von Samstag- bis Sonntagmorgen zu feiern. Salomo Adret verbot 1546 das Ofenheizen am Schabbat im Winter und empfahl dazu ein Schloss am Ofen. Da Tabakrauchen unter das Feuerverbot fiel, zündeten Juden freitags eine große Wasserpfeife an, deren Tabak samstags weiter glimmte. Mendel ben Abraham zufolge sollten Juden 1675 in Amsterdam zwei Monate lang keinen Fisch von Nichtjuden mehr kaufen, da diese Fischeinkäufe von Juden für den Schabbat durch hohe Preisaufschläge ausgenutzt hatten. Jüdische Händler verkauften ihre Geschäfte freitags für einen symbolischen Preis an Nichtjuden und kauften sie nach Schabbatende zurück; hatten sie christliche Geschäftspartner, überließen sie ihnen den Schabbatverdienst.

 

Als Überblick über die weiterentwickelten Halachot schrieb Maimonides zwischen 1176 und 1200 sein Hauptwerk Führer der Unschlüssigen. Danach sollte das Schabbatgebot das Geschaffensein der Welt und Dasein Gottes bekräftigen, an seine Gnadenerweise für Israel erinnern und so theoretische Wahrheitserkenntnis und praktische Wohlfahrt zugleich fördern. Nach dem Sefer Ha-Turim von Jakob ben Ascher sollte der Schabbat an die Schöpfung und Sinaioffenbarung erinnern und auf die Ruhe der künftigen Auferstehung vorausblicken. Als Kommentar dazu für die Sephardim schrieb Josef Karo von etwa 1545 bis 1565 den Schulchan Aruch (‚Der gedeckte Tisch‘). In einem ähnlichen Kommentar für die Aschkenasim, HaMappah (‚Die Tischdecke‘), stellte Moses Isserles sephardische und aschkenasische Schabbathalachot gegenüber. Beide Werke wurden für jüdisches Leben verbindlich.

 

 

Neuzeit

 

 

Vorstöße zur Schabbatverlegung

 

Die staatlich verordnete Sonntagsruhe zwang in christianisierten Ländern lebende gläubige Juden jahrhundertelang, ihre Geschäfte an zwei Wochentagen zu schließen, und erschwerte ihre Arbeitsruhe am Schabbat. Dadurch wurden sie wirtschaftlich benachteiligt und religiös diskriminiert. Die etwa von dem Aufklärer Christian Wilhelm Dohm 1781 geforderte rechtliche Gleichstellung der Juden ging mit verstärktem Druck zu ihrer vollständigen Assimilation einher. Christliche Bürgerschaften forderten von Juden die Aufgabe ihrer Schabbatbräuche als Gegenleistung für angebotene Bürgerrechte. Der Theologe Johann David Michaelis etwa meinte, Juden hätten wegen ihres angeblichen Kleinwuchses und ihrer Weigerung, am Schabbat zu kämpfen, keine Chance im preußischen Militär.

 

Auf solche verbreiteten Vorbehalte reagierten etwa die jüdische Haskala im 18. Jahrhundert und die Jüdische Emanzipation im 19. Jahrhundert. Moses Mendelssohn etwa erwiderte Dohm 1783, falls die „bürgerliche Vereinigung“ nur um den Preis der Tora-Aufgabe erreichbar sei, müssten Juden darauf verzichten. Viele Juden versuchten ihrerseits jedoch, sich ganz dem christlich dominierten Nationalstaat, in dem sie lebten, einzuordnen, und betrachteten den Schabbat als Hindernis dazu.

 

Diesem Thema widmete sich die deutsche Rabbinerkonferenz von 1845. Dort forderte Samuel Holdheim, den Schabbat auf den Sonntag zu verlegen, da das Judentum nur so langfristig bewahrt und der Ruhetag aktiv geheiligt werden könne. Nur einzelne deutsche Gruppen, so die Berliner Reformgemeinde 1849 und einige US-amerikanische Gruppen, folgten diesem Vorschlag. 1869 forderte Hermann Cohen erneut die Verlegung des Schabbatgottesdienstes auf den Sonntag, um die erwünschte „nationale Verschmelzung“ zu fördern. 1919 schrieb er jedoch, allein durch den Schabbat habe das Judentum sich der Welt schon als „Freudenbringer und Friedensstifter“ erwiesen. Andere standen ihrer jüdischen Tradition gleichgültig gegenüber oder konvertierten für bessere Aufstiegschancen zum Christentum.

