Der polnische Präsident Lech Kaczyński ist beim Absturz seines Dienstflugzeuges in der westrussischen Stadt Smolensk ums Leben
gekommen. Mit ihm starben nach russischen Angaben 96 weitere Insassen der Maschine; zuvor war von bis zu 132 Todesopfern die Rede gewesen. Es habe keine Überlebenden gegeben, sagte der Gouverneur
des Gebietes Smolensk, Sergej Anufrijew, im russischen Staatsfernsehen.
Das Flugzeug vom Typ Tupolew 154 stürzte unmittelbar vor dem Flughafen in einen Wald und fing Feuer. Zum Zeitpunkt des Absturzes am 10.04.2010 um 10.50 Uhr Ortszeit (8.50 Uhr MESZ) herrschte dichter Nebel. Die aus Warschau kommende Maschine war im Landeanflug gewesen, als sie auf Baumwipfel prallte, abstürzte und sofort Feuer fing.
Laut Anufrijew könnte ein Pilotenfehler Ursache des Unglücks gewesen sein. Der Pilot habe Empfehlungen der Fluglotsen ignoriert. Wegen des dichten Nebels sei er angewiesen worden, nicht in Smolensk sondern in Moskau oder Minsk zu landen. Er habe sich trotzdem für eine Landung entschieden. Nach mehreren vergeblichen Landeversuchen habe die Maschine dann mit den Tragflächen die Baumspitzen berührt.
An der Unglücksstelle südlich der westrussischen Stadt Smolensk lagen zahlreiche Wrackteile des in den polnischen
Nationalfarben Rot und Weiß gestrichenen Flugzeugs verstreut. Feuerwehrleute versuchten, das brennende Wrack zu löschen. Die russische Generalstaatsanwaltschaft teilte mit, dass als
Unglücksursache das neblige Wetter, ein technischer Defekt oder menschliches Versagen infrage kämen. Russlands Präsident Dimitri Medwedjew setzte eine Untersuchungskommission unter Leitung von
Regierungschef Wladimir Putin ein.
Kaczyński war mit einer Delegation auf dem Weg zu einer Gedenkfeier für die Ermordung polnischer Soldaten durch den sowjetischen Geheimdienst vor 70 Jahren im russischen Katyn. Der Ort liegt unweit von Smolensk. Unter den Opfern sind auch die Gattin des Präsidenten, Maria, der Zentralbankpräsident Sławomir Skrzypek sowie der Generalstabschef Franciszek Gagor und der stellvertretende Außenminister Andrzej Kremer. Auch ein Bischof und Angehörige der Opfer von Katyn waren in der Maschine, zudem zahlreiche Parlamentsabgeordnete und weitere hochrangige Militärs.
Nach dem tragischen Tod Kaczyńskis herrschte tiefe Betroffenheit in Warschau. Regierungschef Donald Tusk brach in Tränen aus, als er von der Nachricht hörte. Er rief das Kabinett zu einer Sondersitzung zusammen und kündigte seinen unverzüglichen Besuch an der Unglücksstelle an. "Die polnischen Ermittler sind bereits vor Ort", sagte der Regierungschef. Für Sonntagmittag ordnete der Regierungschef zwei Schweigeminuten in Polen an und verkündete eine einwöchige Staatstrauer. Erst am Mittwoch hatte Tusk auf Einladung seines russischen Kollegen Putin erstmals an einer offiziellen Gedenkfeier in Katyn teilgenommen.
Polens Ex-Präsident Lech Walesa erklärte, die "Elite der Nation" sei gestorben. An vielen Orten wurden Gottesdienste und Trauerfeiern veranstaltet. In Warschau legten Bürger Blumen vor dem Präsidentenpalast nieder und zündeten Kerzen an. Auf dem Präsidentenpalast wehte die Fahne auf halbmast.
Kremlchef Medwedjew sprach in einer TV-Ansprache mit ruhiger Stimme und in tiefer Trauer von einer "Tragödie". Er verspreche die sorgfältige Aufklärung der Tragödie in Zusammenarbeit mit den Behörden in Warschau, sagte der sichtlich betroffene Präsident in der Rede im russischen Staatsfernsehen. "Im Namen des russischen Volkes übermittle ich dem polnischen Volk tiefes und aufrichtiges Beileid und sage den Angehörigen und Hinterbliebenen der Opfer Unterstützung zu", sagte Medwedjew in der eindringlichen Rede. Alle Bürger Russlands seien erschüttert über die furchtbare Tragödie. Auch Russland werde an diesem Montag einen Staatstrauertag abhalten, sagte der Präsident. Das russische Staatsfernsehen spielte Trauermusik, während die Namen der getöteten Passagiere über den Bildschirm liefen.
Die Nachricht vom Tod Kaczyńskis löste international Betroffenheit aus. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Außenminister Guido Westerwelle kondolierten dem polnischen Volk. Merkel schrieb an Ministerpräsident Tusk: "Ganz Deutschland steht in dieser schweren Stunde in Mitgefühl und Solidarität an Ihrer und der Seite Polens." Westerwelle erklärte, das ganze deutsche Volk trauere mit den polnischen Nachbarn. Auch Bundespräsident Horst Köhler sprach seine "tief empfundene Anteilnahme" aus. Kaczyński habe sein Leben lang für ein freies Polen gekämpft.
Beileidsbekundungen kamen unter anderem auch von Papst Benedikt XVI., EU-Kommissionschef José Manuel Barroso, UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, US-Präsident Barack Obama, dem britischen Premierminister Gordon Brown, dem französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy und NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen.
86 hochrangige Persönlichkeiten tot
Der Flugzeugunglück im russischen Smolensk, bei dem alle 96 Insassen starben, hat ein ganzes Land in Schockstarre versetzt: Die Polen trauern nicht nur um ihren Präsidenten Lech Kaczyński und dessen Frau Maria. In der Maschine saßen neben acht Besatzungsmitgliedern und dem Präsidentenpaar auch 86 weitere hochrangige Vertreter des Landes: Spitzenpolitiker, Funktionäre, Kulturschaffende sowie nahezu die gesamte Armee-Führung.
Polens Ex-Präsident, der ehemalige Solidarnosc-Anführer Lech Walesa, drückte es am Tag der Tragödie deutlich aus: "Vor 70 Jahren haben die Sowjets in Katyn die polnische Elite ermordet. Heute ist erneut die polnische Elite ums Leben gekommen." Die Delegation um Kaczyński war auf dem Weg nach Katyn, wo sie der Opfer des Massakers an 22.000 Polen von 1940 gedenken wollten.
