Sündenbock Israel

 

 

 

Sündenbock Israel. Fehlmeinungen, Fragen und Antworten zum „Nahostkonflikt“

 

Von Theodor Much, 24. Juni bis 03. Juli 2021

 

 

Zehn falsche Behauptungen samt korrigierenden Antworten zum Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern.

 

Dieser Text wurde erstmals 2011, mit Unterstützung der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) und Raimund Fastenbauer, fertiggestellt. Gedacht war er als Antwort auf die vielen aggressiven – und oftmals hasserfüllten – Angriffe auf den Staat Israel, die seit der Staatsgründung am 4. Mai 1948 immer wieder zu hören und zu lesen sind.

 

Es sind regelmäßig wiederkehrende Anschuldigungen und Vorwürfe, die oftmals mit Antizionismus und Antisemitismus einhergehen und auch viel mit Unwissenheit über die Geschichte des „Nahostkonflikts“ zu tun haben. Die in dem auch als Broschüre erschienenen Text angesprochenen Fragen und Antworten zum Nahostkonflikt sollen vor allem denjenigen argumentativ helfen, die bereit sind, sich diesem Israelhass entgegenzustellen.

 

Besonders die jüngsten militärischen Aktionen Israels gegen die Hamas-Infrastruktur in Gaza, führten weltweit zu virulenten und oftmals offen antisemitischen Demonstrationen gegen Israel. Viele der protestierenden Israelgegner sprechen dem Staat Israel jede Existenzberechtigung ab.

 

Die radikalislamische Hamas wurde 1987 gegründet und verübte seither unzählige Selbstmordanschläge, gegen Zivilisten und jüdische Einrichtungen, auch außerhalb von Israel. Nach ihrer blutigen Machtergreifung in Gaza im 2007 (Israel hat sich bereits 2005 aus Gaza zurückgezogen), begann der Raketenterror der Hamas, zunächst gegen israelische Zivilisten im Süden des Landes, später auch gegen Städte in Zentralisrael. Es folgten auch regelmäßige und bis heute andauernde Anschläge mit Feuerballons, die sowohl Wälder als auch Felder vernichten.

 

Vielen der Israelfeinde – auch linken Gruppierungen – will bis heute nicht bewusstwerden, dass die Hamas eine terroristische, menschenverachtende, offen antisemitische, frauenfeindliche, fanatische, islamistische Organisation ist, die auch einen Märtyrerkult betreibt und in ihrer Charta (Artikel 7) zum Mord an Juden aufruft. Dass es mit derartigen Bewegungen, die jeden Frieden mit Israel und sogar die Zweistaatenlösung ablehnen, unmöglich ist einen dauerhaften Frieden zu schließen, ist traurige Realität.

 

Ich hoffe mit meinem aktualisierten Text – der in mehreren Teilen, die jeweils aus einer Frage samt Antwort bestehen, sukzessive hier erschienen wird – selbst bei israelkritischen Personen, ein wenig Verständnis für die schwierige Situation Israels erwecken zu können.

 

Behauptung 1: „Wer Israel kritisiert, wird automatisch beschuldigt Antisemit zu sein.“

 

Kein vernünftiger Mensch argumentiert, dass Kritik an Israel automatisch mit antisemitischer Gesinnung gleichgesetzt werden muss. In Demokratien ist Kritik zulässig und wichtig. Jedes Land der Welt, so auch Israel, darf kritisiert werden. Ist aber eine Kritik unfair, einseitig, destruktiv und hasserfüllt, dann darf diese Art der Kritik zurückgewiesen werden.

 

Es existiert jedoch eine besondere Variante der Israelkritik, die hier kurz besprochen werden soll. Sie ist gekennzeichnet durch folgende Kriterien:

 

  • Delegitimierung: „Israel hat keine Existenzberechtigung“, das jüdische Volk – als einziges Volk der Erde – hat kein Recht auf Selbstbestimmung.
  • Dämonisierung: „Israel als Hort des Bösen“
  • Doppelstandard der Kritik: Kein anderes Land der Welt, wird dermaßen scharf wegen „Menschenrechtsverletzungen“ kritisiert wie Israel, nicht einmal Länder, die Menschenrechte mit Füssen treten, wie China, Russland, Iran oder Saudi-Arabien.

 Man spricht auch von den „3-Ds“ nach Nathan Sharansky.

