Jüdisches Lexikon

 

Jüdisches von A wie Alija bis Z wie Zedaka

 

A

 

Alija Seit dem babylonischen Exil existierte unter den Juden der Gedanke einer Rückkehr ins Gelobte Land. Heute bezeichnet der Ausdruck die nachträgliche Einwanderung ganzer Gruppen oder auch Einzelner nach Israel (»Alija machen«). Die erste große Alija aus Osteuropa, Russland, Rumänien und dem Jemen vollzog sich von 1882 bis 1904, die zweite von 1904 bis 1919, die dritte von 1919 bis 1923, die vierte ab 1924, die fünfte (vor allem Einwanderer aus Deutschland) zwischen 1932 und 1939.

 

B

 

Bar- und Batmizwa heißt »Sohn oder Tochter der Pflicht«. Der Begriff bezeichnet die Aufnahme in die Gemeinschaft der Personen, die die religiösen Gebote befolgen, für Jungen im Alter von 13 und Mädchen im Alter von 12 Jahren. Damit ist einerseits der Status der Religionsmündigkeit wie auch der Tag, an dem diese erworben wird, und die damit verbundene Feier gemeint.

 

Bracha bedeutet Segensspruch. Fromme Juden sprechen über jede Mizwa und über Essen bzw. Trinken eine Bracha. Die Speisen werden nach den jüdischen Speisegesetzen in verschiedene Kategorien eingeordnet, zu denen es jeweils eine Bracha gibt.

 C

 

Chag ist die hebräische Bezeichnung für Fest. Sameach ist das Wort für froh, fröhlich. »Chag sameach!« bedeutet »Frohes Fest!« und ist der traditionelle Gruß zu den Feiertagen.

 

Chametz bedeutet Sauerteig und bezeichnet Gesäuertes im Sinne der in der Tora genannten, an Pessach verbotenen Speisen. Es sind dies alle Nahrungsmittel, die eine der fünf Getreidearten Weizen, Roggen, Gerste, Hafer und Dinkel enthalten, die bei regulärer Verwendung zu Sauerteig oder mithilfe von Hefe oder anderen Backtriebmitteln verarbeitet werden. Nach dem jüdischen Religionsgesetz müssen sie vor Pessach aus dem Haus entfernt und jegliches Eigentum daran aufgegeben werden. Der Hintergrund dieses Brauchs ist, dass die Israeliten beim Auszug aus Ägypten, der am Pessachfest gefeiert wird, aufgrund des eiligen Aufbruchs keine Zeit hatten, den Teig säuern zu lassen und daher nur ungesäuertes Brot (Mazze) backen konnten.

 

Chanukka Das acht Tage dauernde, jährliche Fest erinnert an die Wiedereinweihung des Zweiten Tempels in Jerusalem im Jahr 165 v.d.Z. Nach der Überlieferung stand im geschändeten Tempel nur noch ein einziger Krug mit koscherem Öl zum Betrieb des siebenarmigen Leuchters bereit, dessen Inhalt gerade mal für einen Tag reichte. Für die Herstellung neuen geweihten Öls wurden aber acht Tage benötigt. Durch das Wunder von Chanukka hat das Licht jedoch genau so lange gebrannt, bis zusätzliches Öl hergestellt wurde. Daran erinnern die acht Lichter des Chanukka-Leuchters. Jeden Tag wird ein Licht mehr angezündet, bis am Ende alle brennen. Das Fest beginnt jeweils am 25. Tag des Monats Kislew (November/Dezember).

 

Chassidismus ist eine religiös-mystische Bewegung, die Mitte des 18. Jahrhunderts in der Ukraine entstand und sich zunächst bis nach Polen und Rumänien ausbreitete. Kennzeichnend ist der hohe Standard der Einhaltung religiöser Regeln, der moralische Anspruch sowie eine besondere Gottesnähe. Chassidische Zentren sind heute neben Jerusalem vor allem New York, London und Antwerpen.

 

Chumasch ist die Bezeichnung für die fünf Bücher Moses, abgeleitet vom hebräischen Wort »chamesch« (fünf). Diese bilden gemeinsam als Tora den ersten Hauptteil des Tanach, der Hebräischen Bibel, die von Christen »Altes Testament« genannt wird.

 

D

 

Diaspora bedeutet Zerstreuung und bezeichnet seit dem späten 19. Jahrhundert hauptsächlich religiöse oder ethnische Gruppen, die ihre traditionelle Heimat verlassen haben und, unter Andersdenkenden lebend, über weite Teile der Welt verstreut sind.

 E

 

Eretz Israel bedeutet Land Israel und ist die biblische Bezeichnung für den Staat der Juden bzw. Hebräer. Der Begriff wurde nach dem Beginn des politischen Zionismus im 19. Jahrhundert wieder aufgegriffen und wird auch im heutigen Staat Israel öfters verwendet.