 

 

Schabbat-Wahrung

 

Orthodoxe, konservative, liberale und nichtgläubige Juden haben den Schabbat verteidigt. Der christlich getaufte Dichter Heinrich Heine ehrte ihn 1851 mit seinem Gedicht Prinzessin Schabbat. Er gebe dem von seiner Umwelt zum Hunde erniedrigten Volk Israel einmal in der Woche seine Würde zurück. Der Zionist Max Joseph kritisierte die jüdische Emanzipation als „Rabatt-Judentum“, die jüdische Kinder von elementaren Traditionen wie dem Schabbat entfremde und so zur Selbstauflösung der jüdischen Religion führe. Samson Raphael Hirsch warnte: Tilge den Schabbat und du hast Israel und seiner Religion den Boden zertrümmert. An der Schabbatachtung entscheide sich die Zugehörigkeit zum Judentum. Achad Ha'am, der Begründer des Kulturzionismus, betonte 1895: „Ein Jude, der eine wirkliche Verbindung zum Leben seines Volkes verspürt, wird es gänzlich unmöglich finden, sich Israels Existenz ohne den Schabbat vorzustellen. Man kann ohne Übertreibung sagen: Mehr als Israel den Schabbat bewahrt hat, hat er Israel bewahrt.“

 

Weil das Schabbatgebot laut Tora exklusives Bundeszeichen des erwählten Volkes sein sollte, lehnten gläubige Juden seine christliche Inanspruchnahme für den Sonntag oft ab. Ab etwa 1900 organisierten sich Schabbattreue Juden in Vereinen, genannt Schomre Schabbat (‚Hüter des Schabbats‘). Sie versuchten nicht nur die Tora, sondern auch die Halachot vollständig zu erfüllen und gaben dazu Bücher und Flugschriften mit praktischen Ratschlägen heraus. Sie bildeten 1928 in Berlin einen „Weltverband für Schabbatschutz Schomre Schabbos“. Solche Vereine und ihre Vorläufer erreichten etwa in England (1860 und 1931), den Niederlanden, Galizien und der Bukowina eine teilweise Befreiung von der gesetzlichen Sonntagsruhe für jüdische Unternehmen. In Preußen waren jüdische Schulkinder seit 1859 samstags vom Unterricht befreit. Die Sonderregelung bestand bis 22. Juni 1933.

 

Andere gläubige und nichtgläubige Juden betonten wie schon Philo von Alexandria die Relevanz des Schabbats für die Menschheit. Leo Baeck schrieb 1906, das Schabbatgebot Dtn 5 solle das unverkürzte und unverkürzbare Menschenrecht der Sklaven und Sklavinnen schützen. Die gebotene Ruhe für alle Familienglieder solle auch den von ihnen abhängigen Knechten die für deren Überleben notwendige Erholung gewähren. Auch sie hätten laut Tora einen mit Gottes ganzer Autorität verliehenen Anspruch darauf, sich ebenso wie die Freien über den Schabbat zu freuen, seien ihnen religiös also bereits gleichgestellt. Er wies darauf hin, dass auch die Römer Sklavenfeste kannten, diese aber auf wenige Tage im Jahr begrenzten und nicht als ein Sklavenrecht, sondern als Almosen auffassten.

 

Antisemiten nutzten den Schabbat oft für Angriffe auf Juden: So mussten diese im Ersten Weltkrieg von 1916 an ihre Läden auch samstags öffnen. Der Judenboykott der Nationalsozialisten am 1. April 1933, einem Samstag, sollte wiederum auch assimilierte Juden treffen. Jüdische Kinder mussten ab dem 26. Juni 1933 wieder auch samstags zur Schule gehen. Hetzpamphlete verhöhnten jüdische Schabbattreue als Faulheit und angebliche Ausbeutung von Nichtjuden. Mit Verordnungen wurden Juden auch an Freitagabenden, samstags und an ihren Festtagen zur Arbeit gezwungen. Der Arbeitszwang wurde ständig verschärft und bei Nichteinhaltung immer strenger bestraft, besonders im seit 1939 besetzten Polen.

