Israels kurze 5000 Jahre

 

 

Sandra Kreisler erzählt die Geschichte der Juden im Nahen Osten so, dass man sich die Protagonisten, die Geschehnisse, die Kriege, Siege, Verluste und Veränderungen bildhaft vorstellen kann. Sie blickt mit heutigen Augen auf damalige Entscheidungen, und die Historie beginnt, lebendig zu werden.

 

Sie erzählt spannend und modern, respektlos und mit Witz, und sie zeichnet die Personen, die Israels Geschichte formten, von den Königen David und Salomon über Caesar, Herodes, Jesus und seinen Sprachverstärker Konstantin und so fort zum Anfassen nach – sie sind das Fleisch dieser Erzählung.

 

Vom Volksstamm der Chabīro (der frühen Hebräer) nimmt sie uns mit zu den griechischen Eroberungen, den ägyptischen Zugriffen inklusive Liebesgeschichten mit Kleopatra und dem Römischen Druck auf das Land. Aufstände von jüdischen Dissidenten werden ebenso bildhaft und nachvollziehbar erzählt wie die Kriege jener, die als Guerilleros ein Jüdisches Reich wiedererrichten.

 

Die Podcastreihe trägt uns dann weiter, hautnah und auf sehr persönliche Weise, durch die Islamisierung und Arabisierung der gesamten Östlichen Welt, über die Kreuzzüge bis hin zur britischen Eroberung, durch den 2. Weltkrieg und immer weiter bis zur Staatsgründung Israels und in die zeitgenössischen Dramen der heutigen Tage.

 

Und so erfährt man hier kurzweilig, bunt und manchmal auch etwas bissig erzählt, die ganze Geschichte des Landes Israel, des Landstrichs Palästina – historisch lauter und nachprüfbar, und doch auf unterhaltsame Weise informativ.

 

Eine Produktion von Mena-Watch. Der unabhängige Nahost-Thinktank veröffentlicht täglich Nachrichten sowie Analysen und Kommentare renommierter Experten und Autoren zu aktuellen Entwicklungen im Nahen Osten und Nordafrika. Ein Team von Politikwissenschaftlern, Historikern und Autoren garantiert die inhaltliche Substanz und Faktentreue jeder einzelnen Veröffentlichung.

 

 

01. Im Anfang waren die Menschen vom 06. April 2022, Dauer 22m, 14s

Die Zeit bis zum 14. Jahrhundert v.d.Z

 

David erweiterte das Reich Israel weit über das heutige Gebiet Israels hinaus. Er etablierte Jerusalem als Hauptstadt, revolutionierte die Verwaltung, die Steuereintreibung und den Frondienst. Kurz vor seinem Tod bestimmte er den nächsten König – und das war nicht sein erstgeborener Sohn, wie damals üblich, sondern ein Sohn aus einer Ehe mit einer höchst umstrittenen Nebenfrau, die aber seine Lieblingsfrau gewesen war! Die Wahl überraschte alle. Und der Sohn hieß: Salomon.

 

Salomon war ein Glücksfall. Biblische Legenden über seine Weisheit, Wärme und Weitsicht sind bis heute in aller Munde, nicht umsonst werden faire Urteile bis heute salomonisch genannt. Er schaffte es, das Königreich Israel zur Blüte zu bringen. Er war im Gegensatz zu David kein Kriegsherr, sondern ein strategisch fähiger Denker und vor allem ein sehr geschäftstüchtiger Mann. Er agierte vorausschauend, mit politischem Spürsinn und juristischer Weisheit – und so wurde das Reich Israel zu einem führenden Staat zwischen Ägypten und Kleinasien.

 

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02. Neues Land, neue Erfindungen vom 14. April 2022, Dauer 19m, 59s

Bis zum 11. Jahrhundert v.d.Z.

 

Der Biblischen Legende nach entstanden die zwölf jüdischen Stämme aus den 12 Söhnen des Jakob, deren Familien dann neue Äste und mit der Zeit einen eigenen Stamm bildeten. Sie hatten mit Aramäisch, einer Vorform des Alt-Hebräischen, eine eigene gemeinsame Sprache, sie hatten eigene Kultorte, die ihrer gemeinsamen Religion entsprachen, und sie hatten klar umrissene eigene Gegenden, in denen sie lebten – das sind die Attribute, die sie zu einem Volk machten. Sie hatten allerdings wohl zunächst keine gemeinsamen Führer, keine gemeinsamen Gesetze – (außer den religiösen – oder anderes, das sie vereinte – nur die Religion, die Sprache, und viele Sitten – die waren ähnlich, und sie teilten auch die Schrift, aber sie waren weitgehend frei darin, wie sie ihr Zusammenleben gestalten wollten. Allerdings ist kaum etwas archäologisch zweifellos gesichert über diese Zeit.

 

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03. Die ersten Könige  vom 21. April 2022, Dauer 23m, 57s

Bis zum 10. Jahrhundert v.d.Z.

 

David erweiterte das Reich Israel weit über das heutige Gebiet Israels hinaus. Er etablierte Jerusalem als Hauptstadt, revolutionierte die Verwaltung, die Steuereintreibung und den Frondienst. Kurz vor seinem Tod bestimmte er den nächsten König – und das war nicht sein erstgeborener Sohn, wie damals üblich, sondern ein Sohn aus einer Ehe mit einer höchst umstrittenen Nebenfrau, die aber seine Lieblingsfrau gewesen war! Die Wahl überraschte alle. Und der Sohn hieß: Salomon.

 

Salomon war ein Glücksfall. Biblische Legenden über seine Weisheit, Wärme und Weitsicht sind bis heute in aller Munde, nicht umsonst werden faire Urteile bis heute salomonisch genannt. Er schaffte es, das Königreich Israel zur Blüte zu bringen. Er war im Gegensatz zu David kein Kriegsherr, sondern ein strategisch fähiger Denker und vor allem ein sehr geschäftstüchtiger Mann. Er agierte vorausschauend, mit politischem Spürsinn und juristischer Weisheit – und so wurde das Reich Israel zu einem führenden Staat zwischen Ägypten und Kleinasien.

 

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04. Die beiden Reiche vom 29. April 2022, Dauer 16m, 22s

Bis zum 4. Jahrhundert v.d.Z.

 

Keine drei Menschenalter nach seiner Entstehung wurden aus dem großen und angesehenen Königreich Israel zwei kleine, weniger angesehene. Aber Judea und Israel, blieben rund 700 Jahre lang bestehen. Die Bewohner waren ein Volk, sie hatten eine Sprache und eine Religion. Dennoch waren sie höchst verschieden. Israel, das Nordreich, hatte den Meereszugang behalten, hatte bergigeres und fruchtbares Land und erreichte die Nähe von Damaskus – für den weiteren Handel eine gute Position – aber dafür, und das erwies sich mit den Jahren als Nachteil, waren die Bewohner höchst heterogen. Außerdem zogen Meereszugang, Fruchtbarkeit und gute Handelswege auch den Neid der Umgebung auf sich.

 

Judea war kleiner, hatte im Süden und entlang des Toten Meeres nicht ganz so fruchtbare, aber immerhin Salzreiche Gebiete, und konnte mit Jerusalem, Hebron, Lachisch und Beersheva die wichtigsten Städte sein eigen nennen, und war dadurch, Städte sind häufig homogener und fortschrittlicher, wohl leichter zu regieren.

 

Im Großen und Ganzen waren also die Voraussetzungen klar. Israel im Norden war, der besseren Handelsmöglichkeiten wegen, reicher, und Judäa war zwar dünner besiedelt, hatte aber zugleich auch die innovativeren Städte.

 

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05. Die beiden Tempel vom 05. Mai 2022, Dauer 19m, 19s

Bis zum 6. Jahrhundert v.d.Z.