In alphabetischer Reihenfolge
Vorname Nachname Funktion
1. Joanna Agacka-Indecka Sicherheitsbeamtin (BOR)
2. Ewa Bąkowska Sicherheitsbeamter (BOR)
3. Andrzej Błasik General Kommandeur der Luftwaffe
4. Krystyna Bochenek stellvertretende Präsidentin des Senats (PO)
5. Anna Maria Borowska Sicherheitsbeamtin (BOR)
6. Bartosz Borowski Sicherheitsbeamter (BOR)
7. Tadeusz Buk General Kommandeur der Landstreitkräfte
8. Miron Chodakowski Erzbischof Brigadegeneral Orthodoxer Militärgeistlicher
9. Czesław Cywiński Sicherheitsbeamter (BOR)
10. Zbigniew Dębski Sicherheitsbeamter (BOR)
11. Leszek Deptuła Abgeordneter (PSL)
12. Grzegorz Dolniak Abgeordneter (PO)
13. Katarzyna Doraczyńska Präsidentenkanzlei
14. Edward Duchnowski Sicherheitsbeamter (BOR)
15. Aleksander Fedorowicz Übersetzer
16. Janina Fetlińska Senatorin (PiS)
17. Jarosław Florczak Sicherheitsbeamter (BOR)
18. Artur Francuz Sicherheitsbeamter (BOR)
19. F. Gągor General Stabschef der polnischen Armee
20. Grażyna Gęsicka Abgeordnete (PiS)
21. Kazimierz Gilarski General Kommandeur der Warschauer Garnison
22. Przemysław Gosiewski Abgeordneter (PiS)
23. Bronisław Gostomski Prälat
24. Robert Karol Grzywna Major, Flugzeugbesatzung
25. Mariusz Handzlik Unterstaatssekretär in der Präsidentenkanzlei
26. Roman Indrzejczyk Pfarrer Priester des Präsidenten
27. Paweł Janeczek Sicherheitsbeamter (BOR)
28. Dariusz Jankowski Staatssekretär in der Präsidentenkanzlei
29. Natalia Januszko Stewardess
30. Izabela Jaruga-Nowacka Abgeordnete (SLD)
31. Józef Joniec Pfarrer
32. Ryszard Kaczorowski der letzte Präsident Polens im Londoner Exil
33. Maria Kaczyńska Ehefrau des Präsidenten
34. Lech Kaczyński Präsident der Republik Polen
35. Sebastian Karpiniuk Abgeordneter (PO)
36. Andrzej Karweta Vizeadmiral Befehlshaber der Marine
37. Mariusz Kazana Direktor des diplomatischen Protokolls des polnischen Außenministeriums
38. Janusz Kochanowski Bürgerrechtsbeauftragter
39. Stanisław Komornicki Brigadegeneral
40. Stanisław Jerzy Komorowski Unterstaatssekretär im Verteidigungsministerium
41. Paweł Krajewski Sicherheitsbeamter (BOR)
42. Andrzej Kremer Stellvertretender Minister für auswärtige Angelegenheiten
43. Zdzisław Król Pfarrer Kaplan der „Katyn-Familien“
44. Janusz Krupski Leiter des Amtes für Kriegsveteranen und Repressionsopfer
45. Janusz Kurtyka Präsident des Institutes der Nationalen Erinne rung (IPN)
46. Andrzej Kwaśnik Pfarrer Kaplan der Föderation der „Katyn-Familien“
47. Bronisław Kwiatkowski General Befehlshaber der Einsatzkräfte
48. Wojciech Lubiński Präsidentenkanzlei
49. Tadeusz Lutoborski Sicherheitsbeamter (BOR)
50. Barbara Maciejczyk Stewardess
51. Barbara Mamińska Sicherheitsbeamter (BOR)
52. Zenona Mamontowicz-Łojek Sicherheitsbeamtin (BOR)
53. Stefan Melak Sicherheitsbeamter (BOR)
54. Tomasz Merta Unterstaatssekretär im Ministerium für Kultur
55. Andrzej Michalak Fähnrich, Flugzeugbesatzung
56. Dariusz Michałowski Sicherheitsbeamter (BOR)
57. Stanisław Mikke Sicherheitsbeamter (BOR)
58. Justyna Moniuszko Stewardess
59. Aleksandra Natalli-Świat Abgeordnete (PiS)
60. Janina Natusiewicz-Mirer Sicherheitsbeamtin (BOR)
61. Piotr Nosek Sicherheitsbeamter (BOR)
62. Piotr Nurowski Präsident des Polnischen Olympischen Komitees
63. Bronisława Orawiec-Löffler Sicherheitsbeamtin (BOR)
64. Jan Osiński Pfarrer Oberstleutnant Militärgeistlicher
65. Adam Pilch Pfarrer Oberst Evangelischer Militärgeistlicher
66. Katarzyna Piskorska Sicherheitsbeamtin (BOR)
67. Maciej Płażyński Leiter der Vereinigung „Polnische Gemeinschaft“
68. Tadeusz Płoski Bischof Divisionsgeneral Katholischer Militärpfarrer
69. Agnieszka Podródka-Więcławek Sicherheitsbeamtin (BOR)
70. Włodzimierz Potasiński General Kommandeur der Spezialeinsatzkräfte
71. Arkadiusz Protasiuk Kapitän/Pilot
72. Andrzej Przewoźnik Generalsekretär des Rates zum Schutz des Andenkens an den Kampf und das Martyrium des polnischen Volkes
73. Krzysztof Putra stellvertretender Präsident des Sejms (Parlament PiS)
74. Ryszard Rumianek Ks. Sicherheitsbeamter (BOR)
75. Arkadiusz Rybicki Abgeordneter (PO)
76. Andrzej Sarjusz-Skąpski Sicherheitsbeamter (BOR)
77. Wojciech Seweryn Sicherheitsbeamter (BOR)
78. Sławomir Skrzypek Präsident der Polnischen Nationalbank (NBP)
79. Leszek Solski Sicherheitsbeamter (BOR)
80. Władyslaw Stasiak Leiter der Präsidentenkanzlei
81. Jacek Surówka Sicherheitsbeamter (BOR)
82. Aleksander Szczygło Leiter des Büros für Nationale Sicherheit
83. Jerzy Szmajdziński stellvertretender Präsident des Sejms (SLD)
84. Jolanta Szymanek-Deresz Abgeordnete (SLD)
85. Izabela Tomaszewska Sicherheitsbeamtin (BOR)
86. Marek Uleryk Sicherheitsbeamter (BOR)
87. Anna Walentynowicz Mitbegründerin und Ikone der Danziger Solidarnosc
88. Teresa Walewska-Przyjałkowska Sicherheitsbeamtin (BOR)
89. Zbigniew Wassermann Abgeordneter (PiS)
90. Wieslaw Woda Abgeordneter (PSL)
91. Edward Wojtas Abgeordneter (PSL)
92. Paweł Wypych Staatssekretär in der Präsidentenkanzlei
93. Stanisław Zając Senator (PiS)
94. Janusz Zakrzeński Sicherheitsbeamter (BOR)
95. Artur Ziętek Oberleutnant, Flugzeugbesatzung
96. Gabriela Zych Sicherheitsbeamter (BOR)
Das ganze Land trauert um seinen Präsidenten Lech Kaczyński. Der Sarg mit dem Leichnam des polnischen Präsidenten ist mittlerweile in Warschau angekommen. Der amtierende Staatschef Bronisław Komorowski, Ministerpräsident Donald Tusk, Kaczyńskis Zwillingsbruder Jaroslaw und andere Politiker kamen zum Flughafen, um dem Toten die Ehre zu erweisen. Nach einer kurzen Zeremonie soll der Sarg in den Präsidentenpalast gefahren werden, wo der Präsident öffentlich aufgebahrt wird.
Der Leichnam der Präsidentengattin Maria, die mit an Bord der Unglücksmaschine gewesen war, konnte nach Angaben der polnischen Präsidentschaft noch nicht identifiziert werden. Er sei deshalb nicht wie ursprünglich geplant nach Warschau überführt worden.
Zuvor hatte sich Russland mit militärischen Ehren von Kaczyński verabschiedet. Vom Flughafen der westrussischen Stadt Smolensk wurde der Leichnam des Präsidenten auf die Heimreise geschickt. An der Abschiedszeremonie nahm auch der russische Ministerpräsident Wladimir Putin teil, der eine Kommission zur Aufklärung der Katastrophe leitet.