 

Kommen zu diesen Beschuldigungen noch Holocaustleugnung, Nazivergleiche Israels, Leugnung der Verbindung des Judentums zum Land Israel, das Hinzufügen von antisemitischen Stereotypien – wie etwa: Bezugnahme auf „Die Protokolle der Weisen von Zion“, Weltherrschaftsfantasien, Rachezitate aus dem „Alten Testament“ –, das Gutheißen von Anschlägen gegen jüdische Zivilisten in Israel und weltweit oder die Verneinung des Selbstverteidigungsrechts Israels – hier gelten für Israel scheinbar andere Spielregeln als für alle anderen Staaten der Welt – hinzu, dann darf man diese Form der hasserfüllten Israel Kritik als antizionistischen Antisemitismus brandmarken.

 

Denn Antisemiten scheuen sich oft davor, Juden direkt zu attackieren, sie beschimpfen daher „die Zionisten“, meinen in Wirklichkeit jedoch „die Juden.“

 

Bemerkenswerterweise sind es manchmal Juden, die am lautesten gegen Israel und den Zionismus, teilweise mit den oben genannten Hassparolen, polemisieren. Weswegen jüdische Menschen wie Noam Chomsky, Norman Finkelstein, Judith Butler oder Tony Judt sich den Feinden Israels als Kronzeugen zur Verfügung stellen, ist nicht immer leicht zu beantworten.

 

Manchmal sind Faktoren wie jüdischer Selbsthass oder der Wunsch in bestimmten, vor allem linken Kreisen akzeptiert zu werden, ein wichtiges Motiv. In solchen Fällen kann durchaus der Vergleich mit der Taufe als Eintrittsticket in die bürgerliche Welt angebracht sein.

 

Behauptung 2: „Zionismus und die Politik der Zionisten können mit Kolonialismus, Apartheid und Rassismus gleichgesetzt werden.“

 

Wer solches behauptet verkennt die historischen Intentionen des Zionismus und die historischen und gesellschaftlichen Realitäten im Nahen Osten.

 

Wenn ein beliebiges Land seine Soldaten und Bürger in fremde Länder aussendet, um die Bevölkerung und die Ressourcen des besetzten Landes auszubeuten, spricht man von „Kolonialismus.“  Der Zionismus hingegen war stets eine nationale Befreiungsideologie, die das Selbstbestimmungsrecht für das jüdische Volk forderte und eine Heimstätte für in vielen Ländern verfolgte Juden in Palästina aufbauen wollte.

 

Die Juden, die nach Palästina auswanderten kamen nicht als Eroberer und Ausbeuter, sondern als Flüchtlinge vor Diskriminierung und Verfolgung.

 

Israel ist auch kein Apartheidstaat. Unter „Apartheid“ verstand man in Südafrika Rassentrennung auf Grund von wirren rassistisch-biologischen Vorstellungen. Farbige durften in Süd-Afrika nicht neben Weißen sitzen oder den gleichen Strand wie sie benützen. Sie konnten weder studieren, sich politisch betätigen, noch bestimmte Berufe ergreifen.

 

Doch die arabischen Staatsbürger Israels genießen volle demokratische Rechte, sie können sich politisch betätigen und hochwertige Berufe ergreifen. Sie werden auch nicht von den anderen Bürgern des Landes physisch separiert. In Israel gibt es – wie in jedem anderen Land – genügend Rassisten, doch es ist kein Land der Rassisten. Israel ist ein jüdischer und demokratischer Staat und das einzige demokratische Land im Nahen Osten und das ist, in Anbetracht dessen, dass das Land seit 73 Jahren mit Kriegen und tagtäglichem Terror leben muss, fast ein Wunder.

 

Israelgegner kritisieren oft das Rückkehrergesetz, das Juden aus aller Welt gestattet, nach Israel einzuwandern und die israelische Staatsbürgerschaft zu erwerben. Wer das israelische Rückkehrerrecht als „rassistisch“ kritisiert, müsste genauso die Praxis Deutschlands, deutschsprachige Menschen aus der ehemaligen Sowjetunion die Einreise zu gestatten und ihnen die Staatsbürgerschaft zu verleihen, hinterfragen.

 

Behauptung 3: „Rassismus ist per se ein Kennzeichen des Judentums und des Staates Israel.“

 

Genau das Gegenteil ist der Fall. Schon der biblische Glaube an ein einziges Elternpaar aller Menschen (Anmerkung: Die moderne Wissenschaft geht davon aus, dass die gesamte Menschheit ihren Ursprung in Ost-Afrika hat) und die Vorstellung, dass alle Menschen im Abbild Gottes erschaffen wurden, verbietet jede Form von Rassismus.