 

Die Zerstörung des ersten Tempels hat einen so tiefen Schmerz in der israelitischen Seele hinterlassen, dass das Trauma über seinen Verlust als mit-konstituierend für das gesamte Judentum gesehen werden kann. Auch wenn der Bau des ersten Tempels nicht zweifelsfrei belegt sein mag, behaupte ich, dass es einen ersten Tempel gegeben haben kann, und dass dieser von David erträumt und von Salomon rund um das Jahr 950 vor unserer Zeitrechnung prachtvoll erbaut worden war. Er wird daher auch der Salomonische Tempel genannt, und er wurde im Jahre 586 v.d.Z., also etwas über 360 Jahre später, von den Babyloniern zerstört, die ihn zusammen mit der heiligen Stadt Jerusalem mehr oder weniger dem Erdboden gleich machten.

 

Die Zerstörung des Salomonischen Tempels und Jerusalems als Ganzes gehört zu den historisch am besten belegten Ereignissen dieser Zeit. Der babylonische Herrscher Nebukadnezar nahm Jerusalem ein und verbrannte fast die ganze Stadt zu Asche. Im Eindruck dieses Traumas wurde der Hauptteil des »Alten Testaments« geschrieben. Durch eine gemeinsame Erzählung wollte man das jüdische Volk vereint halten, es vor dem Vergessen bewahren, und ihm einen inneren Kern geben, einen Zusammenhalt, der die Diaspora überdauern konnte. Mit Erfolg.

 

550 v.d.Z. gründete Kyros das persische Reich und sicherte sich die Sympathie der eroberten Völker, indem er ihnen keine Religion vorschrieb, sondern deren angestammten Glauben förderte. So ließ er in Jerusalem den zweiten Tempel bauen. Juden strömten zu Zehntausenden wieder zurück in die Heilige Stadt. Um die Jahreswende zu 515 vor unserer Zeitrechnung – nach 22-jähriger Bauzeit und 70 Jahre nach der Zerstörung des ersten Tempels – war der zweite Tempel, dessen Westmauer man heute noch in Teilen sehen kann, fertig. Es folgten fast 70 relativ friedliche Jahre.

 

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06. Die Griechen vom 13. Mai 2022, Dauer 14m, 55s

Ab dem 4. Jahrhundert v.d.Z.

 

Nach den Eroberungen von Alexander dem Großen reicht das hellenistische, also das makedonische, Reich über die gesamte die Türkei, bis hinunter nach Ägypten, es umschließt Teile des Sinai und etliche andere Gebiete reihum, und auf der anderen Seite geht es hoch bis nach Indien und an den Himalaya. Wir sind um das Jahr 330 v.d.Z. und ab jetzt sind wir im Nahen Osten in der »Hellenistischen Zeit«.

 

Das von Alexander gewonnene Reich wurde nach seinem Nachfolger Ptolemäus benannt. Die Ptolemäer sind Griechen, und diese Griechen sind auch Bulgaren, Kosovaren und Türken. Später wird das halbe »Ptolemäische Reich« von anderen Griechen eingenommen, die sich Seleukiden nennen. Die Ptolemäer bleiben in der Folge mehr oder weniger dort, wo heute Ägypten ist. Die Hellenistische Zeit übertrifft an Dauer und Einfluss alles, was zuvor da gewesen war. Die Regierungsformen, auch die wirtschaftlichen und künstlerischen Errungenschaften der Epoche, bleiben mehr oder weniger bestimmend, bis gut 400 Jahre später die Römer kommen. Die gesamte Region wird in Provinzen unterteilt, und ein kleiner Teil in der Mitte dessen, was unter Babylonien und dem freundlichen, tempelbauenden Kaiser Kyros die »Provinz Jahud« hieß, bekommt nun den Namen der Provinz »Ioudaia«. Deren Hauptstadt ist Jerusalem.

 

Alles in allem lebten die Juden im vierten Jahrhundert Jahre v.d.Z. in einer angenehmen Zeit. Bis die Seleukiden kamen.

 

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07. Das jüdische Game of Thrones: Die Makkabäer (Teil 1) vom 19. Mai 2022, Dauer 23m, 53s

2. Jahrhundert v.d.Z. – Von Helden und Guerrilleros

 

Das ist der Stoff, aus dem Serien wie Game of Thrones gestrickt werden. Eine Geschichte voll von Kriegen, Intrigen und Königreichen, die kommen und gehen.

 

Die Dynastie, von sie handelt, wird nach dem Nachnamen ihrer Mitglieder die »Hasmonäische Herrschaft« genannt, meist sagt man aber doch einfach »die Makkabäer«, nach dem Beinamen des berühmtesten Mitglieds der Familie, Judas Makkabäus. Insgesamt kommen 20 Familienmitglieder über die Jahre in eine herrschende Position, und nur 5 davon sterben eines natürlichen Todes. Jehuda »ha Makkabi« (der Hammer), oder wie er heute bekannt ist, Judas Makkabäus, war ein militärisches Genie. In vier großen Schlachten und unzähligen Scharmützeln besiegte er die sich weit überlegen wähnenden Seleukiden. Er war einfach schneller, klüger, strategischer. Seine Kämpfer siegten jedes Mal.

 

Er besiegt die Seleukiden, erobert Jerusalem und verwandelt das Land Juda wieder in einen eigenen, mächtigen und großen Staat. Doch schon ein Jahr danach fällt er im Kampf. Der Staat Juda sollte an die 130 Jahre lang halten, doch das ist eine andere Geschichte.

 

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08. Die Makkabäer (Teil 2) vom 27. Mai 2022, Dauer 15m, 11s

2. Jahrhundert v.d.Z. – Viele Köpfe rollen, am Ende steht wieder ein jüdisches Reich

 

160 Jahre vor der Zeitrechnung ist Judas Makkabäus gefallen und Jerusalem in Feindeshand. Die Makkabäischen Kämpfer scheinen am Nullpunkt angekommen zu sein. Doch Jonatan und Simeon, Judas‘ Brüder, beherrschen inzwischen das Kriegshandwerk und die Guerillataktik. Stück für Stück erobern sie das Reich zurück, das Judas errungen hatte, sie erweitern es sogar. Im Jahr 152 wird Jonatan Hohepriester in Jerusalem und herrscht über das inzwischen wieder zu respektabler Größe angewachsene Judäa.

 

Nach einer Intrige werfen die Seleukiden Jonatan ins Gefängnis und lassen ihn hinrichten. Jetzt schlägt die Stunde des letzten übrig gebliebenen der fünf Söhne von Mattatias, dem Stammvater der hasmonäischen Dynastie in Judäa: Simeon wird der neue Hohepriester und Chef der Judenheit. Ihm gelingt die Anerkennung des unabhängigen Staates Judea.

 

25 Jahre hat der Kampf um Unabhängigkeit gedauert, und vier Brüder hat er gekostet. Der fünfte bekommt Judea als eigenes Reich, er wird Landesfürst in einem neuen jüdischen Staat, 440 Jahre nach dessen letztem Untergang.

 

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09. Was von den Makkabäern übrigblieb vom 02. Juni 2022, Dauer 18m, 06 sec.

Vom Aufstieg und Fall einer Dynastie (2. Jahrhundert v.d.Z.)

 

Mattatias aus dem Hause Hasmonäus und seine fünf Söhne hatten gegen die Herrschaft der Seleukiden ein eigenständiges Judea erkämpft. Bis auf den letzten Sohn, Schimon, waren alle im Kampf gefallen. Nach 25 Jahren Kampf konnte Schimon ein neues jüdisches Reich auf dem Boden der alten Königreiche Juda und Israel gründen.

 

Die Dynastie der Hasmonäer bleibt auch nach dessen Tod an der Macht. Doch folgen wilde Jahre, geprägt von Kriegen und Machtkämpfen. Es gibt Mord und Totschlag, selbst innerhalb der eigenen Familie. Doch am Ende obsiegt ein kluger Herrscher: Unter Johannes Hyrkan, (manchmal auch: Jochanan Hyrkanäus), breitet sich das Königreich Judea aus, und mit den Jahren reicht es tief in die die ägyptische Halbinsel hinein und umfasst fast das ganze Gebiet des heutigen Israel samt der umstrittenen Gebiete und Teilen des heutigen Jordaniens auf der anderen Seite des Jordanflusses. Seine Nachfolger weiten Judea nach Norden um Gebiete am See Genezareth und andere Regionen aus. Am Ende ist das Königreich fast völlig deckungsgleich mit dem Gebiet, in dem Archäologen die zwölf Jüdischen Stämme der Bronzezeit ansiedeln.