 

Eruv (hebräisch für Mischung) bezeichnet einen wirklichen oder symbolischen Zaun um ein jüdisches Wohngebiet. Dabei kann dieser eine ganze Ortschaft oder einen Stadtteil betreffen, wie das in Israel üblich ist. Innerhalb des Eruvs findet die Schabbatregel, nichts tragen zu dürfen, keine Anwendung. 

F

 

Falafel sind frittierte Bällchen aus pürierten Bohnen oder Kichererbsen, Kräutern und Gewürzen. Der vegetarische Snack hat wahrscheinlich in Ägypten seinen Ursprung und gehört heute zur Küche des Nahen und Teilen des Mittleren Ostens sowie Nordafrika. In Israel gilt Falafel als Nationalgericht. Es wurde im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert von osteuropäischen jüdischen Einwanderern im Bestreben, sich von der europäischen Vergangenheit zu lösen und mit den örtlichen Gegebenheiten der neuen Heimat zu identifizieren, als lokales arabisch-palästinensisches Gericht übernommen.

 

Falaschen sind Äthiopier jüdischen Glaubens, die sich als Nachkommen des Stammes Dan betrachten und eine archaische Form des Judentums praktizieren. Seit 1975 werden sie endgültig als Juden anerkannt. Man bezeichnet sie oft auch als Beit Israel (Haus Israel)

 

Falaschmura bezeichnet eine vom israelischen Oberrabbinat als zwangschristianisierte Afrikaner ursprünglich jüdischen Glaubens definierte Gruppe. Der israelische Staat erlaubt deren Einwanderung. Dies hat im Wesentlichen damit zu tun, dass für die Zwangschristianisierten die mütterliche Linie postuliert wird. Nach der Einwanderung wird ein vereinfachter Re-Konversionsprozess zum Judentum durchgeführt, den man „Rückkehr zum Judentum“ nennt. Im Jahre 2010 gab es noch 8.000 Falaschmura, die in Äthiopien auf die Auswanderung nach Israel warteten. In den Alijawellen „Operation Moses“ (1984) und „Operation Salomon“ (1991) wurden viele Tausend ins Heilige Land gebracht. Mittlerweile leben dort etwa 100.000 äthiopische Juden. 

G

 

Goi ist ein hebräisches Wort, das »Nation« oder »Volk« bedeutet. Ursprünglich wurde der Begriff für jedes Volk verwendet, später bezeichnete er hauptsächlich Angehörige nichtjüdischer Völker.

 

H

 

Haggada ist ein meist reich bebildertes Buch, das im Rahmen des religiösen jüdischen Lebens Erzählungen und Handlungsanweisungen für den Seder-Abend beinhaltet. Am Abend von Pessach wird beim Festmahl mit der Familie gemeinsam daraus gelesen und gesungen. Das Buch, das teilweise auf Aramäisch und Hebräisch geschrieben ist (heute meist mit Übersetzung und einigen Erklärungen in der Landessprache), beschreibt die Vorgänge, die im zweiten Buch Moses nachzulesen sind: das Exil in Ägypten und den Auszug in die Freiheit; dazu kommen traditionelle rabbinische Ausschmückungen und Auslegungen dieser Geschichte.

I

 

Iwrit steht für Neuhebräisch (besser: modernes Hebräisch). Im hebräischen Sprachgebrauch wird keine Unterscheidung zwischen Alt-, Mittel- und Neuhebräisch gemacht. Iwrit ist die bewusste Weiterentwicklung des Alt- und Mittelhebräischen durch Sprachausbau und der bisher einzige gelungene Versuch, eine kaum noch mündlich gebrauchte Sprache wiederzubeleben und zu einer universal gebrauchten, modernen Standardsprache zu machen.

 

J

 

Jom Kippur ist der jüdische Versöhnungstag und gleichzeitig der höchste jährliche Festtag im Judentum. Er verlangt ein 25-stündiges Fasten und Gebet. Man versucht vor Jom Kippur, sich mit Menschen, mit denen man im Lauf des Jahres Probleme hatte, zu versöhnen, klärende Gespräche zu führen und die Begleichung materieller Schäden einzuleiten. Im jüdischen Kalender beginnt der Versöhnungstag bei Sonnenuntergang vor dem 10. Tischri (September/Oktober) und dauert bis zum nächsten Sonnenuntergang.

 

Jüdischer Kalender Etwa seit dem 4. Jh. n.d.Z. ist der jüdische Kalender ein mit dem Sonnenlauf verbundener Mondkalender mit zwölf bzw. dreizehn Monaten (Schaltjahr) von jeweils 29 oder 30 Tagen. Die Monate heißen: Tischri, Cheschwan, Kislew, Tewet, Schwat, Adar, Nissan, Ijar, Siwan, Tamus, Aw, Elul. Im Schaltjahr wird der Monat Adar zweimal gezählt (Adar Alef und Adar Bet). 