 

Daraufhin erlaubten polnische Rabbiner ihren Gemeinden vielfach, bei Lebensgefahr am Schabbat und hohen Festtagen zu arbeiten und heiße Suppe zu kochen. Strenggläubige Juden ließen sich in Ghettos jedoch oft in Brigaden einteilen, die am Schabbat nicht arbeiteten, dafür sonst besonders unangenehme Arbeiten ausführen mussten und weniger Lebensmittelrationen erhielten. In Zwischenlagern internierte Juden weigerten sich wegen des halachischen Reiseverbots, absichtlich immer samstags angebotene vorübergehende Entlassungen anzunehmen. Deportierte Juden feierten den Schabbat mit Kerzen und dem Gesang des Lecha Dodi sogar auf dem Weg zu ihrer Ermordung auf Bahnsteigen, in Eisenbahnwaggons und in Vernichtungslagern; so auch Überlebende nach ihrer Befreiung.

 

Der Psychoanalytiker und Sozialphilosoph Erich Fromm befasste sich in mehreren seiner Schriften mit dem Schabbat, den er für die wichtigste Idee der Bibel hielt. 1980 erklärte er seinen Sinn wie folgt: „Der Schabbat ist die Vorwegnahme der messianischen Zeit nicht durch ein magisches Ritual, sondern durch praktisches Verhalten, das den Menschen in eine reale Situation der Harmonie und des Friedens versetzt. Die andere Lebenspraxis verändert den Menschen.“ Fromms Verbindung des Schabbat mit dem als Geschichtsziel erwarteten Ideal einer egalitären Gesellschaft folgte Autoren des Frühsozialismus und Kommunismus wie Pierre-Joseph Proudhon, Moses Hess, der den immerwährenden Schabbat als „GeschichtsSchabbat“ bezeichnete, und Karl Marx.

 

 

Gestaltungsunterschiede

 

 Die seit Jahrtausenden bestehenden Grundbestandteile des Schabbats (Arbeitsruhe, rituell eröffnete Festmahle in der Familie und Synagogengottesdienste) sollen der Freude an Gottes Schöpfungswerk und am Bundesschluss Ausdruck verleihen. Dabei gestalten Juden das unspezifische Arbeitsverbot der Tora je nach religiöser Richtung seit dem Mittelalter unterschiedlich.

 

Orthodoxe und ultraorthodoxe Juden (Haredim) befolgen bis heute die 39 Arbeitsverbote des Talmud, so in größeren haredischen Wohnquartieren wie den früheren osteuropäischen Schtetl, dem Scheunenviertel (Berlin) und der Jerusalemer Altstadt. Ihre Vertreter diskutieren die Halachot in Responsen weiter und versuchen sie an moderne Gegebenheiten und Technik anzupassen. Da Gebrauch von Elektrizität seit 1900 in das Feuerverbot eingeschlossen wurde, ergab sich daraus etwa das Verbot von Fahrstuhl-, Rolltreppen- und Autofahren, Radiohören, Fernsehen usw. Umstritten war etwa der Gebrauch von Elektrogeräten mit vor dem Schabbat aufgeladenen Batterien, für medizinische Operationen notwendigen Geräten usw. Um derartige Probleme praktisch zu lösen, gründete Levi Jizhak Halperin 1963 in Jerusalem das „Institut für Wissenschaft und Halacha“. Dort wurde etwa eine „Schabbatsteckdose“ erfunden, die den Stromkreislauf alle drei Minuten für 30 Sekunden unterbricht, um so das Anschließen von Geräten ohne Bruch des Feuerverbots zu ermöglichen. Einige moderne Kühlschränke und Backöfen besitzen einen Schabbat-Modus, der die Nutzung am Feiertag ermöglicht, ohne dass dafür vom Menschen Schaltvorgänge ausgelöst werden.

 

Im liberalen und progressiven Judentum wird der Schabbatzweck der freude- und friedvollen Ruhe und geistigen Erneuerung im Kreis von Familie, Freunden und Gästen betont. Das Arbeitsverbot wird im Prinzip anerkannt, aber nicht formal nach Bibel- und Talmudstellen, sondern nach heutigen gesellschaftlichen Bedingungen definiert. Gewöhnliche Erwerbsarbeit und Handel werden so weit wie möglich unterlassen; wer am Schabbat unbedingt arbeiten muss, soll die arbeitsfreie Zeit umso mehr für die geistige Besinnung nutzen. Das Verwenden von Elektrizität ist nicht generell verboten. Wenn Tätigkeiten der Schabbatheiligung dienen, sind sie erlaubt, etwa Autofahren zum Synagogenbesuch, erholsame Gartenarbeit, Schreiben im Rahmen eines kreativen Gottesdienstes. Die Verantwortung des Einzelnen wird betont: Nachlässigkeit sei zugelassen, wer ein Gebot übertrete, beraube sich aber auch des mit seiner Beachtung verbundenen Genusses. Um die halachischen Vorschriften auf neuzeitliche Lebensumstände und Bedürfnisse zu beziehen, gab die Zentralkonferenz der Rabbiner in den USA 1972 ein Shabbat Manual heraus.