 

Wer die hebräische Bibel („Altes Testament“) und die mündliche Überlieferung, die im Talmud zusammengefasst ist, studiert wird bald feststellen, dass die freundliche Behandlung des Fremden, der im Land Israel wohnt („Ger“) wesentliche Vorschriften der jüdischen Religion darstellen. Dazu einige wenige Textbeispiele:

 

  • „Du sollst den Fremdling (der unter euch wohnt) lieben wie dich selbst und wer seine Rechte beugt ist verflucht“ (Lev 19,33-34; Dtn 10,19 und 27,19);
  • „Ist der Esel deines Feindes unter seiner Last zusammengebrochen, so geh nicht weiter, sondern hilf ihm“ (Ex 23,5);
  • „Wenn dein Feind hungrig ist, dann gib ihn zu essen und wenn er durstig ist, gib ihm zu trinken …“ (Spr. 25,21);
  • „Man versorge die Armen aus den Völkern mitsamt den Armen Israels, und man besuche die Kranken derer aus den Völkern mitsamt den Kranken Israels, und man begrabe die Toten derer aus den Völkern mitsamt den Toten Israels des Friedens wegen“ (Tal. Gittin 61a).

 Behauptung 4: „Israel hat keine Existenzberechtigung“

 

Dieses Argument ist ein Lieblingsargument aller (antisemitischen) Antizionisten. Für sie gilt das international anerkannte Recht auf Selbstbestimmung der Völker einzig und allein nicht für das jüdische Volk.

 

Genauso gut könnte man in diesem Zusammenhang polemisch die Existenzberechtigung anderer Staaten hinterfragen. Denn was für eine Existenzberechtigung haben etwa die USA oder Finnland, die auf Kosten der Ureinwohner Land nahmen und die dortigen Minderheiten unterdrückten? Dabei besaßen weder die Amerikaner noch die Finnen – anders als das jüdische Volk – vor der Landnahme ihrer jetzigen Heimat geistige, physische oder geschichtliche Bezüge zu diesen Gebieten.

 

Für strenggläubige Juden und Christen zeugen die Texte der Bibel dafür, dass das Land den Israeliten von Gott versprochen wurde. Selbst der Koran bestätigt diesen göttlichen Anspruch auf Palästina (siehe Suren: 5.21 und 7.137). Ein religiöses Judentum ohne Bezüge zum Heiligen Land kann es auch nicht geben, denn fast alle jüdischen Festivitäten und Traditionen haben ihren Ursprung in geschichtlichen Ereignissen, wie z. B. der Exodus aus Ägypten oder der Makkabäer-Aufstand gegen die griechischen Besatzer.

 

Gleiches gilt auch für viele der wichtigsten Gebete im Judentum, die eine enge Verbindung zum Land Israel und speziell zu Jerusalem ausdrücken. Auch wenn zu allen Zeiten in Palästina Nichtjuden neben Juden mehr oder weniger friedlich lebten, bleibt es eine historische Tatsache, dass nur das jüdische Volk im Gebiet des heutigen Israel, unter der Herrschaft von König David und später der Hashmonäer – seinen eigenen souveränen Staat besaß.

 

Selbst nach den kriegerischen Auseinandersetzungen mit Rom und der Zerschlagung des jüdischen Staates im Jahr 125 n. d. Z., existierten jüdische Gemeinden in ganz Palästina. Wenig bekannt ist auch die Tatsache, dass schon Ende des 19. Jahrhunderts die Bevölkerungsmehrheit in Jerusalem und Safed jüdisch war (nachzulesen in den alten Reiseberichten von nichtjüdischen Reisenden wie Sven Hedin, Titus Tobler und Gustav Hölscher).

 

Doch es gibt auch ein moralisches Recht Israels, als jüdischer Staat im ehemaligen Palästina zu existieren. Der prominente palästinensische Friedenskämpfer und ehemalige Präsident der Al-Quds Universität in Jerusalem Sari Nusseibeh formuliert in seinem Buch „Es war einmal ein Land“ dieses Recht mit den Worten:

 

„Die Palästinenser mussten sich darüber klarwerden, dass sie ihren Staat nur bekommen würden, wenn sie das moralische Recht Israels, als jüdischer Staat zu existieren, anerkannten“.

 

Dieses moralische Recht hat auch mit der Verfolgungs- und Diskriminierungsgeschichte der Juden in aller Welt – auch in den meisten islamischen Staaten zu tun.