K

 

Kabbala ist die mystische Lehre und Tradition des Judentums, im weiteren Sinne auch die Bezeichnung für die jüdische Mystik und Zahlenmystik allgemein. Im engeren Sinn bezeichnet der Begriff die esoterische, theosophisch motivierte Bewegung, die im 13. Jahrhundert in Spanien und in der Provence ihren Anfang nahm. Sie wird seit Pico della Mirandola (1463-1494) auch in nichtjüdischen Kreisen fortgeführt. Die Wurzeln der Kabbala finden sich in der Tora. Neben jahrhundertelanger mündlicher Überlieferung dokumentiert die reichhaltige schriftliche kabbalistische Überlieferung verschiedene Elemente, darunter gnostische, neuplatonische und christliche.

 

Kabbalat Schabbat ist der »Empfang des Schabbats«. Der Begriff bezeichnet gleichzeitig den Zeitpunkt der Eingangsgebete im Abendgottesdienst für den Schabbat.

 

Kaddisch (aramäisch: heilig bzw. Heiligung) ist eines der wichtigsten Gebete im Judentum. Es entwickelte sich im ersten Jahrhundert n.d.Z, wobei sich der ursprüngliche Kernbestand erweiterte und der liturgische Gebrauch sich im Laufe der Jahrhunderte veränderte. Im Gegensatz zu fast allen anderen jüdischen Gebeten ist seine Sprache nicht nur Hebräisch, sondern auch Aramäisch. Das Kaddisch wird vor allem zum Totengedenken zitiert. Im Anschluss an einen Todesfall in der engeren Familie wird es vom (nächsten männlichen) Angehörigen elf Monate lang täglich gesprochen. Am Jahrestag eines Todesfalles wird es noch einmal wiederholt. Eine Besonderheit des Kaddisch ist, dass es nur gesprochen werden darf, wenn ein Minjan (d.h. zehn erwachsene jüdische Männer) anwesend ist.

 

Kiddusch ist vom hebräischen Wort kadosch (heilig) abgeleitet. Im Deutschen wird es meist mit »Segen«, »Segensspruch« oder »Heiligung« wiedergegeben. Der Kiddusch ist fester Bestandteil des Schabbat sowie anderer jüdischer Feiertage. Dabei wird eine Bracha über einen Becher Wein (Kidduschbecher), Brot und den besonderen Anlass gesprochen, um die Heiligkeit des Tages hervorzuheben.

 

Kippa (manchmal auch Jarmulka oder Kappel genannt) ist eine vor allem in Ausübung der Religion gebräuchliche Kopfbedeckung des jüdischen Mannes. Dabei handelt es sich um ein kleines kreisförmiges Stück Stoff oder Leder, zuweilen reich verziert, das den Hinterkopf bedeckt und manchmal mit einer Metallklammer an den Haaren befestigt ist. Ihre Machart lässt ungefähre Rückschlüsse auf die religiöse und/oder politische Orientierung ihrer Träger zu. Üblich ist die Kippa für Männer beim Gebet oder überhaupt an Gebetsorten wie beim Synagogenbesuch und auf Friedhöfen; viele orthodoxe Juden tragen sie auch im Alltag.

 

Koscher bezeichnet in der jüdischen religiösen Tradition rituell »reine«, »taugliche« oder »geeignete« Nahrungsmittel, Gegenstände oder Handlungen. Die Kaschrut (Lehre von den Speisegeboten) regelt, welche Nahrungsmittel zum Verzehr geeignet sind. Ihre hauptsächlichen Grundsätze sind in den fünf Büchern Moses festgelegt worden. Im Zentrum einer koscheren Lebensführung steht die Trennung von Fleisch- und Milchprodukten. Orthodoxe Juden legen diese Trennung so streng aus, dass sie dafür getrenntes Besteck, Ess- und Kochgeschirr verwenden, teilweise auch getrennte Kühlschränke, Herde, Spülbecken oder Geschirrspülmaschinen. In koscheren Restaurants gibt es zu diesem Zweck oft sogar zwei getrennte Küchen.