 

Zwischen 1924 und 1934 führte der zionistische Dichter Chaim Nachman Bialik zunächst in Tel Aviv regelmäßige außerhäusliche, zwanglose, nicht an der Halacha orientierte öffentliche Freitagabendtreffen mit seinen Freunden ein, die rasch besonders bei Jugendlichen populär wurden. Er nannte sie im Anschluss an Jes 58,13 EU Oneg Schabbat (Schabbatwonne, -freude, -genuss), um diesen für den ganzen Schabbat wesentlichen Aspekt hervorzuheben. Oneg Schabbat war von 1939 bis 1944 auch Tarnname einer jüdischen Widerstandsgruppe im Warschauer Ghetto und des dazugehörigen Archivs von Emanuel Ringelblum.

 

 

Schabbat in Israel

 

In Israel hatten die alteingesessenen Juden den Schabbat nach der Halacha streng gehalten, während die Einwanderer (olim) der ersten und zweiten Alijah ihn ohne besondere Gottesdienste begingen und auch die Anfangstermine variierten. Die britische Mandatsverwaltung gewährte den Siedlern kommunale Autonomie, so dass eine Vielfalt der Schabbatgestaltung entstand.

 

Am 14. Mai 1948 wurde der Schabbat als gesetzlicher Ruhetag festgelegt, wie es die Jewish Agency den orthodoxen Juden am 19. Juni 1947 zugesagt hatte. Zugleich wurde Nichtjuden das Recht garantiert, ihre eigenen Ruhe- und Feiertage zu begehen. 1951 verabschiedete die Knesset ein Gesetz, das eine wöchentliche Ruhezeit von mindestens 36 Stunden für alle Israelis garantiert und eine Beschäftigung während derselben verbietet, aber Ausnahmen etwa für Landesverteidigung, öffentliche Sicherheit und staatliche Dienstleistungen erlaubt. Diese darf nur ein Komitee aus Ministerpräsident, Arbeits-, Religions- und Verteidigungsminister genehmigen. Da die Halachavorschriften nicht gesetzlich geregelt wurden, kommt es über Detailfragen oft zu Konflikten.

 

In Israel sind am Schabbat die meisten Geschäfte geschlossen und der öffentliche Personennahverkehr ruht, außer in Haifa. Im strengreligiösen Jerusalemer Stadtteil Mea Shearim bleiben alle Restaurants am Schabbat geschlossen, in anderen Stadtteilen die meisten, ebenso in Tel Aviv, Haifa und an anderen Orten, wo die Haredim keine Mehrheit der Bevölkerung stellen. Ein Flugverbot für die Fluggesellschaft El Al am Schabbat brachte diese öfter in Finanznot. Israelis dürfen inzwischen mit rabbinischer Erlaubnis an Raumflügen teilnehmen, wenn sie nach der Ortszeit Jerusalems im All Schabbat halten. In Petach Tikwa griffen orthodoxe Juden 1984 am Schabbat geöffnete Restaurants und Kinos an; nach der Festnahme des beteiligten Großrabbiners drohte die Partei Agudat Jisra’el mit dem Bruch der Regierungskoalition. 1986 verbot Premierminister Schimon Peres dem Stadtrat von Ramat Gan die Nutzung des lokalen Stadions für Fußballspiele am Schabbat. Ein populärer Schabbatflohmarkt eines Kibbuz stieß 1986 auf heftige Proteste, ebenso eine in Haifa gebaute Seilbahn, die auch am Schabbat verkehren sollte. 1987 demonstrierten tausende Haredim in Jerusalem vor geöffneten Kinos und Restaurants, um deren Schließung am Schabbat zu erzwingen.