 

Behauptung 5: „Die Welt hat doch, lange vor der dem ungerechten UNO-Teilungsplan von 1947, den Arabern Palästina als zukünftigen Staat versprochen.“

 

Diese Behauptung ist nachweislich falsch. Im Mai 1915 gab es zwar einen Briefwechsel zwischen dem britischen Hochkommissar in Ägypten Henry McMahon und Hussein ibn Ali, Sheriff von Mekka. McMahon, der die Unterstützung der Araber im Kampf gegen die Türkei suchte, versprach Hussein einen „unabhängigen arabischen Staat“, wobei er die Grenzen dieses Staates nie definierte und die Teile Syriens, die westlich von Damaskus, Homs und Hama liegen, ausdrücklich von dieser Zusage ausschloss.

 

Im Jahr 1917 erfolgte die Balfour-Deklaration, in der das Vereinigte Königreich sich mit den Bestrebungen der Zionisten einverstanden erklärte, in Palästina eine „nationale Heimstätte“ des jüdischen Volkes zu errichten. Fünf Jahre später beschloss der Völkerbund, dem 52 Staaten angehörten, die Anerkennung der historischen Verbundenheit des jüdischen Volkes mit Palästina.

 

Ein Jahr später (1923) wurde das Königreich Jordanien vom Völkerbundmandat abgetrennt. Um Jordanien zu errichten, wurden 80% des historischen Palästina dem neuen Staat zur Verfügung gestellt. Juden durften sich seither in Transjordanien nie mehr niederlassen.

 

Im Jahr 1937 gab es schließlich eine konkrete Teilungsempfehlung für den verbliebenen Rest von Palästina. Die Peel Kommission plante einen jüdischen Mini-Staat, der von Tel Aviv – die Stadt wurde 1909 gegründet – bis nach Galiläa reichen sollte. Dieser Teilungsplan, der von der zionistischen Führung angenommen wurde, ist von der arabischen Seite vehement abgelehnt worden.

 

Mit der Resolution Nummer 181 vom 19. November 1947, beschloss schließlich die UNO mit großer Mehrheit, einen neuen Teilungsplan für Palästina. Dabei sollten rund 55% von Rest-Palästina – also 12% vom historischen Gesamtpalästina – zum jüdischen Staat erklärt werden. Dort sollten 550.000 Juden und 350.000 Araber zusammenleben und Jerusalem sollte internationalisiert werden. Bemerkenswert ist auch die Tatsache, dass über die Hälfte des Bodens des geplanten jüdischen Staates – die Wüste Negev – damals als für Menschen unbewohnbar galt.

 

Auch diesem Teilungsplan stimmte die zionistische Führung zu, ganz im Gegensatz zur arabischen Seite. Die Behauptung, dass die arabische Seite diesen „ungerechten“ Plan nicht akzeptieren konnte ist daher unbegründet.

 

Behauptung 6: „Muslime und Juden haben bis zum Beginn der zionistischen Invasion Palästinas in allen arabischen Staaten friedlich und freundschaftlich miteinander gelebt.“

 

 Dass Juden und Christen in islamischen Staaten weder diskriminiert noch verfolgt wurden ist ein schönes Märchen. „Ungläubige“ – Juden und Christen – hatten in der gesamten islamischen Welt stets den Status von Dhimmis. Sie galten als Bürger zweiter Klasse, mussten eine Kopfsteuer entrichten und wurden auch bewusst gedemütigt.

 

Es war ihnen z. B. verboten nach Art des freien Mannes Waffen zu tragen, sie durften keine Pferde reiten (sondern nur Esel im seitlichen Damensitz), sie waren gezwungen eine spezielle Kleidung zu tragen, ihre Gotteshäuser mussten stets niedriger gebaut werden als Moscheen, sie konnten bestimmte Berufe nicht ergreifen, durften keine muslemischen Sklaven halten oder muslemische Frauen heiraten und ihre Stimme galt wenig vor Gerichten.

 

Antijüdische – auch antichristliche – Massaker und Zwangsbekehrungen zum Islam waren in islamischen Ländern keine Seltenheit. Die Liste derartiger Ereignisse ist lang, auch wenn die Heftigkeit der Pogrome um einiges geringer war als die in europäischen Staaten. Bekannt sind u. a. Pogrome in Fez im Jahr 1033 mit 6000 Toten, in Granada 1066 mit 4000 Toten und viele weitere Verfolgungswellen in allen islamischen Staaten zu allen Zeiten.

 

Unvergessen sind auch die Massaker von Jaffa 1921, Hebron 1929 und 1936, in Bagdad 1941 oder in Aleppo 1948. Eine besondere Rolle in der Judenhetze zu Beginn des 20. Jahrhunderts spielte der Großmufti von Jerusalem Amin Al-Husseini, ein enger Freund Hitlers und Mitschuldiger am Tod zigtausender Juden in Bulgarien und Rumänien.