 

Krav Maga bedeutet Kontaktkampf und ist das Nahkampfsystem der israelischen Streit- und Sicherheitskräfte. Mittlerweile wird die zivile Form von Krav Maga auf der ganzen Welt unterrichtet. Je nach Zielgruppe variieren die Trainingsschwerpunkte. Privatpersonen sind vor allem an Selbstverteidigung sowie Nutzen für Gesundheit und Fitness interessiert. Im Sicherheitsbereich und bei der Polizei richtet sich das Hauptaugenmerk der Ausbildung auf Deeskalation, Eigen- und Personenschutz sowie Einsatztaktik. Im militärischen Sektor steht die Ausbildung für den Nahkampf an erster Stelle. Die Ursprünge des Krav Maga gehen auf Imrich Lichtenfeld (1910–1998) zurück, der in Bratislava aufwuchs und hier in den 30er-Jahren seine Kampfmethode lehrte, um die dort lebenden Juden gegen antisemitische Übergriffe zu schützen. Später emigrierte er nach Palästina und wurde nach Gründung des Staates Israel Nahkampfausbilder in der Armee. Sein Leben lang arbeitete er an der Weiterentwicklung des Krav Maga.

L

 

Lichtzünden bezeichnet das Anzünden der Kerzen vor Beginn des Schabbats oder Feiertages. Traditionell ist dies eine Pflicht der Hausfrau. Die besondere Heiligkeit des Schabbats erfordert, sich sehr pünktlich und gewissenhaft an die Ein- und Ausgangszeiten zu halten. Bei den Gottesdiensten werden diese Zeiten exakt benannt. Die angegebene Zeit für das Lichtzünden gibt den spätesten zulässigen Zeitpunkt an, an dem die Kerzen brennen müssen. Nach dem Anzünden gelten alle Gebote des Schabbats. 

M

 

Maariv ist das Abendgebet und eines der drei Gebete, die täglich verrichtet werden.

 

Machane bezeichnet ein Jugendlager bzw. Ferienfreizeitcamp, das regelmäßig im Jahr für Jungen und Mädchen von den jüdischen Gemeinden durchgeführt wird. Kann aber jede Art von Lager (Militärlager) heißen.

 

Mazza ist das ungesäuerte Brot, das eine Woche lang während Pessach gegessen wird. Mazzot werden aus Wasser und einer der fünf Getreidearten Weizen, Roggen, Gerste, Hafer oder Dinkel ohne Treibmittel hergestellt. Die Mazze erinnert daran, dass die Israeliten bei ihrem Auszug aus Ägypten keine Zeit hatten, den Teig säuern zu lassen, weil sie aus dem Land getrieben wurden. Um koscher für Pessach zu sein, unterliegt die Herstellung strenger rabbinischer Aufsicht.

 

Menora (hebräische Bezeichnung für Leuchter, Lampe) ist ein siebenarmiger Leuchter und eines der wichtigsten religiösen Symbole des Judentums. Sie hat ihre Ursprünge vermutlich in Babylonien und soll die Erleuchtung symbolisieren. Eine Sonderform ist die Chanukkija. Die siebenarmige Menora ist heute Wappen des Staates Israel.

 

Mesusa bezeichnet die von der Tora vorgeschriebene Schriftkapsel am Türpfosten, deren Text auf folgenden Abschnitt der Schrift zurückgeht: »Du sollst die Worte, die ich dir heute sage, schreiben an die Pfosten deines Hauses und an deine Türe« (5. Buch Moses 6,9 und 11,20). In einem traditionellen jüdischen Haushalt befindet sich an jedem Türrahmen eine Mesusa (außer am Badezimmer oder an Kellertüren und Abstellräumen). Die Mesusa wird in Armreichweite im oberen Drittel des (von außen gesehen) rechten Türpfostens geneigt angebracht, und zwar so, dass das obere Ende zum Raum zeigt.

 

Mikwe bezeichnet sowohl das Gebäude für das rituelle Tauchbad in einer jüdischen Gemeinde als auch dieses Tauchbad selbst. Das Wasser einer Mikwe muss »reinstes, lebendiges Wasser« sein. Daher wurden vielerorts sogenannte Grundwassermikwaot gebaut, die meist unter der Erde auf der Höhe des lokalen Grundwasserspiegels eingerichtet wurden. Während in historischen Mikwen das Wasser meist kalt war, ist es in modernen Einrichtungen in aller Regel geheizt.

 

Mincha ist das Nachmittagsgebet. Der Zeitpunkt ist nicht strikt festgelegt. Das Gebet hat mindestens eine halbe Stunde nach Ablauf der Hälfte des Tages und vor Einbruch der Dunkelheit zu erfolgen.

 

Minjan ist das Quorum von mindestens zehn religiös mündigen Juden, welches nötig ist, um einen Gottesdienst abzuhalten. Dieser findet im Regelfall in einer Synagoge statt. Gezählt werden männliche Beter ab dem vollendeten 13. Lebensjahr.