 

 

Schabbatfeier

 

Trotz jahrhundertealter Traditionen, die zu gleichen Elementen in Liturgie und Brauchtum weltweit geführt haben, wird der Schabbat nicht nur je nach religiöser Richtung, sondern auch je nach Ortsbrauch verschieden begangen. Einzelne Elemente werden weggelassen oder modifiziert, andere hinzugefügt.

 

 

Vorbereitungen

 

Der Schabbat soll nach den Talmudvorschriften von allen Beteiligten gemeinsam am Freitag vor der Abenddämmerung (Erew Schabbat) vorbereitet werden. Dazu gehören das Aufräumen und Reinigen der Wohnung, ein Reinigungsbad, Schneiden von Haaren und Nägeln sowie das Anziehen festlicher, nur am Schabbat getragener Kleider. Drei anstatt der sonst üblichen zwei Mahlzeiten werden gekocht. Dazu hat die jüdische Küche viele kalte und sehr lange und langsam auf ganz kleiner Flamme vor sich hinköchelnde Speisen entwickelt, darunter den Tscholent (ostjiddisch). Guter Brauch ist, zum ersten Schabbatmahl Gäste einzuladen, besonders Fremde und Durchreisende. Der Tisch wird festlich gedeckt: Vor dem Platz des Familienoberhaupts liegen zwei von einem Tuch bedeckte Schabbatbrote (hebr. Challot), die an das doppelte Manna während der Wüstenwanderung der Israeliten erinnern, und der Becher für den Kiddusch. Der Wochenabschnitt der Tora (die Mikra) wird dreifach gelesen, zweimal hebräisch, einmal als aramäisches Targum oder nach dem Raschi-Kommentar. Gegenstände, die am Schabbat nicht bewegt oder benutzt werden dürfen, sind Muktza.

 

 

Freitagabend

 

Mit der Dämmerung beginnt der Schabbatabend (Leil Schabbat). Die Dämmerung gilt als eingebrochen, wenn man einen blauen Wollfaden nicht mehr von einem grauen Wollfaden unterscheiden kann. Vor Einbruch der Dunkelheit zündet traditionell die Frau des Hauses die Schabbatkerzen an und spricht den Segensspruch (Bracha): „Gelobt seist Du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, der uns mit seinen Geboten geheiligt und uns befohlen hat, das Schabbatlicht anzuzünden.“

 

Der Synagogengottesdienst am Freitagabend, an dem in orthodoxen Gemeinden in der Regel keine Frauen teilnehmen, beginnt mit dem „Empfang des Schabbats“ (Kabbalat Schabbat) durch einen gesungenen Psalm (Auswahl: Ps 29 EU; 92-93; 95–99) und das traditionelle Schabbatlied Lecha Dodi. Das anschließende Abendgebet (Maariw) ist am Schabbat um einige Teile gekürzt, die etwa Sorge und Schuldbekenntnis enthalten, und um Schabbattexte erweitert. Auch der Kiddusch ist aus der Hausfeier in die Gottesdienstliturgie übernommen worden.

 

Mit diesem wird die folgende häusliche Schabbatfeier eingeleitet. Traditionell begrüßt der Familienvater den Schabbat mit dem Friedensgruß (Schalom), segnet gegebenenfalls die Kinder und spricht die Verse Gen 2,1-3, die bereits Bestandteil der abendlichen Schabbatamida waren. Dann spricht er den Segen „Gelobt seist Du, Ewiger, unser Gott, Schöpfer der Früchte des Weinstocks“ über einen vollen Becher Wein, heute üblicherweise süßer Rotwein. Dem folgt ein Schabbatsegen, der an den Beginn der Schöpfung und den Auszug aus Ägypten erinnert.

 

Nachdem der Vater und die Tischgesellschaft von dem Wein getrunken haben, werden wie immer vor dem Essen die Hände gewaschen; nach manchen Ortstraditionen bereits vor dem Kiddusch. Dann spricht er den üblichen Segen über das Brot „Gelobt seist Du, Ewiger, unser Gott, der Du das Brot aus der Erde hervorgehen lässt“, bestreut ein Stück davon mit Salz und isst es. Dann schneidet oder bricht er Stücke vom Brot ab und verteilt sie oder reicht das Brot mit dem Salz weiter, so dass sich jeder ein Stück nehmen kann. Beim Essen werden häufig Schabbatlieder (Semirot) gesungen, darunter Psalm 126. Nach dem Essen wird das Tischgebet (Birkat Hamason) feierlicher als an Werktagen gemeinsam gesungen.