 

Jede Dynastie geht irgendwann zu Ende. Und schließlich ist es ein Bruderkrieg, der Judeas Abstieg von einem Königreich zu einer römischen Provinz einleitet. Danach wird keiner der folgenden fünf Herrscher aus dem Haus der Hasmonäer mehr eines natürlichen Todes sterben.

 

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10. Mächtiges Rom vom 09. Juni 2022, Dauer 17m, 51 s

Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte (1. Jahrhundert v.d.Z.)

 

Auch dieser Folge wohnt ein Hauch einer Game of Thrones-Vorlage inne. Kriege und Intrigen gibt es jedenfalls genug.

 

Salome Alexandra stirbt und ihr Sohn Johannes Hyrkan der Zweite wird Hohepriester. Das ist der Auftakt zum Hasmonäischen Bruderkrieg zwischen Hyrkan und dessen jüngeren Bruder Aristobulus, mit wechselnden Allianzen und Verbündeten.

 

In Rom herrscht zu dieser Zeit das Triumvirat aus Julius Caesar, Crassus und Pompeius. Letzter breitet sich im Gebiet unseres Interesses aus. Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte, und das ist in diesem Fall Pompeius. Er sollte am Ende als eigentlicher Sieger aus dem Bruderkrieg hervorgehen. Der Kampf um den Tempelberg dauert drei Monate und kostet um die zwölftausend Juden das Leben. Hyrkan wird Herrscher von Roms Gnaden und besiegelt damit das Ende der Dynastie der Hasmonäer. Danach wird Rom über Jahrhunderte über Judea herrschen.

 

Ein anderer Sieger des Hasmonäischen Bruderkriegs war ein jüdischer Meister der Diplomatie. Er sollte als einziger Politiker der Levante alle Regimewechsel im Römischen Reich gesund überstehen. Stets dem jeweiligen Herrscher treu zu Diensten, verstand er es, sich auch beim jeweiligen Nachfolger unentbehrlich zu machen und im Hintergrund die Fäden zu ziehen. Antipatros (oder Antipater) war der Richelieu des Altertums.

 

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11. Antipater und der Königswechsel vom 15. Juni 2022, Dauer 19m, 30 s

Die Zeitenwende – die Jahre um Null. Nach Pompeius treten Cäsar, Cleopatra und Marcus Antonius auf den Plan – und mit ihnen der begabteste jüdische Politiker dieser Zeit.

 

Das Jüdische Königreich schrumpft zu einem römischen Autonomiegebiet. Ironischerweise deckt sich dieses verbliebene Kernland namens Judea weithin mit jenem Autonomiegebiet, das heute, ein paar tausend Jahre später, Westjordanland heißt und angeblich immer arabisch war.

 

Judea gerät in die Wirren des Römischen Bürgerkriegs. Cäsar bekommt den Kopf des Pompeius serviert und erholt sich von siegreich gefochtenen Schlachten im Bett Cleopatras der Siebten. Nicht allzu lange nach seiner Ermordung nimmt Marcus Antonius seinen Platz ein, und zwar im Osten des Römischen Reichs als auch in Cleopatras Bett.

 

Der unbeliebte, gleichwohl mächtige Antipater führt Judea geschickt durch die Wirren der Zeit, sodass deren Verwerfungen nur abgemildert spürbar werden. Er plant, intrigiert und argumentiert und ist gegenüber den jeweiligen Herrschern in Rom genauso loyal wie zum Hasmonäer Hyrkan, der nicht mehr König von Judea ist, sondern nur noch Hohepriester und Ethnarch, also subalterner Fürst und Statthalter Roms. Er ist der einzige bedeutende Politiker dieser Zeit, der sie relativ unbeschadet übersteht – bis zu seiner Ermordung im Jahre 42 v. d. Z.

 

Zuvor hatte Antipater seine beiden Söhne in Stellung gebracht. Den älteren als Heerführer in Judea, den jüngeren, der als schön, blitzgescheit und belesen, aber auch als hochgradig grausam beschrieben wird, als Statthalter in Galiläa. Sein Name: Herodes.

 

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12. Herodes (Teil 1) vom 23. Juni 2022, Dauer 23m, 21 s

Um die Zeitenwende.

 

Zur Erinnerung: Die Söhne des Antipater, Phasael und Herodes, hatten von Rom Judea und Galilea untertan bekommen, der Makkabäer-Enkel Hyrkan war immer noch Hohepriester. Im Jahr 42 v.d.Z. bestätigt Marcus Antonius Herodes, Hyrkan und Phasael in ihren Ämtern und gibt auch noch einem dritten Sohn des Antipater, einem gewissen Pheroaras, eine Region im späteren Jordanien zur Herrschaft. Dieses schicksalsträchtige Jahr gilt zwar als Beginn der Herodischen Herrschaft über das spätere Israel, bis Herodes aber wirklich »König über Israel« wird, statt nur Tetrarch in Galiläa, vergehen noch Jahre.

 

Der Makkabäer-Nachkomme Antigonos, Sohn von Hyrkans neidischem Bruder Aristobul und somit Hyrkans Neffe, gelangt an die Macht, als die Parther Judäa samt der Hauptstadt Jerusalem erobern. Er nennt sich König und lässt Hyrkan, Phasael und Herodes festsetzen. Phasael stirbt, Hyrkan wird kaltgestellt, aber Herodes kann fliehen. Er schlägt sich nach Rom durch, bittet um Hilfe, und tatsächlich kürt ihn Rom zum König über das gesamte Gebiet, das zu diesem Zeitpunkt gar nicht in römischer Hand ist. Bis der neue König die Macht über »sein« Reich erringt, vergehen drei kriegerische Jahre.

 

Herodes ist seit über hundert Jahren der erste König, der keinerlei hasmonäische (und schon gar keine davidische) Legitimation vorweisen kann. Die jüdische Mehrheit im Land will den gnädig von Rom abgestellten »halbarabischen idumäischen Juden« nicht akzeptieren. Herodes sichert seine Macht durch Unterdrückung und eine geschickte Heiratspoilitk. Er wird zehn Ehefrauen und mindestens 15 Kinder haben.

 

Herodes herrschte wie alle in dieser Zeit brutal, kümmerte sich aber auch um das Wohlergehen seiner Bürger. Die Fehler, für die man ihn bis heute überall kennt, beging er erst gegen Ende seiner Herrschaft. Sie sind das Thema der nächsten Folge.

 

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13. Herodes (Teil 2) vom 30. Juni 2022, Dauer 15m, 06 s

Um die Zeitenwende: War er wirklich der Kindermörder von Betlehem?

 

In Rom herrscht Kaiser Augustus, the man formerly known as Octavian. Herodes baut Handelszentren wie Caesarea und verhilft kleinen Dörfern mit Erweiterung, Umbenennung und klug geplantem Ausbau zu großem und jahrhundertelangem Ruhm, er baut er etliche Festungen, zwei wichtige Aquädukte und vor allem: Er erweitert den Tempel zu Jerusalem enorm – die Westmauer (oft »Klagemauer« genannt), die heute noch steht und an der gebetet wird, zeigt Reste des Herodianischen Tempelausbaus. Ihre wahre Größe kann man erahnen, wenn man weiß, dass man heute nur ungefähr ein Drittel von ihr sieht.

 

Im Jahr 31 v.d.Z. hat Herodes eine absolut unbezwingbare Stellung erreicht, nicht nur im jüdischen Land, sondern auch in Rom. Er hält sich mit Despotie und Klugheit an der Macht, und weil er hellenistische Beamte an die wichtigsten Schaltstellen seines Reichs gesetzt und jeden Aufstandsversuch sofort und kompromisslos mit äußerster Brutalität niedergeschlagen hatte. Er ist ruchlos und brutal aber auch brillant und visionär – und er wird zunehmend paranoid.