 

Mitzwa bedeutet »Vorschrift«, Gebot der Tora und ist die Bezeichnung jeder Handlung oder Tat, zu der ein Jude durch das Religionsgesetz verpflichtet ist. Sie wird entweder in der Tora genannt oder von den Rabbinern festgelegt. Im Talmud wird die Zahl der in der Tora enthaltenen Mitzwot mit 613 beziffert, ohne diese näher aufzuzählen. Erst spätere Gelehrte haben in ihren Werken die 613 Mitzwot fixiert (die Zehn Gebote sind ein Teil davon). Sie teilen sich auf in 365 Verbote und 248 Gebote. Eine der bekanntesten Aufzählungen und Erläuterungen der 613 Mitzwot ist das – im Mittelalter entstandene – »Sefer HaMitzwot« des jüdischen Rechtsgelehrten Maimonides (ca. 1135-1204).

 

Mussaf ist das Zusatzgebet am Schabbat, an den Festtagen und zu Rosch Chodesch (Monatsbeginn).

 

O

 

Omer-Zählen (wörtl. »Garbenzählen«) bezeichnet das rituelle Zählen eines jeden der 49 Tage zwischen Pessach und Schawuot. Der Brauch gründet im landwirtschaftlichen Charakter des jüdischen Jahres. Die Omer-Zeit ist die Zeit zwischen dem Beginn der Gersten- und dem Ende der Weizenernte. An Pessach wird nicht nur die Befreiung aus der ägyptischen Knechtschaft gefeiert, sondern auch für die ersten Früchte des Jahres gedankt. Noch vor dem ersten Brot aus der neuen Ernte wurden, der Tradition folgend, Garben in den Tempel gebracht. Am Ende des Omer-Zählens wird Schawuot gefeiert. Der erste Tag, ab dem gezählt wird, ist der zweite Seder-Abend. Historisch waren die Omer-Tage geprägt von Katastrophen für das jüdische Volk, deshalb werden in dieser Zeit keine Familienfeste gefeiert. Es gibt aber eine Ausnahme, den 33. Omer-Tag (18. Ijar). An diesem Datum, dem Lag BaOmer, können Hochzeiten veranstaltet werden. 

P

 

Parascha ist ein Leseabschnitt im Text der Tora. Im Gottesdienst am Schabbat wird die Tora als fortlaufender Text vorgelesen. Entsprechend den Wochen des jüdischen Jahres wurde sie im 3. Jh. n.d.Z. in 54 Abschnitte eingeteilt. Daher wird eine Parascha im Deutschen auch Wochenabschnitt genannt. Nach den Namen der Paraschijot (Plural von Parascha) werden im Judentum auch die Schabbatot selbst bezeichnet. Der Zyklus der Tora-Lesungen endet und beginnt an Simchat Tora, dem Torafreundenfest, das gleichzeitig der letzte Tag des Laubhüttenfestes ist. Falls das Jahr aufgrund von Feiertagen oder Schaltregelungen weniger Schabbatot hat, als für 54 Lesungen nötig wären, werden zwei aufeinander folgende Lesungen zusammen vorgetragen.

 

Pessach gehört zu den höchsten Festen im Judentum. Es erinnert an den Auszug aus Ägypten, die Befreiung der Israeliten aus der ägyptischen Sklaverei, mit der sie als eigenes, von Gott erwähltes Volk in die Geschichte eintraten. Die Nacherzählung (Haggada) verbindet jede neue Generation mit ihrer Ursprungsgeschichte. Pessach wird in der Woche vom 15. bis 22. Nissan (März/April) als Familienfest mit verschiedenen Riten gefeiert, darunter dem Seder in der Nacht des ersten Tages, bei dem die Haggada gelesen wird, und dem einwöchigen Verzehr von Mazze.

 

Purim wird am 14. Adar (Februar/März) gefeiert. In Schaltjahren findet Purim im zweiten Adar statt. Das Fest erinnert an die Errettung des jüdischen Volkes aus drohender Gefahr in der persischen Diaspora. Nach dem Buch Esther versuchte Haman, der höchste Regierungsbeamte des persischen Königs, alle Juden im Perserreich an einem Tag auszurotten. Königin Esther führte jedoch durch Fasten und Gebet die Rettung herbei. In der Synagoge wird aus diesem Anlass ein Gottesdienst gefeiert, bei dem es meist sehr fröhlich zugeht. Dabei wird auch die Festrolle des biblischen Buches Esther vorgelesen. Immer, wenn der Name Haman fällt, machen die anwesenden Kinder mit Tuten, Rasseln und Ratschen so viel Lärm wie möglich. 

Q

 

Qumran-Rollen sind die Schriftrollen vom Toten Meer (auch Qumranschriften), die zwischen 1947 und 1956 in den Felshöhlen nahe der Ruinenstätte Khirbet Qumran im Westjordanland entdeckt wurden. Sie umfassen rund 18.000 Fragmente von insgesamt etwa 850 Rollen aus dem antiken Judentum, die von mindestens 500 verschiedenen Personen zwischen 250 v.d.Z. und 40 n.d.Z. beschriftet wurden. Darunter sind etwa 200 Texte des späteren Tanach. Es sind die ältesten bekannten Handschriften der Bibel. Die meisten Rollen bestehen aus zu dünnem Pergament gegerbten Ziegen- oder Schafsleder, einige darunter sind aus Papyrus oder Kupfer. Der weitaus größte Teil der gefundenen Texte ist in Hebräisch verfasst, einige in Aramäisch oder Griechisch.