 

Das gesellige Treffen zum festlichen Essen, Singen, Plaudern und Besinnen am Freitagabend – mancherorts auch am Freitag- oder Samstagnachmittag – wird unabhängig von seiner Gestaltung im Anschluss an Jes 58,13 EU oneg schabbat genannt. Es kann auch außerhalb des häuslich-familiären Rahmens, etwa in öffentlichen Restaurants, stattfinden. Kiddusch und Segenssprüche werden dann variabler, etwa an mehreren Tischen oder gar nicht, vollzogen. Anstelle der traditionellen Toraauslegung des Familienvaters können spontane religiöse Vorträge beliebiger Anwesender erfolgen.

 

 

Samstagmorgen

 

Den Hauptgottesdienst des Schabbats am Samstagmorgen besuchen Männer und Frauen. Sein Herzstück ist die Toralesung nach dem Morgengebet. In festlicher Prozession wird die Torarolle unter Gesängen vom Toraschrein durch die Synagoge getragen und schließlich auf dem Lesepult ausgerollt, nach der Lesung wieder eingerollt und zurückgetragen. Vor und nach der Lesung spricht der/die Aufgerufene eine besondere Bracha, Birkat ha-Tora.

 

In vielen Gemeinden erhält der/die Aufgerufene im Anschluss an die Lesung ein Mi scheBerach (‚Der gesegnet hat‘), eine besondere Segnung, in der neben seinem/ihrem Namen auch Familienangehöriger oder Kranker gedacht werden kann. In vielen Gemeinden ist es auch üblich, wohltätiger Institutionen zu gedenken. Nach Beendigung der Lesung aus der Tora folgt die Haftara, die Lesung eines Abschnittes aus den Nevi’im (Prophetenbüchern). In vielen Gemeinden wird nach der Toralesung ein allgemeines Mi scheBerach für die Kranken oder sonst Not Leidenden gesagt. Es schließt sich das Gebet für die Gemeinde, für das Land und seine Regierung und in vielen Gemeinden für den Staat Israel an.

 

Gegenüber dem werktäglichen Gottesdienst wurden ein Zusatzgebet, das Musaf-Gebet, als Ersatz für das Opfer in der Zeit des Tempels, und weitere Psalmen und Hymnen in den Schabbat- und Feiertagsgottesdienst aufgenommen. Das Musaf-Gebet wird von Reformgemeinden und vielen konservativen Gemeinden, die den Tempel und seinen Opferdienst als eine geschichtliche, überholte Ausprägung des jüdischen Gottesdienstes ansehen, entweder nicht gebetet oder entsprechend umgestaltet. Am Schabbat wird das Achtzehnbittengebet (Amida) auf sieben Einzelbitten reduziert, da man sich am Schabbat keine Sorgen machen, sondern auf Gottes Fürsorge vertrauen soll. Am Schabbat werden auch keine Tefillin gelegt.

 

 

Samstagmittag bis -abend

 

Die anschließende gemeinsame Mahlzeit wird erneut mit dem Kiddusch eröffnet. Dem Segensspruch über den Wein geht traditionell Ex 31,16 EU voraus: „Und die Kinder Israels sollen den Schabbat halten…“ Üblich sind auch frei gewählte Worte der Auslegung zur aktuellen Parascha während der Mahlzeit sowie das Singen von Semirot. Die Zwischenzeiten dienen der Ruhe, der Selbstbesinnung, dem Spazierengehen und Lernen der Tora.

 

Nach dem Mincha-Gebet am Nachmittag folgt die „dritte Mahlzeit“ (Se'uda schlischit) des Schabbats. Worte aus der Tora, Gesang zur geistigen Erbauung und eine Besinnung während der Abenddämmerung prägen sie. Nach alter Tradition erfolgt die endgültige Erlösung des jüdischen Volkes an einem Schabbatnachmittag. In die Melodien dieser Stunde mischen sich Träume und Trauer, Sehnsucht und Hoffnung. Nach dem gemeinsamen Tischgebet, bei dem der Vorbetende den Segensspruch über ein „Glas des Segens“ spricht, bleibt das volle Glas bis zum Abend stehen.