Die russische Staatsanwaltschaft schließt eine technische Ursache für den Absturz des Flugzeuges aus. Die Maschine vom Typ Tupolew sei in einwandfreiem Zustand gewesen, sagte Chefermittler Alexander Bastrykin. Nach Auswertung des Stimmenrekorders im Flugzeug gebe es in den aufgezeichneten Gesprächen zwischen dem Piloten und dem Tower keine Hinweise auf technische Probleme. Vielmehr sei der Pilot mehrfach auf die schlechte Wetterlage und den Nebel hingewiesen worden und habe trotzdem mehrere Landeversuche unternommen, sagte Bastrykin. Mehr als 40 russische Experten waren am Unglücksort zur Spurensuche im Einsatz.
Zum Zeichen der Solidarität mit dem tödlich verunglückten Kaczyński und weiteren Spitzenpolitikern hielt das Land am Sonntagmittag für zwei Gedenkminuten inne. Als die Alarmsirenen um 12.00 Uhr aufheulten, blieben Menschen überall im Lande auf der Straße stehen, Autos stoppten. Ministerpräsident Donald Tusk zündete vor dem Parlament in Warschau eine Grabkerze für die Toten an und kniete nieder. Vom Turm der Marienkirche in Krakau ertönte das Stück "Tränen der Mutter". Zehntausende Menschen hatten zuvor in Warschau der Toten gedacht. Sie kamen vor dem Amtssitz des Präsidenten zusammen, um ihrer Trauer Ausdruck zu verleihen. Viele von ihnen trugen Kerzen und legten Blumen nieder. Etliche Menschen stimmten die Nationalhymne an, Kinder legten selbstgemalte Bilder nieder.
In zahlreichen Gottesdiensten im ganzen Land gedachten die Polen ihres Staatschefs, der am Samstag zusammen mit 95 weiteren Insassen bei einem Flugzeugunglück im westrussischen Smolensk ums Leben gekommen war. Unter den Toten sind 86 hochrangige Vertreter des Landes.
Tusk und der Zwillingsbruder des gestorbenen Präsidenten, Ex-Ministerpräsident Jaroslaw Kaczyński, informierten sich am Unglücksort in Russland über die Lage. Auch Angehörige anderer Opfer reisten nach Smolensk. Tusk und sein russischer Kollege Putin legten am Ort der Katastrophe gemeinsam Blumen nieder.
Tusk verkündete eine einwöchige Staatstrauer. Der polnische Parlamentspräsident Bronisław Komorowski, der nach dem Tod Kaczyńskis dessen Amtsgeschäfte übernahm, kündigte in einer Fernsehansprache an, dass Polen bald einen neuen Präsidenten wählen solle.
Er werde innerhalb von 14 Tagen nach dem Tod des Präsidenten gemäß der Verfassung die Neuwahl ausrufen. Die Wahl muss dann innerhalb von 60 Tagen erfolgen.
Die Europäische Union will der Katastrophe am Montag mit zwei Schweigeminuten gedenken und in Brüssel alle Fahnen auf Halbmast setzen. Auch in Deutschland wurde für den Tag der Trauerfeierlichkeiten Trauerbeflaggung angekündigt. Als "Zeichen des tiefen Mitgefühls und der besondereren Solidarität mit dem polnischen Volk", sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière.
Was war der Grund für den Absturz der polnischen Präsidentenmaschine? Immer deutlicher wird: Der Pilot hätte bei dichtem Nebel nicht landen dürfen. Der Zielflughafen hatte keine technischen Hilfen - so fehlte dort ein Instrumenten-Landesystem, das der Besatzung beim Anflug geholfen hätte.
Hamburg - Die Suche nach den Ursachen der Flugzeugkatastrophe von Smolensk läuft auf Hochtouren. Immer deutlicher wird: Technische Probleme scheinen nicht der Auslöser für den Absturz der polnischen Regierungsmaschine am Samstag zu sein, bei dem Präsident Lech Kaczyński sowie 95 weitere Menschen ums Leben kamen. Die Tupolew Tu-154 hatte keine Mängel, erklären russische Ermittler.
Damit rücken die Witterungsbedingungen am Zielort in den Fokus, dort herrschte dichter Nebel. Die Auswertung der Flugdatenschreiber bestätige, dass der Pilot über das schlechte Wetter am Zielort informiert gewesen sei, sagte der stellvertretende Generalstaatsanwalt Alexander Bastrykin.
Eigentlich stellt schlechte Sicht in der modernen Luftfahrt kaum noch ein Problem dar, seit ein sogenanntes Instrumentenlandesystem (ILS) Piloten in einem idealen Anflugwinkel von drei Grad bis zum Anfang der Piste führt. "Auf einer Anzeige im Cockpit kann der Pilot sehen, ob er sich auf dem richtigen Kurs für die Landung befindet", sagt Axel Raab, Sprecher der Deutschen Flugsicherung (DFS). Der Pilot fliegt quasi blind - er verlässt sich allein auf das ILS. Es besteht aus Antennen am Boden und Empfängern im Flugzeug.
Der Flughafen Smolensk, in dessen Nähe die Präsidentenmaschine beim Landeanflug verunglückte, verfügt jedoch über kein solches System. Über den Militärflughafen gibt es kaum Informationen. Nur so viel: Der Airport verfügt über keinen eigenen Code der International Air Transport Association (IATA), die Piste hat eine Länge von 2500 Metern und ist nicht farblich markiert. Denkbar schlechte Voraussetzungen für eine Landung unter schwierigen Witterungsverhältnissen.
Durch den Nebel lag die Sicht zum Zeitpunkt des Unglücks bei etwa 400 Metern, schreibt die russische Agentur für Luftsicherheit auf ihrer Web-Seite. Für eine sichere Landung hätten es jedoch 1000 Meter sein müssen, so die Experten. Dreimal hatte der Pilot bereits vergeblich versucht, die Landebahn zu treffen und musste jedes Mal wieder durchstarten. Beim vierten Landeversuch geriet die Maschine auf eine zu geringe Höhe und krachte 1200 Meter vor der Piste in einen Wald.
An der Absturzstelle hätte sich das Flugzeug in einer Höhe von 60 Metern befinden müssen, erklären die Luftsicherheitsspezialisten. Das eingebaute Instrumentenlandesystem konnte dem Piloten freilich nicht helfen - ohne Sender am Boden funktioniert es nicht.
Die russischen Behörden hatten dem Pilot wegen des Nebels ausdrücklich von einer Landung in Smolensk abgeraten und als Ausweichflugplätze Moskau oder die weißrussische Hauptstadt Minsk empfohlen. Der Flugzeugführer entschied sich dennoch für die riskante Landung in Smolensk.
Im Prinzip kann ein Flugzeug auch ohne Instrumentenlandesystem landen, solange die Sicht nicht zu schlecht ist. Wenn auf einem deutschen Flughafen das ILS ausfällt oder gewartet werden muss, können Piloten stattdessen ein sogenanntes Funkfeuer nutzen. "Das ist jedoch lange nicht so genau wie ein ILS", sagt DFS-Sprecher Raab. Bei schlechter Sicht müssten Flugzeuge jedoch auf andere Flughäfen umgeleitet werden.
Und selbst mit ILS kommt es bei starkem Nebel zu Verspätungen, wie der ehemalige Fluglotse berichtet. Wenn Piloten bei einer Sicht von nur wenigen Metern landen wollten, dürften in einer Schutzzone rund um die Landebahn keine Flugzeuge oder Autos fahren, denn sie störten die Signale der ILS-Sender am Boden. Die Folge: Flugzeuge müssen länger warten, es kommt zu Verzögerungen, der Flugplan kann nicht eingehalten werden.