R

 

Rabbiner ist ein religiöser Titel. Er wird von hebräisch Raw oder aramäisch Rabbuni (Meister, Lehrer) abgeleitet. Andere Bezeichnungen sind Rebbe und Lehrmeister. Rabbi war um die Zeitenwende bis hinein ins Mittelalter ein Ehrentitel für besondere Tora-Gelehrsamkeit.

 

Rosch Chodesch bedeutet »Haupt des Monats« und ist der Neumondstag am Beginn des Monats. Die Monate des jüdischen Kalenders haben einen oder zwei Neumondstage, je nachdem, wann die Mondsichel das erste Mal sichtbar wird.

 

Rosch HaSchana ist das jüdische Neujahrsfest. Die Mischna, die wichtigste Sammlung religiöser Überlieferungen des rabbinischen Judentums, legt dieses Fest als Jahresbeginn und für die Berechnung von Kalenderjahren fest. Rosch HaSchana fällt auf den 1. und 2. Tischri (September/Oktober). Während des Gottesdienstes wird das Schofar, das Widderhorn, geblasen. Mit Rosch HaSchana beginnt eine Zeit der Umkehr und Sühne, die an Jom Kippur ihren Höhepunkt findet.

 

S

 

Schabbat (Jiddisch: Schabbes) ist der siebte Wochentag, der durch die Tora vorgeschriebene Tag, an dem keinerlei Arbeit verrichtet werden soll. Er hat seinen Ursprung in der hebräischen Bibel und wird auf Gottes Ruhe nach der vollendeten Schöpfung zurückgeführt: »Und Gott segnete den siebten Tag und erklärte ihn für heilig; denn an ihm ruhte Gott, nachdem er das ganze Werk der Schöpfung vollendet hatte« (1. Buch Moses 2,3). Der Schabbat beginnt am Freitagabend bei Sonnenuntergang und endet am Samstagabend nach Eintritt der Dunkelheit.

 

Schacharit ist das Morgengebet. Es wird unmittelbar nach Sonnenaufgang verrichtet.

 

Schächten bezeichnet das rituelle Schlachten von Tieren im Judentum und im Islam. Die Einhaltung des Schächtritus dient dem möglichst rückstandslosen Ausbluten des Tieres vor Eintritt des Todes, um die rituelle Reinheit des Fleisches zum menschlichen Verzehr zu garantieren. Der Verzehr von Blut ist im Judentum verboten.

 

Schawuot ist das jüdische Wochenfest, das 49 Tage nach Pessach am 6. Siwan begangen wird. Bei diesem Fest wird der Gabe der Tora am Berg Sinai gedacht. Die Lesung des Buches Ruth steht im Mittelpunkt des Gottesdienstes. Die Synagoge wird geschmückt, denn an diesem Tag symbolisiert sie den Sinai. Viele fromme Juden studieren die Nacht hindurch gemeinsam die Tora.

 

Schma Israel (»Höre Israel«) und die darauf folgenden Toraverse sind das zentrale und gleichzeitig älteste Glaubensbekenntnis des Judentums. Es beinhaltet die Erklärung zur Einheit und Einzigartigkeit Gottes (5. Buch Moses 6,4) sowie mehrere zentrale Gebote des Judentums.

 

Schoa ist die Bezeichnung für Holocaust (auch »Shoah«, »Schoah« oder »Shoa«) als Oberbegriff für die Verfolgung der Juden durch die Nationalsozialisten in den Jahren 1933 bis 1945. Die Schoa erreichte ihren Höhepunkt mit der sogenannten »Endlösung«, der Vernichtung des europäischen Judentums und dem Völkermord an mindestens sechs Millionen Menschen.

 

Seder ist das hebräische Wort für »Ordnung«, das als Kurzbezeichnung für den Sederabend verwendet wird. Zum Auftakt des Pessachfestes wird im Kreis der Familie oder Gemeinde des Auszugs aus Ägypten gedacht. Dies geschieht in einem langen, streng geregelten Ablauf – daher die Bezeichnung »Seder«. Es werden Texte aus der Haggada gelesen und Lieder gesungen. Der Tisch ist mit symbolischen Speisen gedeckt: Mazze als Zeichen der Eile, in der die Juden aus Ägypten geflohen sind, sodass sie nicht einmal den Brotteig säuern konnten; Salzwasser als Symbol des Weinens über die Zerstörung des Tempels; und der traditionelle Sederteller, auf dem sich unter anderem Bitterkraut als Zeichen der Knechtschaft in Ägypten und ein gesottenes Ei als Symbol für die Gebrechlichkeit menschlicher Geschicke, aber auch der Fruchtbarkeit, befinden. Stets steht auch ein Stuhl und ein Becher Wein für den Propheten Elijahu bereit, dessen Erscheinen man an diesem Abend erwartet.