 

Behauptung 7: „Die Palästinenser waren und sind unschuldige Opfer der Zionisten, der Europäer und des Staates Israel.“

 

 Dass die schweren Judenverfolgungen in Europa zum Aufkommen des Zionismus – der Ideologie vom Selbstbestimmungsrecht des jüdischen Volkes in der alten Heimat – maßgeblich beitrugen, bestreitet niemand. Doch, wie oben dargestellt, gab es zu allen Zeiten, auch Diskriminierung und Gewalttaten gegen Juden in allen islamischen Staaten. Heute leben in Israel Millionen Nachkommen vertriebener Juden aus arabischen Staaten, die mit Sicherheit keine Sehnsucht nach ihren ehemaligen „Heimatländern“ verspüren.

 

Wer heute zu Recht das Los der arabischen Flüchtlinge aus Palästina beklagt, sollte sich aber auch folgende Tatsachen in Erinnerung rufen: zur Zeit des UNO-Teilungsplanes für Palästina im Jahr 1947 lebten bereits 550.000 Juden, neben 1,2 Millionen Araber im heutigen Staatsgebiet von Israel, der Westbank und Gaza.

 

Der damalige Teilungsplan sah ein friedliches Zusammenleben von Juden und Arabern im neu zu gründenden jüdischen Staat vor, in dem rund 350.000 Araber leben sollten und die Internationalisierung Jerusalems vorgesehen war.

 

Hätte die gesamte arabische Welt – inkl. der in Palästina lebenden Araber – nicht den von der zionistischen Führung angenommenen Teilungsplan in Bausch und Bogen abgelehnt, wäre ein Krieg mit all seinen schlimmen Folgen abgewendet worden und die Palästinenser hätten ihren unabhängigen Staat in Palästina erhalten.

 

Gleich nach der Bekanntgabe des UNO-Teilungsplan im November 1947 kam es zu antijüdischen Ausschreitungen, zur sechs monatige Belagerung von Jerusalem durch palästinensische Milizen und dem Eingreifen der „Arabischen Befreiungsbewegung“ von Syrien aus.

 

Am 15. Mai 1948 – einem Tag nach Ausrufung des Staates Israel – griffen die vereinigten Armeen von Ägypten, Jordanien, Syrien, Irak und des Libanon den jungen, damals noch fast wehrlosen Staat Israel an, im Bestreben ihn zu vernichten. Die arabischen Führungen hielten die Juden für keine ernsthaften Gegner und stritten sich – wie man in Sari Nusseibehs „Es war einmal ein Land“ nachlesen kann – schon vorab, wem der Verdienst des glorreichen Sieges zufallen sollte.

 

Im Zuge der Kriegshandlungen, die mit einer militärischen Niederlage der Invasoren endete, flüchteten nach Angaben des UNO-Hilfswerk 650.000 Menschen aus ihren Häusern, die Mehrzahl von ihnen in Panik, aber auch aus Angst vor einer Wiederholung des abscheulichen Massakers von Dir Jassin im April 1948 durch rechtsradikale Milizen, bei dem zwischen 80 und 120 Zivilisten ihr Leben verloren, oder in der Annahme, dass die Juden bald aus Palästina vertrieben werden würden und sie bald in ihre Heimatorte zurückkehren könnten.

 

Doch 160.000 Araber blieben im Land und wurden, nach Beendigung der Kämpfe, zu Staatsbürgern Israels. Die Behauptung, dass all die Flüchtlinge von den Zionisten gewaltsam vertrieben wurden entspricht nur teilweise den historischen Gegebenheiten.

 

Der kritische Historiker Benny Morris konnte nachweisen, dass es nie eine systematische Ausweisung der Araber aus Israel gab, auch wenn an mehreren Orten – wie etwa in Ramala, Lod und Jaffa – bedauerlicherweise gezielte Vertreibungen der Araber stattfanden. In anderen Städten, wie etwa Haifa, versuchten Militärs und Politiker die Araber zum Bleiben zu überreden, was ihnen aber, wegen der Gräuelpropaganda arabischer Politiker – auch des Großmuftis von Jerusalem – misslang.

 

Es ist daher unfair, Israel alle Schuld an der Flüchtlingstragödie der Palästinenser in die Schuld zu schieben.