Auch wenn mit ILS theoretisch bei einer Sicht von null Metern gelandet werden kann, so haben viele Airlines ihr eigenes Limit. "Bei der Lufthansa sind es beispielsweise 17 Fuß, also etwa sechs Meter", sagt Raab. Wenn der Pilot in dieser Höhe nicht die Landebahn sieht, muss er die Landung abbrechen und Schub geben. "Dabei nimmt man auch in Kauf, dass das Flugzeug kurz aufsetzt, bevor es durchstartet."
Mittlerweile wird auch darüber spekuliert, ob der Pilot der polnischen Unglücksmaschine auf Anweisung von Kaczyński oder von Militärs an Bord unbedingt in Smolensk landen sollte, um rechtzeitig zur Gedenkfeier in Katyn zu kommen und sich eine längere Autofahrt zu sparen. Die Delegation wollte des Massakers in dem Ort gedenken, bei dem sowjetische Einheiten 1940 zu Beginn des Zweiten Weltkriegs 22.000 Polen ermordet hatten (siehe Kasten links).
Es wäre nicht der erste derartige Fall von Einflussnahme. Im August 2008 wollte Kaczyński in die georgische Hauptstadt Tiflis reisen, in dem Land tobten gerade Kämpfe zwischen georgischen und russischen Truppen. Deshalb sollte die TU-154 ins benachbarte Aserbaidschan fliegen, von dort war eine Weiterreise per Auto nach Tiflis geplant.
Nach einem Bericht der polnischen Zeitung "Gazeta Wyborcza" soll Kaczyński jedoch auf einer Landung in Tiflis bestanden haben. Der Pilot, der damals die Maschine flog, lehnte dies jedoch ab, weil er keine Genehmigung für eine Landung hatte und zudem nicht wusste, wer den Luftraum Georgiens kontrolliert, wer am Boden den Flugverkehr überwacht und in welchem Zustand sich der Flughafen damals befand. Kaczyński erklärte daraufhin, ein Offizier solle "weniger ängstlich sein" und drohte Konsequenzen an. Der Pilot aber blieb standhaft.
Ermittlungen gegen ihn wurden laut "Gazeta Wyborcza" später nicht eingeleitet. Stattdessen bekam Gregorz Pietruczuk Ende August 2008 einen Orden, weil er den Flugplan eingehalten hatte, wie das Verteidigungsministerium auf Anfrage des polnischen Parlaments mitteilte. "Gregorz Pietruczuk hat sich durch Verantwortungsbewusstsein, Professionalität und eine sehr gute Kenntnis der Vorschriften hervorgetan, was in keiner Weise als ein Mangel an Disziplin oder als Feigheit behandelt werden sollte", heißt es in der Stellungnahme von Oktober desselben Jahres.
Der Navigationsoffizier geriet in Panik - und die Piloten hörten auf ihn. Ein fataler Fehler. Im Cockpit der polnischen Präsidentenmaschine spielten sich vor dem Absturz in Smolensk dramatische Szenen ab. Ermittler haben jetzt ein Protokoll der letzten Minuten an Bord angefertigt.
40 Tage lang haben russische und polnische Ermittler jedes Wrackteil der Unglücksmaschine des polnischen Präsidenten Lech Kaczyński unter die Lupe genommen. Jeden Zentimeter des Wäldchens vor der Landebahn des Flugplatzes "Nord" von Smolensk, in den am 10. April die Tupolew-Maschine des Staatschefs stürzte, haben sie abgesucht. Die großflächig verstreuten Bruchstücke haben sie gesammelt und in einen nahen Flugzeughangar gebracht.
Sie suchen die Ursache der Katastrophe, bei der 96 Menschen ums Leben kamen, darunter das polnische Staatsoberhaupt, seine Ehefrau, ein Großteil der konservativen Elite und nahezu die gesamte Spitze des Militärs.
Experten haben in dem Smolensker Hangar versucht, die Trümmer wieder zusammenzusetzen: die Triebwerke am Heck, die zerschmetterten Tragflächen und das, was vom Cockpit übrig geblieben ist. Die Suche nach der Unglücksursache gleicht einem komplizierten Puzzle.
Jetzt haben die Spezialisten aus Russland und Polen erste Ergebnisse vorgelegt. Sie können, nach Entschlüsselung von Teilen der Flugschreiber, rekonstruieren, was an Bord geschah, auch die letzten dramatischen Sekunden im Cockpit, vor dem Aufprall.
Sie können jetzt mit Sicherheit sagen, was nicht Auslöser der Tragödie war: kein Brand an Bord, kein Terroranschlag, keine Motorprobleme, keine Aussetzer bei der Bordnavigation.
Wer aber ist verantwortlich für den Absturz? Darüber streiten Warschau und Moskau:
Klar ist jetzt, dass die polnischen Piloten der Tu-154 frühzeitig vor den widrigen Wetterverhältnissen gewarnt wurden - und zwar auf Polnisch.
Kurz vor der Präsidentenmaschine hatte bereits ein zweiter Flieger aus Warschau kommend die Landung in Smolensk gewagt, eine deutlich kleinere Jak-40 mit Journalisten an Bord. 27 Minuten vor dem Unglück funkte die Besatzung an Kaczyńskis Piloten, die Sicht voraus betrage nur 400 Meter.
Wenige Minuten später ein zweiter Funkspruch: Sichtverschlechterung, 200 Meter. Ein Liner wie die Tupolew, sagen russische Experten, braucht aber mindestens 1000 Meter Sicht für eine sichere Landung.
Keine elf Minuten später erfährt die Besatzung von Kaczyńskis Flieger zudem, dass eine russische Iljuschin-Transportmaschine nach zwei Versuchen die Landung in Smolensk abgebrochen hat und zu einem anderen Flughafen ausgewichen ist.
Auch die russischen Fluglotsen schicken mindestens zwei Warnungen in den Himmel - und bieten alternativ Minsk oder Moskau für eine Landung an. Das allerdings würde bedeuten, dass sich die Würdenträger bei der Trauerzeremonie verspäten, mit der am Vormittag in Katyn nahe Smolensk 20.000 von den Sowjets erschossener Polen gedacht werden soll.
Die Tu-154 will dennoch landen, aber sie kommt vom Kurs ab, und sie verliert zu schnell zu stark an Höhe. Nach Meinung der russischen Experten ein Fehler der polnischen Piloten. Im Blindflug durch den Nebel ist die Crew auf die Angaben der Bordinstrumente angewiesen. Nach Erkenntnissen russischer Experten hatte der Flugkapitän noch kurz vor der Landung den Autopiloten aktiviert und auf einen Sinkflug von vier Metern pro Sekunde programmiert.
Plötzlich melden die Instrumente, der Flieger sei viel zu hoch. Ein tödlicher Irrtum. Der Navigationsoffizier, so belegen es nach Angaben der russischen Ermittler Mitschnitte aus dem Cockpit, gerät in Panik. Immer wieder meldet er dem Piloten, man werde so die Landebahn verpassen. Der vertraut seinem Untergebenen - und geht in einen steilen Sinkflug über. Acht Meter pro Sekunde nähert sich die Tupolew den Wipfeln der Bäume, die den Flugplatz umgeben.
Die Cockpitbesatzung will so schnell wie möglich den dichten Nebel durchbrechen, die Männer schauen angestrengt aus dem Fenster und versuchen, den Erdboden zu entdecken. Niemand reagiert auf Warnungen der Fluglotsen, niemand auf den automatisierten Alarm der Systeme: "Pull up, pull up - zieh hoch, zieh hoch."
