Als Sephardim (hebräisch סְפָרַדִּים, Sfaradim; deutsch Sepharden) bezeichnen sich die Juden und ihre Nachfahren, die bis zu ihrer Vertreibung 1492 und 1513 auf der Iberischen Halbinsel lebten. Nach ihrer Flucht ließen sich die Sepharden zum größten Teil in Siedlungsgebieten des Osmanischen Reiches (Bosnien) und in Nordwestafrika (Maghreb) nieder. Ein kleiner Teil siedelte sich auch in Nordeuropa an, insbesondere in den Seehandelsstädten der Niederlande (unter anderem Amsterdam), und in Norddeutschland (vor allem in Hamburg), aber auch in Frankreich (Bordeaux, Bayonne), in Italien (Livorno, Ferrara), in Amerika, Indien und Afrika. Ihre Kultur beruhte weiterhin auf der iberischen Kultur. Darin unterscheiden sich Sephardim von den mittel- und osteuropäisch geprägten Aschkenasim.
Im griechischen Thessaloniki befand sich bis zur Besetzung durch deutsche Truppen im Jahr 1941 die wohl größte europäische sephardische Gemeinde; es hieß daher auch Jerusalem des Balkans.
Der Name Sephardim leitet sich von der in Obadja 20EU genannten Ort- oder Landschaft Sefarad (ספרד) ab, wo seinerzeit Angehörige der
Verlorenen Stämme des Nordreichs Israel lebten. Der Name wurde im Mittelalter auf die Iberische Halbinsel und die von dort stammenden Juden übertragen.
Auf der Iberischen Halbinsel waren bereits vor dem 1. Jahrhundert n. Chr. Juden ansässig.
Der Beginn des „Goldenen Zeitalters“ für die jüdische Bevölkerung auf der Iberischen Halbinsel wird normalerweise auf die Wirkungszeit von Chasdai ibn Schaprut angesetzt, eines jüdischen Diplomaten, der im 10. Jahrhundert im Dienst des in Cordoba residierenden umayyadischen Kalifen Abd ar-Rahman III. stand. In den folgenden Jahrhunderten wirkten in Spanien und Portugal bedeutende jüdische Gelehrte und Künstler, wie Moses und Abraham ibn Esra, Jehuda Halevi und Isaak Abrabanel.
Im Jahr 1391 kam es in Sevilla unter Ferrand Martinez zu einem Pogrom. Nach Abschluss der Reconquista Spaniens stellten die „katholischen Könige“ Ferdinand II. und Isabella I. mit dem Alhambra-Edikt vom Donnerstag dem 31. März 1492 die Juden Spaniens vor die Wahl zwischen Exil oder Konversion zum Christentum. Nach der Vertreibung aus Spanien ließ sich ein Teil von ihnen in Nordafrika nieder, vor allem in Marokko in den Städten Fès und Casablanca. Ein weiterer Teil wurde durch persönlichen Erlass des Sultans ins Osmanische Reich geholt, besonders nach Thrakien und Makedonien, dessen Hauptstadt Thessaloniki noch in der Zwischenkriegszeit einen jüdischen Bevölkerungsanteil von etwa 20 Prozent aufwies. Als Zentren des sephardischen Ritus gelten neben Fès und Thessaloniki die Städte Istanbul, Jerusalem, Safed, Kairo, Ancona, Edirne und Venedig.
Nach der Einführung der Inquisition in Portugal 1531 setzte die zweite Verfolgungswelle gegen die Juden in Portugal und Spanien ein. Außer Juden, die bei ihrem Glauben geblieben waren, wanderten auch viele Konvertiten und Marranen (zwangsweise getaufte Juden) aus. Ziele der Auswanderung waren nach wie vor Hafenstädte, da viele Flüchtlinge im Großhandel tätig waren. Zu diesen Städten zählen Casablanca, Bayonne, Bordeaux, Livorno, später auch Amsterdam, Hamburg und London und Fès im Binnenland. In Amsterdam wurde am 2. August 1675 die Portugiesische Synagoge eingeweiht. Im Gegensatz zu den früheren Auswanderern sprachen sie meist Portugiesisch oder Spanisch, nicht mehr Judenspanisch.
Die letzte große Einwanderungswelle erreichte Marokko während der Shoah im Zweiten Weltkrieg, oft als Zwischenstation ins überseeische Exil, zuweilen jedoch auch als ein Ziel der Emigration. Sultan Sidi Mohammed Ben Jussuf (König Mohammed V.) weigerte sich, die „Ausnahmegesetze“ des französischen Vichy-Regimes über die „Behandlung der Israeliten“ zu unterzeichnen. Die nordafrikanischen Juden hatten 1880 das französische Bürgerrecht erhalten und stellten unter anderem in Algerien einen bedeutenden Teil der europäischen Bevölkerung, waren jedoch in den Jahren 1940 bis 1944 antisemitischer Verfolgung ausgesetzt.
Nach der Entkolonialisierung setzte, auch wegen der zunehmenden antisemitischen Haltung der muslimischen Bevölkerung, eine Wanderung in umgekehrter Richtung ein: Viele sephardische Juden verließen Nordafrika in Richtung Israel oder in Richtung des französischen Mutterlandes. So besteht die große jüdische Gemeinde von Paris (ca. 200.000 Mitglieder) heute zum größten Teil aus Juden aus Nordafrika.
Im Februar 2014 legte die spanische Regierung einen Gesetzentwurf zur Wiedereinbürgerung von Nachfahren sephardischer Juden vor.
Die Hebraistik folgt in der Aussprache des masoretischen Textes hinsichtlich der Vokale der sephardischen Tradition. Die sephardische Aussprache zeichnet sich durch Realisierung des Qames als langes a aus, während man im Aschkenasischen ein kurzes o setzt.
Im gesprochenen Neuhebräisch (Ivrit) folgt die Aussprache der Vokale der sephardischen Tradition, während die Aussprache der Konsonanten stark europäisiert ist, das heißt unter anderem auf die emphatischen Laute verzichtet.
Die religiöse Schas-Partei in Israel versteht sich insbesondere auch als Wahrer der sephardischen Glaubensausprägung. Neben den Aschkenasim stellen die Sepharden in Israel einen eigenen Oberrabbiner.
Spanien vergibt 2014 die spanische Staatsangehörigkeit an die Nachkommen der Sephardim.
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