 

Eine „Nakba“ (Katastrophe) erlebten nicht nur die Palästinenser, sondern auch die israelischen Juden. Bei den Kämpfen um Israel fielen 6.000 Soldaten, also 1% der damaligen jüdischen Gesamtbevölkerung. Auf Österreich übertragen, würde das dem Tod von rund 90.000 jungen Menschen bedeuten.

 

Dazu kommt auch noch die Vertreibung aller Juden aus der Westbank und der Altstadt von Jerusalem und der Exodus von 900.000 arabisch stämmiger Juden aus fast allen islamischen Staaten der Region. Diese Menschen mussten ihr gesamtes Hab und Gut in ihren Heimatländern zurücklassen. Von den 900.000 Vertriebenen, landeten schließlich 650.000 Juden in Israel, wo sie aufgenommen und integriert wurden.

 

Dazu einige sehr grundsätzliche Anmerkungen zur Flüchtlingsproblematik:

 

  1. Praktisch jeder größere Krieg, egal wo, produziert Flüchtlinge, weswegen die Schuldfrage gestellt werden muss. Denn, dass die Seite, die mutwillig einen Krieg auslöst, der dann zu Fluchtbewegungen führt, an derartigen Flüchtlingstragödien die Hauptschuld trägt, ist offensichtlich. Diese Aussage gilt auch für die Tragödie der Palästina-Flüchtlinge.
  2. Die Welt ist voll mit Flüchtlingen, doch über die meisten der Heimatlosen wird nicht oder kaum gesprochen. Ich erinnere nur an das Los der Sudetendeutschen und der Finnen, die Stalin aus Karelien vertrieben hat. Dass über sie nicht gesprochen wird hat einen einfachen Grund und dieser lautet: diese Flüchtlinge wurden in Deutschland bzw. in Finnland aufgenommen und integriert.
    Doch die arabischen Staaten dachten nicht an eine Integration ihrer Brüder und Schwestern. Sie sperrten die Flüchtlinge in Lager ein, verweigerten ihnen die Staatsbürgerschaft und benützen sie seither als politisches Druckmittel. Das war und ist ein Verbrechen, das aber offensichtlich nur wenigen Menschen in Europa bewusst ist.
  3. Anders als die meisten anderen Flüchtlinge dieser Welt, wurden – und werden immer noch – die palästinensischen Flüchtlinge von der UNO mit Milliardenbeträgen unterstützt, anstatt die „Gastländer“ dazu zu bewegen, die Flüchtlingslager aufzulösen und die Menschen zu integrieren. Damit trägt die UNO aktiv dazu bei, das palästinensische Flüchtlingsproblem aufrechzuerhalten, was weltweit eine Einzigartigkeit darstellt.

  Behauptung 8: Israel führt immer wieder kolonialistische Kriege, um sein Staatsgebiet zu erweitern.“

 

Alle großen Kriege, die Israel in den vergangenen Jahrzehnten führen musste, wurden durch arabische Staaten ausgelöst.

 

Im Jahr 1948 überfielen fünf arabische Staaten den gerade ausgerufenen Staat Israel, mit der klaren Absicht ihn zu vernichten und seine jüdischen Bewohner zu vertreiben. Dass es nicht dazu kam, liegt lediglich daran, dass Israel im Unabhängigkeitskrieg die Oberhand gewann.

 

Weltweit sind mir keine großen Kriege bekannt, die nicht zu Gebietsverschiebungen führten. Israel erweiterte, nach dem siegreich beendeten Verteidigungskrieg, sein Staatsgebiet um 23% – das ist rund ein Viertel des Gebiets vom Bundesland Niederösterreich – und verlor hingegen das jüdische Viertel der Altstadt von Jerusalem, inkl. der „Klagemauer“, dem wichtigsten Heiligtum des Judentums. Aus diesen verlorenen Gebieten, die danach zu Jordanien gehörten, wurden alle Juden vertrieben.

 

Auch die Schuldfrage für den Sechstagekrieg kann eindeutig beantwortet werden: im Jahr 1967 befahl der ägyptische Präsident Gamal Abdel Nasser, seiner – von Russland hoch aufgerüsteten und zahlenmäßig starken Armee – den Aufmarsch an der Grenze zu Israel. Ägypten verbündete sich mit Syrien und Jordanien und ein ägyptischer General übernahm damals den Oberbefehl über die jordanische Armee.

 

Nachdem Nasser die im Sinai stationierte Friedenstruppe der UNO gewaltsam vertrieben hatte, sperrte er die Straße von Tiran, den einzigen Zugang zum Hafen von Eilat für israelische Schiffe. Lautstark verkündeten die Ägypter ihre Absichten: Sie teilten den Israelis mit, dass sie nun Israel vernichten und die Juden ins Meer treiben werden.