Die Bordsysteme hatten den Navigationsoffizier getäuscht und eine falsche Höhe gemeldet - weil die Maschine eine 40 Meter tiefe Senke vor der Landebahn überflog. Kurze Zeit später kollidierte das Flugzeug mit einer zehn Meter hohen Birke und zerschellte auf dem Boden.
Unklar ist noch, welche Rolle ein oder mehrere Passagiere spielten, die sich offenbar in unmittelbarer Nähe der Piloten aufhielten.
Kurz vor dem Crash wurde die Tür zum Cockpit geöffnet. Die Stimme einer Person sei "eindeutig identifiziert", teilte die Leiterin der Zwischenstaatlichen Flugkommission, Tatjana Anodina mit, nannte jedoch nicht deren Namen. Nach Informationen russischer Medien soll es sich bei dem Mann um Andrzej Blasik handeln, den Chef der polnischen Luftwaffe. Eine weitere Person "unterliege der Identifizierung durch die polnische Seite".
Damit erhalten Spekulationen neue Nahrung, die Piloten könnten von hohen Würdenträgern wie Błasik oder gar Präsident Kaczyński selbst zur Landung unter widrigen Bedingungen gedrängt worden sein.
Polens Vertreter in der Ermittlungskommission betonte allerdings, die Stimmen der Passagiere seien auf den Bändern sehr leise: "Die Stimmen waren nur im Hintergrund", sagte Edmund Klich. Das spreche dafür, dass sie nicht "direkt in der Pilotenkabine anwesend waren, sondern in der Nähe."
Offenbar waren die Piloten zudem nur unzureichend für einen Flug mit der Tupolew geschult. "Die Crew für die Maschine des Präsidenten wurde erst wenige Tage vor dem Flug zusammengestellt", kritisierte der russische Ermittler Alexander Morosow.
Tatsächlich hatte die Mannschaft kaum Erfahrung vor dem Flug nach Smolensk. "Im Unterschied zur zivilen Luftfahrt hat es im 36. Regiment kein Vorbereitungsprogramm an Simulatoren für Besatzungen des Flugzeugs Tu-154 gegeben", bestätigte der polnische Vertreter Klich. Der Navigationsoffizier verfügte gar nur über die Erfahrung von 30 Flugstunden mit Maschinen dieses Typs.
Für Russland scheint damit bereits festzustehen, dass die Schuld für die Katastrophe wohl bei der Besatzung liegt. Die polnische Seite verweist hingegen darauf, dass die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen sind - und erst zehn Prozent der Aufnahmen des Stimmenrecorders ausgewertet sind.
210 Seiten umfasst der Abschlussbericht zum Flugzeugabsturz des polnischen Präsidenten Lech Kaczyński. Für die russischen Ermittler ist die Lage klar, sie haben einen Schuldigen gefunden. Warschau dürfte das Ergebnis nicht gefallen.
Warum ist die polnische Präsidentenmaschine im April 2010 über dem russischen Smolensk abgestürzt? Gleich nach dem Unglück gab es zahlreiche Spekulationen um die Ursache des Unglücks, bei dem 96 Menschen ums Leben kamen. Im Wesentlichen waren es vier Hypothesen: ein technischer Defekt am Flugzeug, das Verhalten der Besatzung, eine mangelhafte Vorbereitung der Landung oder der Einfluss Dritter.
Außerdem gab es Mutmaßungen, wonach der bei dem Absturz getötete Präsident Lech Kaczyński die Tragödie selbst verursacht habe. Der Präsident habe die Piloten zur Landung gedrängt, um rechtzeitig zu einer Gedenkfeier für die Opfer des sowjetischen Massakers in Katyn zu kommen.
Nun wollen russische Ermittler den Schuldigen ausfindig gemacht haben: Aus ihrem 210 Seiten starken Abschlussbericht geht hervor, dass tatsächlich massiv Druck auf die Piloten ausgeübt worden sei. Allerdings nicht vom verunglückten Präsidenten, sondern vom Chef der polnischen Luftwaffe. Andrzej Blasik sei mit 0,6 Promille Alkohol im Blut ins Cockpit gegangen und habe trotz der Warnungen der russischen Flugüberwachung die Piloten zur Landung genötigt.
Der Tower auf dem Flughafen im westrussischen Smolensk habe wegen schlechten Wetters ausdrücklich einen Ausweich-Landeplatz angeboten. "Eine Landeerlaubnis für die Piloten des Flugzeugs hat es nicht gegeben", sagte die Leiterin des Luftfahrtamtes MAK, Tatjana Anodina. Auch eine zweite Hypothese bekräftigen die russischen Ermittler in ihrem Bericht: Die Besatzung sei auf den Flug nach Russland und die dort herrschenden Wetterverhältnisse unzureichend vorbereitet gewesen.
Russland und Polen, deren Beziehungen durch die Ereignisse im Zweiten Weltkrieg historisch belastet sind, näherten sich in ihrer gemeinsamen Trauer anlässlich des Unglücks an. Allerdings wuchs später die Kritik Polens an den russischen Ermittlungen zur Absturzursache. Ministerpräsident Donald Tusk bezeichnete die vorläufigen Ermittlungsergebnisse kürzlich als inakzeptabel und fehlerhaft. Der Abschlussbericht könnte zu neuen Spannungen führen. Bislang hat Warschau nicht reagiert.
Dass der polnische Luftwaffenchef Druck auf die Piloten ausgeübt haben könnte, hatten bereits polnische Ermittler gemutmaßt. Allerdings waren diese im Mai vergangenen Jahres zu dem Urteil gekommen, dass die polnischen Militärpiloten die Hauptverantwortung am Absturz hatten. Sie sollen nur über geringe Erfahrung auf der Unglücksmaschine des sowjetischen Typs Tupolew Tu-154 verfügt haben. Außerdem seien sie fünf Mal vor dichtem Nebel in Smolensk gewarnt worden, auch von polnischen Kollegen, die 40 Minuten vor dem Unglück in Smolensk gelandet seien.
Der russische Bericht zum Absturz der Maschine von Polens Präsident Kaczyński gibt dem Piloten und seinem betrunkenen Chef die Schuld. Das Papier zeigt, wie schlecht die vielbeschworene Kooperation beider Länder in Wahrheit ist.
Der russische Untersuchungsbericht über den Absturz der polnischen Präsidentenmaschine bei Smolensk vor neun Monaten hat erwartungsgemäß dem Piloten und seinen Vorgesetzten an Bord die Schuld gegeben.
Nach dem Absturz der polnischen Präsidentenmaschine beschworen die Regierungen in Moskau und Warschau wiederholt ihre exzellente Zusammenarbeit. Jetzt zeigt sich, dass es damit nicht so weit her ist.
Ebenso wenig überraschte es die polnischen Experten, dass der Bericht nur dürre Informationen über das Verhalten der Smolensker Fluglotsen enthält. So bleibt die Frage unbeantwortet, warum sie wegen des dichten Nebels die anfliegende Maschine nicht zum Abdrehen aufgefordert oder den Flughafen ganz geschlossen haben.
Eines ist sicher: Der Bericht stellt die polnische Öffentlichkeit nicht zufrieden. Auch hat er offenbar werden lassen, dass es mit der exzellenten polnisch-russischen Zusammenarbeit, die beide Führungen zuletzt wiederholt beschworen haben, nicht so weit her ist. Nicht ohne Grund hat der polnische Premier Donald Tusk nach Erhalt des Berichtes seinen Skiurlaub abgebrochen. Denn vor allem er steht nun unter Beschuss.