 

Beim „Schabbatausgang“ (Motza’e Schabbat) im Kontext der Hawdala wird nach dem wochentäglichen Abendgebet erneut ein Segen über das Glas Wein gesprochen. Die Flamme der mehrdochtigen Hawdalakerze, die wie eine Fackel vom Ende des Schabbat kündet und in die neue Woche hineinscheint, wird vom restlichen Wein des Glases gelöscht. Dazu gehört auch ein Gefäß mit Gewürzen, die Besamimbüchse, deren Wohlgerüche in der nun beginnenden Woche an den Schabbat erinnern sollen. Danach wünscht man sich eine „Gute Woche“ (Schawua tow).

 

Besonders religiöse Juden essen danach noch eine weitere Mahlzeit, „Begleiten der Königin“ (Melawe Malka) genannt. Solche Mahlzeiten werden auch als soziale Treffen unter Freunden oder als Spendensammlungen für wohltätige Zwecke organisiert.

 

 

Besondere Schabbatot

 

Die Schabbatot im Jahreskreis werden grundsätzlich nach ihrer Sidra benannt. Einige haben jedoch eine eigene Funktion und Bedeutung, auf die ihr Name hinweist:

 

  • Schabbat Schuwa (Schabbat „Kehre um!“ oder „Schabbat der Buße“) heißt der Schabbat zwischen Neujahr und Versöhnungsfest nach der an diesem Tag gelesenen Haftara: Hosea 14,2-10 EU, Micha 7,18-20 EU, Joel 2,25-27 EU.
  • Schabbat Schabbaton („der Schabbat der Schabbate“, „der höchste Schabbat“) ist Bezeichnung für den Versöhnungstag, zuweilen auch für den 49. Tag des Omer-Zählens.
  • Schabbat Bereschit („der Schabbat des Anfangs“) heißt der erste Schabbat nach Simchat Tora, nach dem ersten mit Bereschit beginnenden Abschnitt.
  • Schabbat Chanukka ist ein Schabbat während des 8-tägigen Chanukkafestes.
  • Schabbat Schira (Beschalach, 4. Abschnitt von Ex.) nach dem Moseslied (Deuteronomium 32 EU).
  • Schabbat Schekalim heißt der Schabbat vor oder am 1. Adar, nach der zusätzlichen Parascha-Lesung, die von der Schekel-Abgabe handelt: Exodus 30,11-16 EU.
  • Schabbat Sachor (Schabbat „Gedenke!“ bzw. „Schabbat der Erinnerung“) heißt der Purim vorausgehende Schabbat. Das Gedenken bezieht sich auf das, was Amalek nach der Tora dem jüdischen Volk angetan hat. Zusätzliche Parascha-Lesung: Deuteronomium 25,17-19 EU. Haftara: aschk.: 1. Samuel 15,2–34 EU, sef.: 1. Samuel 15,1–34 EU.
  • Schabbat Para heißt der Schabbat nach Purim gemäß der Zusatzlesung über die Entsündigung mittels der roten Kuh. Zusätzliche Parascha-Lesung: Numeri 19,1-22 EU.
  • Schabbat ha-Chodesch („Schabbat des Monats“) heißt der Schabbat vor oder am 1. Nissan zur Einsetzung des Nissans, des Monats der Befreiung, als ersten der Monate (im jüdischen Jahr ist der erste Monat nicht der Monat ab dem Neujahrstag). Zusätzliche Parascha-Lesung: Exodus 12,1-20 EU.
  • Schabbat ha-gadol („der große Schabbat“) heißt der Schabbat vor Pessach im Monat Nissan, seine Haftara: Maleachi 3,4–24 EU.
  • Schabbat Chason heißt der Schabbat vor dem 9. Aw, an dem Jesaja 1,1–27 EU als Haftara vorgelesen wird (mit chason, „Offenbarung“, beginnend).
  • Schabbat Nachamu heißt der Schabbat nach dem 9. Aw, an dem Jesaja 40,1–26 EU (beginnend mit nachamu, „tröstet!“), als Haftara vorgelesen wird.

Schabbat chol ha-Mo'ed ist jeweils der Schabbat innerhalb der Mittelfeiertage (chol ha-Mo'ed) von Pessach und Sukkot. Schabbat Rosch ha-Chodesch heißt jeder Schabbat, der auf Neumond (Rosch Chodesch) fällt.

 

 Zurück zum Inhaltsverzeichnis