 

Siddur ist die Bezeichnung für das jüdische Gebetbuch für den Alltag und den Schabbat. Dagegen ist Machsor das Gebetbuch für Feiertage. Der Siddur enthält Schacharit, Mincha und Maariw, das heißt Morgen-, Nachmittag- und Abendgebet sowie Segenssprüche für verschiedene Anlässe in der Synagoge oder zu Hause (Aufruf zur Toralesung, Anlegen des Tallit, Kiddusch usw.). Siddurim in der Orthodoxie beinhalten den tradierten hebräischen Text (mit Vokalisierung), während liberale Siddurim häufig auch zusätzliche Texte in der jeweiligen Landessprache enthalten. Heute sind die meistverwendeten Siddurim mit Übersetzungen ausgestattet.

 

Sukkot Das Laubhüttenfest ist eines der drei jüdischen Pilger- oder Wallfahrtsfeste (Pessach, Schawuot, Sukkot). Es wird im Herbst sieben Tage lang gefeiert – vom 15. bis 21./22. Tischri (September/Oktober). Der Name stammt von dem Brauch, in Erinnerung an die Wüstenwanderung aus Ästen, Blättern und Stoffplanen eine Laubhütte (Sukka) unter freiem Himmel zu bauen – im Garten, auf dem Hof oder dem Balkon. Hier werden die Mahlzeiten abgehalten, es wird gefeiert und religiöse Texte werden gelernt. Falls das Klima es zulässt, kann dort auch übernachtet werden. Das Bauen der Laubhütte soll daran erinnern, dass sich der Mensch in der Welt wenig auf Materielles verlassen kann. Gott hingegen verdient absolutes Vertrauen, weil er unvergänglich ist.

 

Synagoge ist das jüdisches Versammlungs- und Gotteshaus für Gebet, Schriftstudium und Unterweisung. Synagogen gibt es seit etwa 250 v.d.Z., zunächst in Ägypten, später in allen Gemeinden. Die älteste deutsche Synagoge steht in Worms (erbaut 1034). Die hebräische Bezeichnung für die Synagoge ist Beit Knesset (Haus der Versammlung), seltener Beit Tefila (Haus des Gebets), jiddisch auch »Schul«. Viele Synagogen sind unterteilt in den Gebetsraum und kleinere Räume zum Studium. Diese Lehrräume werden als Beit Midrasch (Haus der Lehre) bezeichnet. Hinzu kommen meist weitere Räume zu Versammlungszwecken (Kiddusch, Vorträge, Sitzungen etc.). 

T

 

Tallit wird im Deutschen als »Gebetsmantel« oder »Gebetsschal« bezeichnet, der von Männern während des Morgengebets getragen wird. Ein Tallit ist ein viereckiges weißes Tuch aus Wolle, Baumwolle oder Seide. Oft ist der Tallit mit schwarzen oder blauen Streifen durchzogen. Besonderes Charakteristikum sind die Ziziot (Schaufäden), vier lange weiße Fäden aus Wolle, die mehrfach geknotet sind. An jeder der vier Ecken des Tallit befindet sich ein solcher Strang aus vier geknoteten Fäden. Sie stehen für die 613 Gebote und Verbote.

 

Talmud ist nach dem Tanach das bedeutendste Schriftwerk des Judentums, Gesetzeskodex, bestehend aus den Hauptelementen Mischna und Gemara. Er ist sehr viel umfangreicher als die Bibel, vollständige Ausgaben kommen auf fast 10.000 Seiten in einem Dutzend Bänden. Es gibt verschiedene Traditionen des Talmud. Er liegt in zwei großen Ausgaben vor. Nach Umfang und inhaltlichem Gewicht ist der Talmud Bavli, der Babylonische Talmud, das bedeutendere Werk, das um das Jahr 500 n.d.Z. vollendet wurde. Er entstand in den relativ großen, geschlossenen jüdischen Siedlungsgebieten, die nach der Zerstörung Jerusalems durch die Römer im judenfreundlicheren Perserreich existierten. Daneben steht der erheblich kürzere, in seinen Bestimmungen oft weniger strenge und wichtige Talmud Jeruschalmi, der um das Jahr 400 n.d.Z. in Palästina entstand und daher der Palästinische oder Jerusalemische Talmud genannt wird. Wenn einfach vom Talmud gesprochen wird, ist in der Regel der babylonische gemeint.