Ihm wird vorgeworfen, nicht auf einer polnisch-russischen Untersuchungskommission bestanden zu haben. Auch steht wieder die Frage im Raum, warum Präsident Lech Kaczyński nicht an der offiziellen Gedenkfeier zum 70. Jahrestag des Massakers von Katyn am 7. April teilnahm und deshalb mit einer eigenen Delegation drei Tage später selbst noch an diesen symbolischen Ort fliegen wollte.
Hier sieht sich Tusk dem schwerwiegenden Vorwurf ausgesetzt, ihn letztlich aus wahltaktischen Gründen im Zusammenspiel mit dem russischen Premier Wladimir Putin ausgebootet zu haben. Es spricht nun alles dafür, dass das Unglück von Smolensk seinen düsteren Schatten auch auf das polnische Wahljahr 2011 werfen wird.
Moskau (dpa) - Der tödliche Flugzeugabsturz des polnischen Präsidenten Lech Kaczyński in Russland ist nach Angaben einer Untersuchungskommission von dem angetrunkenen Luftwaffenchef an Bord verursacht worden. Das teilte das Gremium bei der Veröffentlichung seines Abschlussberichts in Moskau mit.
Der Kommandeur Andrzej Blasik habe mit 0,6 Promille Alkohol im Blut trotz Warnungen der russischen Flugüberwachung die Piloten zur Landung gezwungen. Blasik sei im Cockpit gewesen. Der Tower auf dem Flughafen im westrussischen Smolensk habe wegen schlechten Wetters ausdrücklich einen Ausweich-Landeplatz angeboten.
"Eine Landeerlaubnis für die Piloten des Flugzeugs hat es nicht gegeben", sagte die Leiterin des internationalen Luftfahrtamtes MAK, Tatjana Anodina. Zudem sei die Besatzung auf den Flug nach Russland und die dort herrschenden Wetterverhältnisse unzureichend vorbereitet gewesen.
Die Kommission habe ihren etwa 210 Seiten umfassenden Abschlussbericht in Moskau an Vertreter Warschaus übergeben, teilte das Gremium auf seiner Internetseite mit. Die Piloten hätten trotz mehrfacher Warnung versucht, die Maschine vom Typ Tupolew TU-154 im dichten Nebel auf dem Flughafen von Smolensk zu landen.
Die Präsidentenmaschine mit Kaczyński und 95 weiteren ranghohen Passagieren war am 10. April 2010 abgestürzt. Niemand überlebte. Die Delegation, darunter Kaczyńskis Frau, war auf dem Weg zu einer Gedenkfeier im westrussischen Katyn, dem Ort eines sowjetischen Massakers an tausenden Polen im Frühjahr 1940.
Der russische Report über den Absturz von Smolensk sorgt in Polen für wütende Reaktionen: Jaroslaw Kaczyński, Bruder des bei der Katastrophe getöteten Präsidenten, sagte, sein Land werde "verhöhnt". Die Ermittler hatten die Schuld bei einem alkoholisierten polnischen Kommandeur gesehen.
Warschau - 96 Menschen starben bei dem Flugzeugabsturz der polnischen Präsidentenmaschine am 10. April 2010 im russischen Smolensk - auch das Staatsoberhaupt Lech Kaczyński war unter den Opfern. Dessen Bruder Jaroslaw hat jetzt empört auf einen Bericht von russischen Ermittlern zu dem Unglück reagiert. Die Schuld werde "einseitig" und "ohne Beweise" Polen und den Piloten zugewiesen. Die Darstellung bedeute "eine Verhöhnung Polens", sagte Jaroslaw Kaczyński am Mittwoch.
Viele Fragen seien in dem Bericht offen geblieben, sagte der konservative Politiker, der früher Ministerpräsident seines Landes war. Kaczyńskis Schlussfolgerung: "Das ist die Folge davon, dass die Untersuchung den Russen überlassen wurde." Seine Kritik richtete sich damit auch gegen Regierungschef Donald Tusk. Diesen beschuldigte er, die Ermittlungen zur Katastrophe an die russische Seite abgegeben und eine Beteiligung der EU am Verfahren verhindert zu haben. Kaczyński verwies auf angebliche Fehler russischer Fluglotsen auf dem Flughafen in Smolensk.
Auch der polnische Innenminister Jerzy Miller hält Russland für mitverantwortlich. "Auf eine sichere Durchführung dieses Flugs waren beide Seiten nicht gut vorbereitet", sagte er und verwies auf mögliche Fehler bei der Arbeit der russischen Fluglotsen auf dem Flughafen in Smolensk sowie auf den schlechten Zustand der technischen Anlagen dort. Die polnische Seite halte diese Faktoren für "wesentlich", sagte Miller. Er halte aber russische Vorwürfe gegen die polnische Besatzung für durchaus berechtigt.
Kernfrage bleibt die Einstufung des Fluges. Polen hielt die Reise für militärisch, dienstlich und offiziell - in diesem Fall trägt der Flughafen die Mitverantwortung für alle Entscheidungen. Bei zivilen Flügen entscheidet aber allein der Pilot über die Landung.
Ein Fehlverhalten der Fluglotsen sehen die russischen Ermittler nicht. In ihrem am Mittwoch veröffentlichten Untersuchungsbericht gaben sie ranghohen Vertretern an Bord der Maschine eine Mitschuld an der Tragödie. Im Cockpit sei psychologischer Druck auf die Besatzung ausgeübt worden, woraufhin die Piloten sich zur Landung "unter nicht angemessenen Bedingungen" entschieden hätten. Trotz mehrfacher Warnung hätten sie versucht, die Maschine vom Typ Tupolew TU-154 im dichten Nebel zu landen.
Schuld treffe den polnischen Kommandeur Andrzej Błasik, der mit 0,6 Promille Alkohol im Blut trotz Warnungen der russischen Flugüberwachung die Piloten zur Landung gezwungen habe, sagte die Luftfahrtexpertin Tatjana Anodina bei der Veröffentlichung des russischen Abschlussberichts.
Błasik habe laut Stimmenrekorder direkt im Cockpit Druck auf die Piloten ausgeübt, sagte Anodina. Auch Kaczyńskis Protokollchef habe sich vorschriftswidrig in der Pilotenkanzel aufgehalten. Die Lotsen des Flughafens hätten wegen einer nebelbedingten Sichtweite von nur 200 Metern dringend einen Ausweichort empfohlen, sagte die Leiterin des internationalen Luftfahrtamtes MAK. "Eine Landeerlaubnis hat es nicht gegeben."
Die Delegation war auf dem Weg ins russische Katyn, um der Opfer des Massakers an rund 22.000 Polen während des Zweiten Weltkriegs zu gedenken. Das Ausweichen auf einen anderen Flughafen hätte die Ankunft bei den Feierlichkeiten verzögern können.
Russland und Polen, deren Beziehungen historisch belastet sind, näherten sich in ihrer gemeinsamen Trauer anlässlich des Unglücks an. Allerdings wuchs später die Kritik Polens an den russischen Ermittlungen zur Absturzursache. Schon Polens Ministerpräsident Tusk hatte die vorläufigen Ermittlungsergebnisse kürzlich als inakzeptabel und fehlerhaft bezeichnet. Einen ersten 200-seitigen Bericht hatte Warschau im Oktober erhalten. Die scharfe Kritik Kaczyńskis an dem Abschlussbericht kommt daher nicht überraschend.