 

Heute nimmt man an, dass er an einer seltenen Nierenkrankheit litt, die auch zu psychischen Reaktionen führt, und damit seine grausamen Morde miterklären könnten. Sein eigener Tod war allerdings ebenfalls so grausam, als hätte Gott zur Strafe sein gesamtes Leben in nur einige Wochen gepresst. Als er Anfang März des Jahres 4 v.d.Z. starb, waren die Juden in seinem Reich erleichtert: Diesen Herrscher hatten sie 41 Jahre lang aus tiefstem Herzen gehasst.

 

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14. Wirren und Messiasse vom 07. Juli 2022, Dauer 20m. 41s

1. Jhdt.: Jesus ist da. Aber wie wichtig ist er gerade?

 

Herodes‘ Herrschaft endet in einem Blutrausch, und nach seinem Tod wird es nicht friedlicher. Das Jüdische Kerngebiet wird zu einer Provinz Roms, mit allen Abhängigkeiten, die das mit sich führt. Ihr Name: Provinz Iudaea (Judäa). Jerusalem, Jericho, die wichtige Hafenstadt Caesarea, alles untersteht jetzt ohne einen königlichen – nennen wir es: Zwischenhändler – direkt einem römischen Statthalter. Zur Hauptstadt wird jetzt Caesarea, die von Herodes erbaute Stadt mit ihrem großen Mittelmeerhafen.

 

Jesus Christus wird ziemlich genau zu der Zeit geboren, als Herodes stirbt. Wer damals »Prophet« genannt wurde, würde heute vielleicht als Kabarettist, Philosoph oder Journalist bezeichnet, jedenfalls als jemand, der die politischen und sozialen Prozesse seiner Zeit analysiert und zu beeinflussen sucht. Die frühen Propheten waren Prediger und Vordenker, und einer von ihnen war ein Jude namens Jesus, der überzeugt davon schien, mit der Abkehr vom Besitzstreben und Rückkehr zu den geistigen Wurzeln des Judentums würde die Zeit weniger bedrohlich und verwirrend wirken.

 

Am Beginn war das Christentum eine von vielen jüdischen messianischen Sekten. Zu der Zeit, in der Jesus lebte, gab es wichtigere Geschehnisse im Heiligen Land. Der vielleicht wichtigste Schritt zur Weltreligion kam im Christentum erst etliche Jahre nach Jesus Tod: als man nicht mehr zum Judentum übertreten musste und sogar auf die Beschneidung verzichtete, wuchs die Gruppe das erste Mal exponentiell.

 

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15. Das Ende und die Folgen vom 14. Juli 2022, Dauer 17m, 43s

1. Jhdt.: Der erste Jüdische Krieg und die Zerstörung des Tempels

 

Die römischen Statthalter bereichern sich an den Juden, unterstützen die hellenisierten Freunde der Römer schaffen eine klare Zweiklassen-Gesellschaft zum Nachteil der Juden. Sie pressen Land und die Leute aus wie eine Zitrone. Ein permanenter Aufstand entflammt, der im sogenannten »Jüdischen Krieg« gegen Rom mündet.

 

Im Frühling des Jahres 70 steht Vespasian vor Jerusalem. Mit einem gut 60.000 Mann starken und perfekt im Kriegshandwerk ausgebildeten Heer tritt er an gegen etwas über 40.000 Juden, das sich aus Priestern, Handwerkern, Bauern und Jugendlichen rekrutiert. Vespasian macht Jerusalem platt, den Tempel, alles. Vespasian ist der Mörder der Judenheit, der Mörder des jüdischen Landes, der Zerstörer des heiligen Tempels – und er ist der Wegbereiter dafür, dass das gesamte Gebiet ab diesem Moment (und mit den Jahren immer mehr) den Juden abgesprochen werden wird. Bis heute.

 

Die Zerstörung des Tempels und die Niederschlagung des Jüdischen Aufbegehrens gegen die Fremdherrschaft sind nicht nur ein enorm tiefer Einschnitt – es ist auch eine Art Schlusspunkt der jüdischen Religion. Denn der Tempel – das zentrale und wichtigste Heiligtum, um das sich alle Gesetzgebung und alle Opfergaben und aller Glaube und natürlich auch alle Priester rankten, war unwiederbringlich verloren.

 

Aber wenn es ein Schlusspunkt der Religion war, wie kann es dann sein, dass es heute noch Juden gibt? Gute Frage. Die Antwort kommt in der nächsten Folge – und die ist dann eben nach diesem Ende des ersten Teils unserer Erzählung: ein neuer Anfang.

 

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16. Ein neuer Anfang vom 29. September, Dauer 25m, 21s

Wir schreiben das Jahr 70 unserer Zeitrechnung.

 

Der heilige Tempel ist zerstört, hunderttausende Juden sind gestorben, Jerusalem ist dem Erdboden gleichgemacht. Doch dieses Ende ist ein neuer Anfang.

 

Die Zeit nach der Zerstörung des Tempels bis zum Bar-Kochba Aufstand mehr als 60 Jahre später, nennt man die Jabne Periode. Denn dort, in der Stadt Jabne, die heute im Speckgürtel von Tel Aviv liegt, findet die Hauptarbeit einer verblüffenden Wiederfindung und zugleich Erneuerung des Judentums statt.

 

Nach dem verlorenen Krieg versammeln sich dort die übriggebliebenen israelitischen Weisen unter Jochanan ben Zakkai, um über die Lage des Jüdischen Volks zu beraten. Es sind vor allem einfache Leute mit einem Brotberuf, die es sich zur Aufgabe machen, alle Juden zu überzeugen, dass das Ende des Tempels nicht das Ende des Jüdischen Volks sein darf, weil man auch ohne Tempeldienste Sühne und Glaubensarbeit leisten kann.

 

Ben Zakkai, und etwas später der ebenso berühmte Rabban Gamaliel, schaffen es, Jabne zum führenden intellektuellen und religiösen Zentrum der jüdischen Welt zu machen, in dem der Glaube und damit das ganze Judentum, dessen Gesetze und Gebote ebenso wie die religiöse Praxis, auf neue Beine gestellt werden. Ein wichtiger Teil des Talmud entsteht.

 

Die Weisen von Jabne erkennen keine Vorrechte von Klassen, Gruppen, Reichtum, Herkunft oder sonstigem persönlichem Status mehr an. Alle Menschen sind gleich an Wert und daher auch gleich vor dem Gesetz. Und man stellt das Leben vor den Glauben, indem man postuliert, dass man als Jude ein Gesetz der Thora übertreten darf, wenn dies einem selbst oder einem Mitmenschen das Leben retten kann.

 

Tausende Debatten um die Halacha, die gesetzestreue Religionsausübung, werden geführt und Namen wie das Haus Hillel, Rabbi Akiba, die Schammai-Schule, Rabbi Jehuda ha Nasi sind bis heute bekannt und bedeutend. Und immer mehr Synagogen entstehen: eigenständige Versammlungs-, Bet- und Lehrhäuser, die von jeweils eigenen Vordenkern und Weisen geführt werden.

 

Heute weiß man, dass Jabne zwar das Zentrum der geistigen Erneuerung war, dass dieser Prozess jedoch nicht, wie man bis ins 20. Jahrhundert hinein annahm, innerhalb einer Synode und in relativ kurzer Zeit entstand, sondern ein Zusammenwirken von Diskussionen war, das weit über hundert Jahre und dauerte und Juden weltweit mit einbezogen hat.

 

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17. Kitos Krieg und ein schöner neuer Kaiser vom 06. Oktober, Dauer 20m. 25s

76 bis 117: Kaiser Hadrian wird geboren. Das Leben der Juden wird unerträglich.

 

In der Provinz Judäa hat es seit der Zerstörung des Tempels keinen Frieden gegeben. Als Jude wurde man öffentlich gedemütigt, Jude zu sein war aufgrund der enormen Judensteuer teuer und konnte durchaus gefährlich werden. Als die Judenchristen entschieden, auf die Beschneidung zu verzichten, grenzten die Jüdischen Weisen in Jabne den alten Glauben noch strikter gegen die neuen messianischen Strömungen ab, es kam endgültig zum Schisma.