 

Wegen dieser Bedrohung durch die hochgerüsteten arabischen Armeen (mit insgesamt 250.000 Soldaten, 2000 Panzern und 700 modernen MIG-Kampfflugzeugen) und der Bedrohung durch die PLO, deren damaliger Anführer – Ahmad Shukeri – die islamische Welt zum Heiligen Krieg gegen Israel aufrief, musste Israel eine Vollmobilmachung anordnen und alle Reservisten zur Armee einberufen. Das hatte zur Folge, dass die Wirtschaft Israels nach wenigen Wochen am Rande des Zusammenbruches stand.

 

Unter all diesen Umständen ist es nicht verwunderlich, dass Israel am 5. Juni 1967 – also 3 Wochen nach dem militärischen Aufmarsch der Ägypter – einen Präventivschlag führte und die ägyptische Armee in sechs Tagen besiegte.

 

Getäuscht durch die ägyptische Siegespropaganda, befahl König Hussein von Jordanien seiner Armee einen Angriff auf Israel und ließ das UNO-Hauptquartier im Süden Jerusalems, besetzen. Auf den Beschuss der Neustadt von Jerusalem und der Küstenstadt Netanja durch die jordanische Armee, reagierte die israelische Regierung mit einer Botschaft an König Hussein, indem er gebeten wurde, alle Kriegshandlungen sofort zu beenden. Im Gegenzug versicherte Israel König Hussein, sein Staatsgebiet nicht anzugreifen, wenn der Beschuss israelischer Städte eingestellt wird.

 

Erst als die Jordanier ihre Angriffe nicht beendeten, entschloss sich Israel zu einem Gegenangriff, der mit der Niederlage der jordanischen Armee und der Eroberung der Altstadt von Jerusalem sowie der Westbank endete.

 

Auch Syrien wollte die vermeintliche militärische Niederlage Israels ausnutzen und griff Israel im Norden an. Die Aggression der Syrer endete ebenfalls mit einer Niederlage, und Syrien verlor die strategisch wichtigen Golanhöhen – von denen aus die syrische Armee jahrelang immer wieder israelische Dörfer und Kibbuzim beschossen hatte.

 

Sechs Jahre später, im Jahr 1973, überfielen erneut die vereinigten Armeen von Ägypten und Syrien, ausgerechnet an Yom Kippur (dieser Versöhnungstag ist der höchste jüdische Feiertag überhaupt) den Staat Israel und verloren, nach anfänglichen militärischen Erfolgen, auch diesen Krieg, wobei auf israelischer Seite 2.500 Tote und 7.500 Verwundete zu beklagen waren.

 

All die angeführten Kriege waren Angriffskriege der arabischen Staaten gegen Israel und keine von Israel ausgelösten „kolonialen“ Kriege. Ohne die Kriege von 1948 und 1967 wären noch heute das gesamte Westjordanland (inkl. der Altstadt von Jerusalem) und Gaza in arabischer Hand, und die Palästinenser hätten längst ihren so herbeigesehnten eigenen Staat ausrufen können.

 

Behauptung 9: „Terroranschläge von Palästinensern sind lediglich eine Reaktion auf die Besetzung der Westbank, Gazas und der Altstadt von Jerusalem durch Israel.“

 

Terroranschläge gegen die jüdische Zivilbevölkerung gibt es nicht erst seit dem Jahr 1967, in dem die Westbank, Gaza und die Altstadt von Jerusalem den Arabern verloren gingen.

 

Schon 1920 und 1929 zettelten islamische Geistliche – allen voran der Großmufti von Jerusalem Amin Al-Husseini und Scheich Al-Kassam (nach dem die Raketen der Hamas benannt sind) – Aufstände und antijüdische Gewaltakte, mit vielen Toten und Verletzten an. So kamen beim antijüdischem Pogrom 1929 in Hebron 64 Juden ums Leben.

 

Nach dem Krieg von 1948 und der Errichtung des Staates Israel, setzte ein erbarmungsloser Terror gegen die israelische Zivilbevölkerung ein. Bei Attentaten der Fedajin (Terroristen die über die schlecht bewachte Grenze in Israel eindrangen) und mittels gezielter Todesschüsse in Jerusalem durch jordanische Scharfschützen, die auf der Altstadtmauer postiert waren, starben allein zwischen 1951 und 1955 an den langen Grenzen zu Jordanien 500, an der ägyptischen Grenze 360 und an der libanesischen Grenze 60 Menschen.