Warum stürzte die Passagiermaschine des polnischen Präsidenten Lech Kaczyński mit 95 weiteren Insassen ab? Für Russland ist die Lage nun klar: Der Abschlussbericht zur Katastrophe gibt einem alkoholisierten Kommandeur der Polen die Schuld. Er soll den Piloten zur Landung gezwungen haben.
Moskau - Kommandeur Andrzej Błasik habe bei dem Absturz vor neun Monaten mit 0,6 Promille Alkohol im Blut trotz Warnungen der russischen Flugüberwachung die Piloten zur Landung gezwungen. Blasik sei im Cockpit gewesen, hieß es am Mittwoch in Moskau. Der Tower auf dem Flughafen im westrussischen Smolensk habe wegen schlechten Wetters ausdrücklich einen Ausweichlandeplatz angeboten.
Die Luftfahrtbehörde Russlands hatte den Abschlussbericht zum Absturz der polnischen Präsidentenmaschine am Vormittag offiziell an Polen übergeben.
"Eine Landeerlaubnis für die Piloten des Flugzeugs hat es nicht gegeben", sagte die Leiterin des internationalen Luftfahrtamts MAK, Tatjana Anodina. Zudem sei die Besatzung auf den Flug nach Russland und die dort herrschenden Wetterverhältnisse unzureichend vorbereitet gewesen. Auch der polnische Protokollchef sei im Cockpit der Präsidentenmaschine aufgetaucht, sagte Anodina. Dies habe psychologischen Druck auf die Besatzung ausgeübt und zur Entscheidung des Piloten beigetragen, "eine Landung unter nicht angemessenen Bedingungen auszuführen".
Bei der Flugzeugtragödie von Smolensk waren am 10. April 2010 der polnische Präsident Kaczyński sowie alle 95 weiteren Insassen der Präsidentenmaschine ums Leben gekommen. Die Delegation war auf dem Weg ins russische Katyn, um der Opfer des Massakers an rund 22.000 Polen während des Zweiten Weltkriegs zu gedenken.
Die Kommission habe ihren Abschlussbericht in Moskau an Vertreter Warschaus übergeben, teilte das Gremium auf seiner Internetseite mit. Die Piloten hätten trotz mehrfacher Warnung versucht, die Maschine vom Typ Tupolew TU-154 im dichten Nebel auf dem Flughafen von Smolensk zu landen.
Beide Länder, deren Beziehungen historisch belastet sind, näherten sich in ihrer gemeinsamen Trauer anlässlich des Unglücks an. Allerdings wuchs später die Kritik Polens an den russischen Ermittlungen zur Absturzursache. Polens Ministerpräsident Donald Tusk bezeichnete die vorläufigen Ermittlungsergebnisse kürzlich als inakzeptabel und fehlerhaft. Einen ersten, 200-seitigen Bericht hatte Warschau im Oktober erhalten.
Russland gibt einem betrunkenen polnischen General die Schuld am Absturz des Flugzeugs von Präsident Kaczyński. Polnische Medien reagieren darauf mit Zweifeln und Ablehnung.
"Die Russen verbergen die Wahrheit." Mit dieser Schlagzeile macht am heutigen Donnerstag das Warschauer Boulevardblatt Fakt auf.
Sein größter Konkurrent, der Super Express, reagiert gänzlich anders auf den am Mittwoch vorgelegten russischen Abschlussbericht über den Absturz der polnischen Präsidentenmaschine am 10. April 2010: "General Błasik war betrunken."
Die Überschrift des Artikels unmittelbar darunter lautet allerdings: "Das ist eine Lüge!" Dieser Satz stammt vom offiziellen Beobachter Warschaus bei der russischen Expertenkommission, dem ehemaligen Oberst der polnischen Luftstreitkräfte Edmund Klich.
Auch die seriöse Presse schreibt von der "russischen Wahrheit". Im Leitartikel der nationalkonservativen Rzeczpospolita heißt es: "Die Russen haben es nicht geschafft, objektiv zu bleiben. Durch ihre Einseitigkeit haben sie das Vertrauen in ihre Ehrlichkeit und ihre Absichten selbst untergraben."
Die Schlagzeilen und Kommentare beziehen sich darauf, dass der Bericht nur dürre Angaben über die Tätigkeit der Smolensker Fluglotsen enthält, die offenbar den in dichtem Nebel anfliegenden Piloten falsche Höhenangaben gemacht und sie dann zu spät über die zu schnelle Annäherung an den Boden gewarnt haben.
In dem russischen Bericht heißt es dazu kurz und knapp, die Fluglotsen und die technische Ausstattung des Flughafens hätten keinerlei Einfluss auf den Absturz der polnischen Tupolew gehabt.
Bei dem Unglück waren alle 96 Personen an Bord umgekommen, an ihrer Spitze der polnische Staatspräsident Lech Kaczyński, eine Gruppe führender Parlamentsabgeordneter sowie die fünf höchsten Generäle der polnischen Streitkräfte.
Einer von ihnen, der Luftwaffenkommandeur Andrzej Blasik, befand sich den Aufzeichnungen der Flugschreiber zufolge im Cockpit und gab den Piloten vorschriftwidrig Anweisungen. Laut dem Bericht hatte er 0,6 Promille Alkohol im Blut.
Dass der russische Bericht diesen Umstand besonders herausstellt, wird von mehreren polnischen Kommentatoren beklagt. Denn dadurch würden überall auf der Welt bestehende Vorurteile nur verstärkt.
Seit der Vorstellung des Berichtes beherrscht das Thema sämtliche polnischen Medien. Fast alle Fernsehkanäle brachten am Mittwochabend Sondersendungen, in Fakt nimmt es am Donnerstag die ersten sechs Seiten ein, in Rzeczpospolita fünf, in der linksliberalen Gazeta Wyborcza gar acht volle Seiten.
Sämtliche Blätter räumen dabei ein, dass auf der polnischen Seite schwerste Fehler und Unterlassungen begangen worden waren. Doch möchte sich die Mehrheit der Kommentatoren nicht damit abfinden, dass der russische Bericht Fehler und Mängel auf der eigenen Seite entweder für unbedeutend erklärt oder sie überhaupt nicht erwähnt.
Von den überregionalen Zeitungen rät allein die linksliberale Gazeta Wyborcza zur Mäßigung. Zu den Vorwürfen der polnischen Seite, die russischen Fluglotsen hätten die Landung verbieten müssen, schreibt das Blatt: "Es ist völlig unangebracht, ihnen die Schuld dafür zu geben, dass sie uns nicht vor dem eigenen Wahnwitz bewahrt haben. Nicht die russischen Kontrolleure saßen am Steuerknüppel." Die Polen hätten schließlich um die schlechte Qualität der technischen Einrichtungen in Smolensk gewusst.
Einig sind sich die Kommentatoren aller Blätter allerdings darin, dass der von der russischen Untersuchungskommission vorgestellte Bericht nur zu neuen Spannungen zwischen Warschau und Moskau führt.
Nach dem russischen Bericht über den Absturz der polnischen Präsidentenmaschine kochen die Emotionen hoch. Premier Tusk versucht zu beschwichtigen und fordert zugleich die Wahrheit über das Unglück offenzulegen.
Der polnische Premierminister Donald Tusk hat den russischen Untersuchungsbericht zum Absturz der polnischen Präsidentenmaschine bei Smolensk im April 2010 als "unvollständig" kritisiert. Doch sprach Tusk am Donnerstag die Hoffnung aus, dass die russische Seite die polnischen Anmerkungen und Kritikpunkte noch berücksichtigen werde. Tusk war sichtlich bemüht, die Emotionen zu dämpfen, die der Bericht vor allem in den polnischen Medien und bei der nationalkonservativen Opposition um den früheren Premier Jaroslaw Kaczyński, den Zwillingsbruder des verunglückten Präsidenten, ausgelöst hatte.