 

Das Christentum wurde eine eigene Religion, und es zog alle an, die vorher zu den Judensympathisanten zählten, und viele neue. Denn die Christen hatten ähnlich menschenfreundliche Vorgaben, aber Judensteuern wurden von ihnen eben nicht eingehoben. Und so begann der Aufstieg des Christentums.

 

Das Leben als Jude hingegen wurde immer unerträglicher. Und so verteilten sich Juden über die ganze bekannte Welt. Die über 4 Millionen Juden entsprachen zu jener Zeit mindestens 1,5 Prozent der damaligen Weltbevölkerung. Heute gibt es rund 12 Millionen Juden, sie machen aber nur noch 0,2 Prozent der Weltbevölkerung aus.

 

Der erste Jüdische Krieg hatte hunderttausende jüdische Leben gekostet, Jerusalem und andere Städte vollständig zerstört. Und doch wurden sie von den übrig gebliebenen Juden in kürzester Zeit wieder aufgebaut, das Land wurde urbar und vor allem jüdisch gemacht. Das war nicht gern gesehen: Die Drangsalierungen nahmen zu, es kam zu Pogromen.

 

Die Folge waren neue Aufstände gegen die römischen Herren, die in den zweiten jüdischen Krieg mündeten, der in den zwei Jahren seiner Dauer wieder hunderttausende Menschenleben kostete. Er wird heute in den Büchern »Kitos Krieg« genannt, und er verschmilzt in der Erinnerung mit dem dritten jüdischen Krieg, dem sogenannten »Bar Kochba Aufstand«, denn er erlosch nie ganz.

 

Zu jener Zeit wird Hadrian Kaiser im Römischen Reich. Er reist nach Judäa und beschert unserem Gebiet eine Veränderung, die bis heute das Bild vieler von dieser Region prägt. Dazu mehr in der nächsten Folge.

 

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18. Bar Kochba, Sohn des Sterns vom 13. Oktober, Dauer 25m, 06s

Der Bar-Kochba Aufstand von 132 bis 135 war der letzte bewaffnete Versuch, das römische Joch abzuschütteln.

 

Der dritte jüdisch-römische Krieg von 132 bis 136 war der letzte bewaffnete Versuch, das römische Joch abzuschütteln. Ihren Anführer nannten die Juden »Sohn des Sterns« (Bar Kochba). Er starb als Prinz von Israel.

 

Als der frischgebackene Kaiser Hadrian die Provinz Judäa besucht, eilt ihm zunächst ein guter Ruf voraus. Er hat die von Trajan im Kriegszustand zurückgelassenen Gebiete befriedet, gilt allgemein als belesen und friedfertig. Und so kehren viele Juden aus der Diaspora wieder heim, man beginnt sogar fröhlich mit Plänen für einen Wiederaufbau des Tempels.

 

Doch der Schein trügt und Hadrian erfährt einen Sinneswandel. Er verbietet die Beschneidung und baut Jerusalem wieder auf, doch er errichtet auf dem Tempelberg einen Jupiter-Tempel und benennt die Stadt in »Aelia Capitolina« um. Als wäre das noch nicht Demütigung genug, verbietet er den Juden sogar, sie zu betreten. Nur einmal im Jahr dürfen sie noch in ihre heilige Stadt, am Jahrestag der Zerstörung des Tempels, dem 9. Av, um darüber zu weinen.

 

Und so bereiten sich die Juden neuerlich auf einen Aufstand vor. Heimlich sammeln sie Waffen und Geld und errichten Befestigungsanlagen. Als Hadrian die Region verlässt, erheben sie sich.

 

Ihr Anführer gibt dem nun folgenden Krieg seinen Namen. Er heißt Shimon bar Kosiba, wohl nach seinem Geburtsort, es könnte aber auch ein Vatername sein. Der sagenumwobene und hochgeehrte Rabbi Akiva sagt öffentlich: »Dies ist der König und Messias von Israel«, und so bekommt Simon den Beinamen »Sohn des Sterns«, in der Landessprache »Bar Kochba«.

 

Mit seinen 200.000 Gefolgsleuten gewinnt er Schlacht um Schlacht. Verblüffend schnell erobert er Judäa zurück, bald kontrollieren die Juden fast das gesamte Gebiet einschließlich Galiläa und Samaria bis hin zum Meer, nur Jerusalem nehmen sie nicht ein. Münzen, die Simon Bar Kochba während seines Kampfes prägen lässt, tragen die Aufschrift »Simon, Prinz von Israel« und erstes bzw. zweites »Jahr der Freiheit Israels«.

 

Im dritten Jahr treibt der römische Feldherr Julius Severus das jüdische Heer immer weiter zurück und schließlich fällt Simon bar Kochba in seinem Hauptquartier in Betar. In Israel und für das jüdische Volk ist Simon bar Kochba ein Held für alle Zeiten, es gibt Kinderlieder über ihn, Musicals und Theaterstücke, Statuen und Bildnisse. Er hat im Leben verloren, aber im Tod Unsterblichkeit gewonnen. Nicht zuletzt in Ehrerbietung und Erinnerung an ihn heißt das Land heute wieder Israel.

 

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19. Nächstes Jahr in Jerusalem vom 20. Oktober 2022, Dauer 23m, 10 s

Im Jahr 135 ist der Bar Kochba Aufstand verloren.

 

Im Jahr 135 ist der Bar Kochba Aufstand verloren. Simon bar Kosiba ist tot, tausende Juden werden von den Römern getötet oder sterben auf der Flucht. Schwere Zeiten brechen an.

 

Hadrian will die Verbindung der Juden zu ihrem Land für immer auslöschen. Er baut Jerusalem wieder auf, aber er gibt der Stadt einen anderen Namen, und statt des jüdischen Gebetszentrums regiert nun ein heidnischer Gott auf dem Tempelberg. Doch damit nicht genug: In grausamer Häme nennt er Iudäa auf »Syria Palaestina« (auch: Syria Philistine) um.

 

Unsere Region ist nun zur Gänze ein Teil Syriens, und sie heisst in allen nichtjüdischen Schriften Palaestina bzw. Philistine. Statt einer eigenen Prokonsularischen Provinz wie bisher gibt es nur noch drei untergeordnete Verwaltungsbezirke – Palästina 1, 2, und 3 – und sie umfassen zusammen das gesamte Gebiet, das man heute als Israel, Gaza und die umstrittenen Gebiete kennt, dazu noch fast zur Gänze das heutige Jordanien, und die komplette Sinai Halbinsel. Das alles ist Palästina, nach dem Jahr 135 unserer Zeitrechnung. Die Christen tragen den Namen Palästina in die Westliche Welt, und diese trägt ihn dann mit in die Zeit, in der sie überall die Führung übernimmt.

 

Hadrian hat gesiegt, aber er ist schwer krank. Am 24. Januar 138, seinem 62. Geburtstag, macht er durch Adoption den langjährigen Senator Antoninus Pius zu seinem Nachfolger. Er stirbt im Juli desselben Jahres, nur drei Jahre nach der Niederschlagung des Bar Kochba Aufstandes.

 

Kaiser Antonius Pius lockert einige der judenfeindlichen Gesetze, und langsam keimt wieder jüdisches Leben. Doch noch immer dürfen Juden nicht nach Jerusalem, sie dürfen nur vom Ölberg aus auf die Stadt blicken – und sich auf dem Ölberg begraben lassen. In dieser Zeit entsteht der heute riesige jüdische Friedhof dort, wo sich Juden mit Blick auf die Heilige Stadt zur letzten Ruhe legen, in der Hoffnung, die ersten zu sein, die mit der Ankunft des Messias wieder auferstehen dürfen.

 

Auf dem Ölberg wurde auch ein sehnsüchtiger Ausruf geprägt, zugleich eine hoffnungsvolle allseitige Verabschiedungsformel, die bis heute von allen Juden auf der ganzen Welt jährlich bei der wichtigsten Familienfeier der Judenheit zueinander gesagt wird: »Nächstes Jahr in Jerusalem.«

 

Aber – dieses nächste Jahr, darauf wartet man sehr lange, denn die nächsten Jahrhunderte sollten für die Juden nicht einfacher werden als dieses ausgehende zweite.