 

Tanach ist die Heilige Schrift des Judentums. Er besteht aus den drei Hauptteilen Tora (»Weisung«), Nevi’im (»Propheten«) und Ketuvim (»Schriften«), deren Anordnung ihrem Alter und theologischem Rang weitgehend entspricht. Die Tora enthält Gottes bleibend gültige Erwählung der Israeliten und Offenbarung seiner Rechtsordnung, auf die die Schöpfung der Welt von Anfang an zielt. Darum ist dieser erste zugleich der theologisch wichtigste Hauptteil des Tanach, auf den die beiden später entstandenen Teile bezogen bleiben. Ihre Rangfolge spiegelt nach orthodoxem Glauben einen abnehmenden Grad an Inspiration. Die Tora beruht demnach auf direkter Zwiesprache Moses mit Gott, die Nevi’im beruhen auf gottgesandtem Wortempfang und die Ketuvim auf indirekter Beeinflussung durch den Heiligen Geist. Der Tanach entstand als Sammlung verschiedenster, religiöser und profaner jüdischer Schriften in einem komplexen Prozess von ca. 1.200 Jahren innerhalb der wechselvollen Geschichte Israels. Er wurde um das Jahr 100 n.d.Z. in 22 bzw. 24 Bücher eingeteilt und kanonisiert. In ihm wird die Geschichte der Schöpfung und des Volkes Israel über einen Zeitraum von etwa 1.300 Jahren erzählt

 

Tefillin auch Gebetsriemen genannt, sind zwei kleine viereckige Lederkapseln (»Gebetskapseln«) mit Lederriemen, die kleine Pergamentstreifen mit eingeschriebenen Bibelversen enthalten. Sie werden von Männern entsprechend den Vorschriften wochentags beim Morgengebet angelegt. Die Tora befiehlt, die Worte der Schrift auf den Arm zu binden und als Schmuck zwischen den Augen zu tragen. Dies geschieht in der Praxis durch das Anlegen der Tefillin an Kopf und Arm. Sie dienen als ein »Zeichen« und »Erinnerung«, dass Gott die Kinder Israels aus der Sklaverei in Ägypten befreit hat.

 

Tora (»Lehre«) bezeichnet die fünf Bücher Moses, die der erste und wichtigste Hauptteil des Tanach sind. Die Tora offenbart die Erwählung der Israeliten zum Volk Gottes, seinen Rechtswillen und seine Lebensordnungen. Sie erzählt von der Schöpfung und Urzeit, den Erzvätern, dem Auszug aus Ägypten, der Offenbarung der Gebote am Sinai und der Wanderung der Israeliten durch die Wüste bis zu ihrer Landnahme im Gelobten Land Kanaan. In diese Geschichtsüberlieferung eingebettet sind die 613 Mitzwot.

 

Tu BiSchwat ist der 15. Schewat und bezeichnet das »Neujahrsfest der Bäume«. Der nichtbiblische Feiertag markiert das Ende der Regenzeit und den Beginn der idealen Pflanzperiode in Israel. Er ist maßgeblich für die Altersbestimmung eines Baumes und gründet auf der Vorschrift, dessen Früchte nicht zu früh zu verzehren. Mit dem Tag verbinden sich unterschiedliche Bräuche. Zu den Mahlzeiten serviert man Früchte, die bis zu diesem Fest während des Jahres noch nicht gegessen wurden, vorzugsweise die »sieben Arten«, mit denen das Land gesegnet ist: Rosinen (Weintrauben), Nüsse, Feigen, Datteln, Oliven, Granatäpfel und Getreide. Inzwischen ist Tu BiSchwat vor allem ein nationaler Feiertag, an dem die Verbindung mit dem jüdischen Staat gefeiert wird und der der Beschäftigung mit Umweltschutz und nachhaltigem Wirtschaften gewidmet sein soll. In Israel pflanzen Schulkinder, Jugendliche und Erwachsene Setzlinge im ganzen Land. Ebenso wird zu Spenden für Aufforstungsprojekte aufgerufen.

Z

 

Zedaka Die Wohltätigkeit spielt in der jüdischen Tradition eine wichtige Rolle. Männer und Frauen sind ihr gleichermaßen verpflichtet. Nach Maimonides gibt es acht Stufen der Zedaka: dem Bedürftigen die Möglichkeit geben, sich selbstständig zu ernähren (Hilfe zur Selbsthilfe); wohltätig sein in einer Weise, dass der Spender und der Bedürftige nicht voneinander wissen; der Wohltäter weiß, wem er gibt, aber der Arme erfährt nicht von der Identität des Spenders; der Gebende kennt nicht die Identität des Bedürftigen, aber dieser kennt den Spender; geben, bevor man gebeten wird; geben, nachdem man gebeten wird; zwar nicht ausreichend, aber mit Freundlichkeit geben; mit Unfreundlichkeit geben.

 

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