 

Unvergessen bleiben auch die blutigen Anschläge gegen den Flughafen Lod – heute Ben-Gurion-Flughafen – und gegen die Olympiamannschat Israels in München im Jahr 1972. Eine Statistik über die Tausende gerade noch rechtzeitig vereitelten Anschläge existiert bisher keine.

 

Mit den Selbstmordanschlägen durch islamistische Fanatiker des Palästinensichen Islamischen Jihad, der Al-Aksa-Brigaden der Fatah und der Hamas seit 1994 (gerade als erstmals vielversprechende Friedensgespräche zwischen Israel und der PLO stattfanden) setzte eine neue, besonders schlimme Terrorwelle ein. Hauptziele der Selbstmordattentäter, die als Belohnung für ihre Heldentaten einen Platz im Paradies und Jungfrauen in großer Zahl erwarteten, waren Supermärkte, Busse, Kindergärten und Restaurants. Dabei kamen hunderte unschuldiger Zivilisten ums Leben.

 

Auch der langjährige Raketenbeschuss israelischer Städte im Norden- und im Süden des Landes durch die PLO, der Hisbollah und der Hamas sind Terrorakte gegen Zivilisten, die durch nichts entschuldigt werden können.

 

Behauptung 10: „Israel ist kein demokratischer Staat. Das Land besitzt weder eine Verfassung, noch sind in Israel Staat und Religion getrennt“

 

 Auch andere Staaten, die mit Sicherheit Demokratien sind, haben keine schriftliche Verfassung. Zu ihnen zählen: Kanada, Neuseeland und das Vereinigte Königreich. Keine Trennung von Staat und Religion finden wir zum Beispiel in Finnland.

 

Demokratie ist gekennzeichnet durch: Rechtsstaatlichkeit, Pluralismus, Meinungsfreiheit, Parteienvielfalt und freie Wahlen. Ein demokratischer Staat garantiert seinen Bürgern Religionsfreiheit und Gleichheit vor dem Gesetz. Auch der Minderheitenschutz ist ein Charakteristikum einer Demokratie. Israel hat zwar keine Verfassung, doch die wichtigsten bürgerlichen Rechte sind schon in der Unabhängigkeitserklärung vom 14. Mai 1948 klar definiert. Dort heißt es:

 

 „Der Staat Israel … wird all seinen Bürgern, unabhängig von Religion, Rasse oder Geschlecht, volle soziale und politische Gleichberechtigung gewähren und es wird Freiheit in Religion, Gewissen, Sprache, Erziehung und Kultur gewährleistet.“

 

Außerdem wurden in Israel besondere Grundgesetze von der Knesset gebilligt, so z. B. über die freie Berufswahl und Menschenwürde, und das Prinzip „Grundgesetz vor dem einfachen Gesetz“ ist 1995 vom obersten Gerichtshof bestätigt worden.

 

Dieser oberste Gerichtshof hat schon oftmals Entscheidungen getroffen, die von religiösen Fanatikern und politischen Extremisten vehement kritisiert wurden und mit Morddrohungen gegen Richter verbunden waren. Israel hat außerdem auch den „International Convent on Civil and Political Rights“ 1991 unterzeichnet und legt seither jedes Jahr einen Bericht an die Menschenrechtskommission der UNO vor.

 

Es sollte auch nicht vergessen werden, dass die arabischen Staatsbürger Israels – heute sind es rund 20% der Bevölkerung – anders als in den meisten arabischen Staaten alle Vorteile eines demokratischen Staates genießen.

 

Wäre Israel ein Land, in dem Minderheiten schwer diskriminiert leben, dann gäbe es im Land keine arabischen Parteien, keine arabischen Abgeordnete im Parlament, keine arabische Beteiligung an der aktuellen Regierung, keine arabischen Zeitungen, kein arabisches Fernsehen, keine Straßenschilder in arabischer Sprache, keine gut besuchte Moscheen und israelische Araber könnten weder höhere Schulen und Universitäten besuchen, noch in allen möglichen hohen Positionen arbeiten.

 

Im Falle von Benachteiligungen steht es jedem Bürger Israels – so auch arabischen Staatsbürgern – frei, sich wegen Diskriminierung an das Oberste Gericht zu wenden, um Gerechtigkeit zu erlangen.

 

 

 

Theodor Much war von 1990 bis 2020 Präsident der jüdisch-liberalen Gemeinde Or Chadasch Wien und veröffentlichte als Sachbuchautor bislang 12 Bücher zu den Themen Aberglaube, Fundamentalismus, Scheinmedizin, Religion, Satire.

 

 

 

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