 

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20. Die guten und die bösen Kaiser vom 27. Oktober 2022, Dauer 20m, 18s

Das Römische Reich ist am Zersplittern (3.–4. Jhdt.)

 

In den Jahren nach der letzten großen Auflehnung gegen die römischen Herren sind die Juden entweder komplett verarmt oder bereits in der gesamten Welt verstreut. Die wenigen verbliebenen Weisen leben im Untergrund versteckt oder pilgern weit fort. Sie fahren mit Schiffen über das Mittelmeer nach Griechenland, Italien und weiter auf den europäischen Kontinent, oder sie wandern durch das heutige Libyen, Marokko bis über Gibraltar nach Spanien und Portugal. Viele ziehen auf dem eigenen Kontinent weiter, in den heutigen Irak und Iran, bis tief in die heutige Türkei, nach Aserbaidschan und Georgien, und sogar mitten durch die Wüste an die Spitze der arabischen Halbinsel, in den heutigen Jemen.

 

Die rund 100 Jahre, in denen sämtliche römischen Kaiser durch Adoption gekürt wurden, also Trajan, Hadrian, Antonius Pius, Mark Aurel und Lucius Verus, sind in der historischen Literatur als »Zeit der fünf guten Kaiser« bekannt. Und bis zu einem gewissen Grad stimmt das wohl auch.

 

Für unsere Region jedoch, die ehemalige Provinz Judäa, die nun als Verwaltungsbezirk »Palästina« Syrien untergeordnet ist, sind es keine guten Kaiser und keine glückliche Zeit. Juden werden allerorten verfolgt, manch einer wird aus Angst um sein Leben seinen Glauben verleugnen, und manch einer wird, weil er nicht verleugnen will, sterben.

 

Dennoch, oder vielleicht auch deswegen, arbeiten in den ersten knapp hundert Jahren nach dem Bar Kochba Krieg die jüdischen Weisen daran, den Tanach (die Sammlung Heiliger Schriften des Judentums, bestehend aus Torah, Nevi’im (Propheten) und Ketuvim (Schriften)) und den Talmud (die Handlungsanweisungen für die biblischen Gesetze) fertigzustellen – das Herz der jüdischen Kultur. Mit dem Babylonischen Talmud wird die Jüdische Gemeinde Babylons im 2. und 3 Jahrhundert zur wichtigsten und berühmtesten der Welt.

 

Die Lage für die Juden bessert sich erst mit Ende des 2. Jahrhunderts unter Kaiser Septimius Severus, dem sogar Synagogen gewidmet werden. Doch seine Dynastie geht schon in der Mitte des dritten Jahrhunderts wieder zu Ende, und es beginnt die Zeit der sogenannten Soldatenkaiser. Innerhalb der nächsten knapp hundert Jahre kommen an die 70 Kaiser an die Macht. Die Menschen wandern ab, das Land liegt brach und verarmt wieder. Im persischen Reich steigt der Clan der Sassaniden auf. Rom muss sich behaupten.

 

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21. Sassaniden und Religioten vom 03. November 2022, Dauer 26m, 39s

Konstantin, drei heilige Kreuze und deren Nägel (4. bis 6. Jhdt.)

 

Die nächsten Jahrhunderte werden in unserer Region von den Kämpfen der Römer gegen das Sassanidenreich beherrscht. Das zweite persische Großreich des Altertums ist im ausgehenden 3. Jahrhundert ein ausgesprochen ernstzunehmender Gegner Roms. Die Sassaniden nennen ihr riesiges Reich Ērānšāhr, und nicht überraschend stammt daher auch der Name Iran, den sich viele hundert Jahre später der Schah von Persien für sein Land zurückholen wird.

 

Mitte des dritten Jahrhunderts blüht und gedeiht das iranische Judentum unter dem Sassaniden Schapur dem Ersten, bis es mit dem Erwachen des Islam immer mehr zum Schweigen gebracht wird. Trotzdem werden iranische Juden bis in die 1970er Jahre im Iran eine starke und kreative Minderheit bilden. Erst die Mullahs sollten dem ein Ende bereiten. Im Laufe der ständigen Kriege muss Rom immer mehr an die Sassaniden abtreten, bis die beiden Reiche ungefähr gleich groß und mächtig sind. Die Kriege wogen gut 300 Jahre hin und her und Rom spaltet sich in das Ost- und das Weströmische Reich. Dann rückt ein römischer Kaiser in den Fokus, der mit seinen kriegerischen und religiösen Entscheidungen die Welt für immer verändern sollte:

 

Innerhalb von nur 4 Jahren legt Konstantin der Große die Grundlage für eine neue Weltreligion. Als Konstantin 306 an die Macht kommt und beginnt, das Christentum zu propagieren, gibt es im Römischen Reich höchstens zwischen 5 und 15 Prozent Christen, darunter Konstantins Mutter. Es gibt jede Menge Hypothesen, warum sich Konstantin dem Christentum zuwendet, keine davon ist zweifelsfrei belegt. Jedenfalls erlässt Konstantin I. ein Toleranzedikt für den christlichen Glauben, zunächst zusammen mit seinem oströmischen Mitregenten Licinius. Als er diesen dann im Jahr 324 besiegt und das Reich vereint, macht er das Christentum zur Staatsreligion.

 

Im Jahr darauf beauftragt er im Konzil von Nicäa den Bischof Macarius, das originale Grab Jesus Christus zu finden und dort eine Kirche zu errichten. Außerdem solle er Jerusalem so aufbauen, dass es sogar seine frühere Größe in den Schatten stellen würde. Vor allem aber sollte er alles dem Erdboden gleichmachen, das an frühere Religionen erinnert, einschließlich der römischen. Zur Unterstützung sandte er seine Mutter Helena nach Jerusalem, die ihre Aufgabe mit brennend religiösem Eifer erfüllt. Sie vertreibt die Juden vom Tempelberg, nennt sie eine »widerliche und barbarische Schande« und lässt auf ihren Gebetsstellen Abfall lagern. Unruhige Zeiten brechen an.

 

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22. Die Spätantike – heftige Zeiten vom 10. November 2022, Dauer 24m, 26s

Aufstieg des Monotheismus (4. bis 7. Jhdt.)

 

Die heftigen monotheistischen Kämpfe der Spätantike bringen massive Völkerwanderungen mit sich. Während die östliche Welt aufsteigt, erleben wir einen zivilisatorischen Niedergang in den westlichen Teilen der Welt – jene Zeit, die man in den kommenden Jahrhunderten das »finstere Mittelalter«, die »dunkle Zeit« oder Saeculum obscurum nennen wird. Rom verliert den Westen, erstarkt im Osten. und im Westen gewinnen die so genannten Barbaren, die nicht wirklich so barbarisch waren.

 

Vor allem anderen markiert die Spätantike die Vorherrschaft des Monotheismus. Die drei Weltreligionen, die nur einen einzigen Gott sehen wollen, wurden alle in dieser Zeit entweder verfeinert und verfestigt wie das Judentum, haben sich geradezu explosionsartig vermehrt wie das Christentum, oder kommen jetzt neu dazu wie der Islam, der Mitte der 600er Jahre entsteht und bereits 100 Jahre später weite Teile der Welt eingenommen haben wird.

 

In der Levante lebt man in einer kriegerischen, blutrünstigen, erfindungsreichen und vor allem in ihrer Unberechenbarkeit zutiefst erschreckenden und bedrohlichen Zeit, in der niemand weiß, wohin und ob es überhaupt weiter gehen könnte.

 

Der letzte Kaiser der konstantinischen Dynastie, Flavius Claudius Julianus, ein Neffe Konstantins des Großen, wird als nervös und künstlerisch beschrieben, als zielbewusst und mildtätig. Er wendet sich vom Christentum ab, entlässt alle christlichen Beamten, zieht das Edikt zur christlichen Staatsreligion zurück, baut heidnische Tempel wieder auf und stellt deren Priester wieder ein.

 

Am 19. Juli 362 verspricht er, die Christen aus Jerusalem zu vertreiben und den Tempel wieder aufzubauen. Er übereignet Jerusalem wieder den Juden, überschreibt gestohlenes Land zurück, schafft alle diskriminierenden Gesetze ab und macht den Patriarchen Hillel zum Präfekten über die Stadt. Die Juden sind überglücklich und strömen zurück in die Stadt. Zu früh gefreut. Im Jahr darauf zerstört ein Erdbeben die Stadt und ein verheerendes Feuer frisst alles, was für den Bau des Tempels gesammelt worden ist. Nach dem Tod Julians werden die anti-christlichen Gesetze wieder zurückgenommen.

 

Die uralten jüdischen Institutionen wurden in den ersten 20 Jahren des 5. Jahrhunderts sukzessive abgeschafft und Mitte des 5. Jahrhunderts ist das Märchen, die Juden hätten den Herrn ermordet, zur Wahrheit geworden – und mit ihm alle möglichen anderen Märchen, die uns bis heute in modernisierter Fassung immer wieder begegnen. Kindermörder, Giftmörder, Heuchler, heimliche Strippenzieher und gefährliche Agitatoren – diese Worte ziehen sich sogar durch jene angeblichen Toleranz-Edikte, die verboten, Synagogen zu überfallen und anzuzünden. Und dann kam die Pest.

 

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23. Die Pest, Kriege und ein jüdisches Königreich vom 17. November 2022, Dauer 26m. 31s

Sassaniden und noch mehr Religioten (6. bis 7. Jhdt.)

 

Die Beulenpest zog eine Spur der Verwüstung durch den gesamten Nahen Osten und das neupersische Reich bis hinauf nach Europa. Man schätzt, dass beim Ende der ersten Welle die Bevölkerung um ein Viertel reduziert war; beim Ende der letzten war die Gesamtbevölkerung um gut die Hälfte geschrumpft. Die Seuche fiel in die kleine Eiszeit der Spätantike, Anfang und Mitte des 6. Jahrhunderts, es ist die Zeit großer Völkerwanderungen.

 

Die arabische Halbinsel, durch Wüsten getrennt von Sassaniden und Byzanz, blieb von den demographischen Verschiebungen und der Pest verschont. Die Bevölkerungsdichte war geringer als in den Städten des Römischen Reiches und die Pest überstand keine langen Wüstenreisen: die Reisen dauerten lange und der Pesttod kam schnell. Bei den karg lebenden Nomaden in der Wüste konnten sich auch die Ratten als Pestverbreiter nicht in Massen anzusiedeln.

 

In Himyar, das an der untersten Spitze der arabischen Halbinsel lag – dort, wo heute der Jemen ist – gab es ein ein jüdisches Reich, über das wenig gesichert überliefert ist. Außer der Brutalität, mit der dort Christen und Juden einander bekämpften.

 

Nach Julian, der kurz und judenfreundlich regiert hatte und ein paar Zwischenkaisern sind die nächsten, die in unserer Gegend die Macht ausüben, Justinian und dessen Frau Theodora. Beide waren verbissene Christen, frömmelnd, bigott, humorlos, blutrünstig und machtbesessen. Das Judentum wurde verboten, Synagogen wurden zu Kirchen umgebaut, und im Jahre 523, als die Hagia Sofia in Konstantinopel eingeweiht wurde, soll er gesagt haben: »Salomon, ich habe Dich besiegt!

 

Als die Sassaniden gegen die Byzantiner kämpfen, die deren Grausamkeit und Kriegsstärke nichts entgegensetzen können, schließt sich die Judenheit den Sassaniden an. Drei Jahre sollte den Juden Jerusalem gehören. Dann wendet sich das Blatt wieder.

 

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24. Auftritt Mohammed vom 24. November 2022, Dauer 26m, 21s

Eine neue Weltreligion entsteht (6. bis 7. Jhdt.)

 

Zur Zeit Mohammeds lag Mekka inmitten einer menschenleeren Wüste, und die zivilisatorischen Zentren der Levante und des Vorderen Orients waren weit weg. Die arabische Welt bestand aus Kämpfern, Nomaden und Händlern, und die Schrift zu beherrschen galt als jüdische Kunst, die nur wenige als wichtig erachteten. Wer keine Familie, keinen Clan hatte, war dem Untergang geweiht. Der Islam änderte das. Der Glaube gestand auch der gruppenlosen Einzelperson Kraft zu, wenn sie nur glaubte.

 

Vieles liegt im Dunkeln: Alle Belege für Mohammeds Existenz und für die Religion des Islam stammen aus der Zeit, als es bereits ein Kalifat gab (Kalif heißt Nachfolger), also lange nach dem Tod des Religionsgründers.

 

Was die historischen Fakten betrifft, gelangt man an denselben Punkt wie beim Auszug aus Ägypten, bei Salomons Tempel oder bei Jesus‘ Martyrium und Wiederauferstehung: Es ist egal, ob diese Mythen ganz, teilweise oder überhaupt nicht stimmen – was zählt ist, dass man sie geglaubt hat und noch immer glaubt. Die drei großen monotheistischen Weltreligionen sind jedenfalls alle in mehr oder weniger derselben Region entstanden und mussten sich allein schon dadurch gegenseitig beeinflussen. Und selbstverständlich mussten sich die jüngeren von den älteren abgrenzen.

 

Folgt man der Überlieferung, wurde Mohammed 570 oder 573 in Mekka geboren und lebte dort als Händler, bis er im Alter von 40 Jahren in der Wüste göttliche Visionen hatte, die er unter seinen Getreuen verbreitete. 622 flohen er mit ihnen in das rund 450 Kilometer entfernte Yathrib – die so genannte »Hedschra« markiert den Beginn der Islamischen Zeitrechnung. Besser bekannt ist die Stadt Yathrib unter ihrem hebräischen Namen Medina. Mohammed starb unerwartet früh am 8. Juni 632. Die von ihm gegründete Religion sollte sich in den Jahren darauf schnell verbreiten.

 

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25. Die Arabische Eroberung, vom 01. Dezember 2022, Dauer 23m, 23s

Eine der schnellsten Eroberungen aller Zeiten (6. bis 7. Jhdt.)

 

In den wenigen Jahren von Mohammeds Herrscherzeit machten sich die Araber die gesamte arabische Halbinsel untertan, die immerhin eine Fläche von knapp drei Millionen Quadratkilometer hat. Kaum 80 Jahre danach hatten sie die Levante, Syrien, Persien, Ägypten und noch etwas mehr erobert, und danach in nicht ganz der doppelten Zeit noch einen großen Teil Westeuropas bis hoch in den Norden zum Kaspischen Meer und weite Teile des indischen Kontinents.

 

Dabei standen ihnen damals keine großen Heere zur Verfügung, auch nicht überwältigende Waffen. Keine Truppe war größer als vielleicht 20.000 Mann, die meisten weitaus kleiner. Die arabischen Soldaten waren leicht ausgestattet, sie trugen keine Kettenschutzhemden, sondern waren nur in Tücher gehüllt und trugen einen Säbel.

 

Wie entwickelte ein kleines und Jahrhunderte lang eher unbedeutendes Wüstenvolk, das im strengen Sinne des Wortes nicht mal »ein Volk« war – das »Arabertum« definiert sich ausschließlich durch die Sprache, es handelte sich um viele zersplitterte Stämme – die gemeinsame Kraft und den Mut, zwei so alte, riesige und scheinbar übermächtige Imperien wie Byzanz und das Reich der Sassaniden anzugreifen?

 

Achtung Spoiler: Sie haben gar nicht »Byzanz« oder »die Sassaniden« angegriffen, sondern einfach einzelne Dörfer, die gerade auf ihrer Strecke lagen. Die befestigten Städte ließ man vorläufig beiseite. Und als man mit den zunehmenden kriegerischen Eroberungen ein Konzept für jene brauchte, die sich nicht den Stämmen anschließen oder zum Islam übertreten wollten, machte man die unterworfenen nicht-arabischen Gemeinden zu »Angehörigen minderen Rechts« und gliederte sie so in das neu erstellte Gemeinwesen ein. Die Araber unfassbar große Gebiete in rasender Geschwindigkeit – der Islam aber sollte seinen Siegeszug erst sehr viel später antreten. Noch gut 200 Jahre lang ist wird er trotz Arabischem Herrschertum eine Minderheitenreligion sein.

 

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26. Die Rechtgeleiteten Kalifen, vom 07. Dezember 2022, Dauer 22m. 13s

Der Islam spaltet sich in Sunniten und Schiiten (7.Jhdt.)

 

80 Jahre dauert die kriegerische Einnahme der gesamten Levante und etwas darüber hinaus, und in dieser Zeit verändert sich nicht nur das Machtgefüge: Städte werden zunehmend zu urbanen Zentren mit eigenen Produktionsstätten, eine neue Mittelschicht bildet sich, die Stadt wird vom Prunkraum zum Lebensraum, ähnlich der Stadt von heute. Mit zunehmender Eroberung fremder Gebiete müssen die neuen Herren lernen, sich nicht nur herrschaftlich zu verhalten, sondern auch große Gebiete mit vielen Menschen zu verwalten.

 

Am Beginn aber geht für die Menschen alles mehr oder weniger genau so weiter wie bisher. Es gibt zwar neue Herren, aber die bringen auch nichts anderes als Schlachten und Kriege, und die Juden haben es auch nicht wirklich besser. Die Levante ist nach Pest und Kriegen in weiten Teilen menschenleer, die Menschen sind verarmt. Viele öffnen ihre Tore den neuen Herren in der Hoffnung auf neue Chancen für Bauernschaft und Handel. Und so geht die Islamische Eroberung an einigen Orten mit blutigen Schlachten vonstatten, an vielen anderen jedoch völlig kampflos.

 

Die ersten vier Kalifen herrschen von Medina aus über ihr immer grösser werdendes Reich. Sie alle sind nah mit Mohammed verwandt und zählten zu seinem engsten Gefolge. Und sie sind militärisch erfolgreich. Sie sollten als die vier »Rechtgeleiteten Kalifen« (al-chulafa ar-raschidun) in die Geschichte eingehen: Abdallāh Abu Bakr, Schwiegervater Mohammeds (632–634), Umar ibn al-Chattāb, ein weiterer Schwiegervater Mohammeds (634–644), Uthmān ibn Affān, Schwiegersohn Mohammeds (644–656) und Alī ibn Abī Tālib, Schwiegersohn und Vetter Mohammeds (656–661).

 

Der Streit der verschiedenen Clans um die Nachfolge Mohammeds spaltet die Muslime in Sunniten und Schiiten. Vereinfacht gesagt, glauben die Sunniten, Mohammed habe keinen Nachfolger benannt und wollen ihn wählen. Der Name leitet sich von Sunna (arabisch für »Brauch, überlieferte Norm«) ab.

 

Die Schiiten hingegen fordern, der neue Kalif oder Imam müsse ein Nachkomme Mohammeds sein, und der Prophet habe das ebenso gesehen. Der Name geht auf den letzten der vier Kalifen zurück, Alī ibn Abī Tālib, den Vetter und Schwiegersohn des Propheten. Aus dem Namen »Schiat Ali«, Partei Alis, sollte sich später die Bezeichnung Schiiten entwickeln. Der Kampf um die Macht wird blutig ausgetragen. Der berühmten »Kamelschlacht« im Jahre 656 in Basra, aus der Ali siegreich hervorging, sollten noch viele weitere folgen.

 

Der Islam ist noch lange nicht Mehrheitsglaube, und so ist es für den Machterhalt unumgänglich, einen Weg zu finden, die »Ungläubigen« zu beherrschen, ohne dass nicht rebellieren. Man lässt allen ihren Glauben, stellt sie aber rechtlich schlechter. Die »Dhimmis« haben eigene Gesetze zu befolgen, die meisten arrangieren sich.

 

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27. Felsendom und Al-Aqsa-Moschee, vom 14. Dezember 2022, Dauer 23m. 09s

Mit welcher genialen Idee ein Umayyaden-Kalif im 7. Jahrhundert das jüdische Ursprungsgebiet und vor allem

 

Ab dem Jahr 634 strömten islamische Armeen aus der arabischen Halbinsel in die Levante. Ins palästinische Gebiet kamen sie, vor allem über Eilat, also den südlichsten Zipfel des heutigen Israel, und nur wenige Jahre später hatten sie auch die gesamte Region, die heute Israel, Gaza und die umstrittenen Gebiete heißt, komplett unterjocht. Aber die Region war ja schon lange nicht mehr jüdisch beherrscht gewesen. Christen hatten es übernommen und die Juden hatten genug damit zu tun, ihr Überleben in ihrer angestammten Heimat zu organisieren. Und die Muslime? Die wussten offenbar gar nicht so viel über die Region, die sie gerade eroberten. Nicht mal der Name Jerusalems war bei allen gebräuchlich.

 

Es war immerhin rund 500 Jahren her, dass der römische Kaiser Hadrian ihn entfernt, und die Stadt in Aelia Capitalina umbenannt hatte, was die Christen dann allerdings bald danach wieder rückgeändert hatten. Nur eben sich diese Rückänderung hat sich bis zur Arabischen Halbinsel offenbar nicht mehr flächendeckend herumgesprochen. Der britsiche britische Historiker Guy le Strange, schreibt, dass der Name Aelia Capitalina für die Goldene Stadt den Arabern sogar noch unter dem Abbasidischen Reich im 13. Jahrhundert geläufig war, nur hatten sie keine Ahnung, warum sie die Stadt so nannten. Aus Aelia war Iliya geworden, und der Frühmittelalterliche arabische Wissenschaftler Yaqut al Hamawi schrieb, das sei eben der Name der Frau gewesen, die die Stadt erbaut hatte. Ich finde, diese Geschichte zeigt auch, wie wichtig, beziehungsweise unwichtig die goldene Stadt für die neuen Besatzer war. Aber das sollte sich bekanntlich noch ändern. Und das geschah so.

 

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28. Weisheit, Reichtum, Recht - Das Ende des ersten Jahrtausends, vom 22. Dezember 2022, Dauer 24m, 50s

Ab der Mitte des 8. Jahrhunderts verändert die Herrschaft der Muslime, die – wenn man so will – Kolonisierung des…

 

Man weiß über das Leben der Juden in der Levante aus der Zeit ab dem Ende des siebten Jahrhunderts verblüffend viel. Und das tut man durch den schönen Umstand, dass man im Judentum Schriftstücke, auf denen Gott erwähnt wird, nicht wegwerfen darf. Man sammelt sie, wenn sie unleserlich werden, in sogenannten Genizot – in Lagern. Man darf sie nur vernichten, wenn sie wirklich komplett kaputt sind, und dann muss man sie feierlich begraben. In Kairo fand man vor knapp 200 Jahren so eine Geniza, die Schriften bis zurück zum siebten Jahrhundert versammelte, wahre Berge, und zwar vom Einkaufszettel, der mit gläubigen Wünschen eröffnet war, über Briefe, Amtsschriftstücke und so fort. Und so konnte man ganz gut rekonstruieren, wie es den Juden ging. Und das war, Überraschung, eher so die Achterbahnfahrt. Mal toll, mal furchtbar. Aber naja, keine große Neuigkeit, oder? Genau diese Achterbahnfahrt im Wohlergehen der Juden ist wahrscheinlich die einzige wirkliche Konstante, die dieses Volk kennt, egal an welchem Ort und zu welcher Zeit. Schon lange vorher hatten ja die Christen, unsere Region besetzt gehalten – und so war zum Zeitpunkt der Islamisierung die Judenheit sowieso schon enorm geschwächt, die meisten waren ausgewandert, einige wenige sogar übergetreten, und nur ein kleiner Teil des einst mächtigen Volks krallte sich noch mit letzter Kraft an seine Herkunftserde. Verschwindend wenige, auch im Verhältnis, wenn man bedenkt, dass Juden einst über 90% der Menschen in dieser Region stellten – aber sie waren da. Unsere Region ist immer noch die einzige Region auf der Welt, wo die Urbevölkerung seit tausenden Jahren bis heute unverändert nicht nur ohne Unterbrechung anzutreffen ist, sondern eben auch die uralte angestammte Sprache UND die Ursprungsreligion bis in die heutige Zeit hinein bewahrt hat.

 

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