Der Bericht gibt der Flugzeugbesatzung die Alleinschuld an dem Absturz und geht auf die Rolle der Smolensker Fluglotsen und die mangelhafte technische Ausstattung des Flughafens nicht ein. Tusk erklärte, nicht ein Kompromiss sei das Ziel Warschaus, sondern "die Darlegung der Wahrheit". Sollten in weiteren Gesprächen zwischen beiden Seiten die Differenzen nicht ausgeräumt werden, bliebe Warschau noch der Weg, sich an die Internationale Organisation für Zivilluftfahrt zu wenden.
Dem Premier wird von der Opposition vorgeworfen, dass er nicht auf die Einrichtung einer russisch-polnischen Expertenkommission gedrungen habe, sondern der russischen Seite die Untersuchung überlassen habe.
Polnische Experten bezweifelten am Donnerstag die von der Vorsitzenden der Kommission, Tatjana Anodina, mit Nachdruck vorgebrachte Version, der sich an Bord befindende polnische Luftwaffenkommandeur Andrzej Blasik sei angetrunken gewesen. Anodina, eine ehemalige technische Expertin der russischen Zivilluftfahrt im Generalsrang, hatte erklärt, im Blute Błasiks seien 0,6 Promille Alkohol festgestellt worden. Der Warschauer Experte für kriminalistische Biologie, Bronisław Mlodziejowski, erklärte dazu, dieser Alkoholgehalt könne auch Folge der Zersetzung der Leiche sein.
Die polnische Seite forderte eine genaue Dokumentation über die Blutuntersuchung an. Blasik hatte sich vorschriftswidrig im Cockpit aufgehalten und den Piloten Anweisungen gegeben. Er wird in dem Bericht dafür verantwortlich gemacht, dass die Maschine trotz des dichten Nebels den Landeanflug auf Smolensk fortgesetzt hatte. Seine Witwe Ewa Błasik entgegnete in der polnischen Presse, der russische Bericht sei ein "schändlicher Versuch", das Andenken an ihren Mann zu beflecken.
Die größten Zeitungen des Landes kritisierten den russischen Bericht am Donnerstag wegen seiner Einseitigkeit. Keiner der Kommentatoren zog dabei in Zweifel, dass die polnische Seite schwerwiegende Fehler begangen habe. Doch könne nicht zugelassen werden, dass die Russen eigene Fehler und Mängel vertuschten, schrieb die nationalkonservative Rzeczpospolita.
Moskaus Ermittler erklären auf mehr als 20.000 Seiten, warum die Russen keine Verantwortung für den Absturz von Kaczyńskis Maschine tragen. Die Regierung in Warschau ist damit nicht zufrieden - und stellt unangenehme Fragen.
20.000 Seiten haben die russischen Ermittler zu dem Absturz der polnischen Präsidentenmaschine am 10. April vergangenen Jahres nahe Smolensk vorgelegt - und darin nichts gefunden, was eine Mitverantwortung von russischer Seite nahelegt. Das missfällt den Polen. Premierminister Donald Tusk kritisierte den Untersuchungsbericht als "unvollständig". Tusk war sichtlich bemüht, die Emotionen zu dämpfen, die der Bericht vor allem in den polnischen Medien und bei der nationalkonservativen Opposition um den früheren Premier Jaroslaw Kaczyński, den Zwillingsbruder des verunglückten Präsidenten, ausgelöst hatte.
Einer der Hauptpunkte des Konfliktes ist die Rolle der russischen Fluglotsen bei dem Absturz der polnischen Präsidentenmaschine. Diese waren unmittelbar nach dem Unglück und in den Tagen danach von russischen Experten befragt worden. Doch wurde den polnischen Spezialisten eine eigene Befragung verwehrt.
Dass die russische Seite einen ursprünglichen Bericht über die Aussagen der Flugkontrolleure im Nachhinein geändert hat, steigerte das Misstrauen in Polen nur. Die erste Aussage ließ darauf schließen, dass die Radaranlagen die genaue Position der anfliegenden Maschine gar nicht anzeigen konnten. Diese Passage fehlt in der späteren Version. Auch unterscheiden sich die Entfernungsangaben, die die Lotsen angeblich gemacht haben, in beiden Berichten.
Warschau dringt auf eine Aufklärung dieser Unterschiede, hat bislang aber keine Antwort erhalten. Auch der nun vorgestellte kontroverse Moskauer Bericht weicht dieser Frage aus.
Überdies hatten russische Medien zunächst unter Berufung auf einen der Lotsen berichtet, in dem Kontrollraum habe ein Oberst vom Luftwaffenkommando in Moskau gesessen. Dieser habe in Moskau angefragt, ob der Flughafen wegen des aufkommenden Nebels geschlossen werden solle. Doch dessen Vorgesetzte hätten keine klare Entscheidung getroffen. Den russischen Zeitungen zufolge wollte man auf keinen Fall der polnischen Seite die Gelegenheit zu der Beschwerde geben, Moskau habe eine Delegation aus Warschau auf dem Weg nach Katyn behindert.
Umstritten ist in diesem Zusammenhang auch, ob es sich um einen zivilen oder einen militärischen Flug gehandelt habe. Die russische Seite besteht darauf, dass es sich um einen zivilen Flug handelte. Nach dem Chicagoer Abkommen über die internationale Zivilluftfahrt sind die Behörden des Landes, auf dessen Gebiet sich die Absturzstelle befindet, für die Untersuchung zuständig. So aber konnte Warschau nur einen Beobachter in die russische Kommission entsenden. Dieser, ein ehemaliger Kampfpilot und Oberst der polnischen Luftstreitkräfte, beschwerte sich wiederholt, er habe nicht Einblick in alle Dokumente bekommen.
Auch ist es bei einem zivilen Flug den Piloten überlassen, ob sie bei widrigen Witterungsbedingungen landen oder abdrehen. Würde die Präsidentenmaschine, die ja tatsächlich zur polnischen Luftwaffe gehörte, als Militärflugzeug eingestuft, so müssten nach dem russisch-polnischen Abkommen über militärische Zusammenarbeit beide Seiten gleichberechtigt das Unglück untersuchen. Auch hätten in diesem Fall die Piloten ausdrücklich eine Landeerlaubnis einholen müssen, die Fluglotsen hätten diese verweigern können.
Am 10. April 2010 starben der polnische Präsident, seine Frau, Politiker und Militärs an Bord der Tupolew 154 als diese versuchte, im dichten Nebel von Smolensk zu landen. Ein Jahr nach der Katastrophe kursieren noch immer Verschwörungstheorien, die das Land spalten.
Der Präsident, dessen Frau Maria, weitere Politiker und hochrangige Militärs – sie alle sterben an Bord der Tupolew 154, als diese versucht, im dichten Nebel von Smolensk zu landen. Ein ganzes Land trauert. 180.000 Menschen pilgern in den Tagen nach dem Absturz zum Warschauer Präsidentenpalast, um Blumen und Kränze niederzulegen und Kerzen anzuzünden.
Für ein paar Tage rücken die Polen zusammen. Doch es dauert nicht lange, da reißen die alten Gräben zwischen Konservativen und Liberalen wieder auf. Wochenlang streiten sie sich vor dem Präsidentenpalast um ein provisorisch aufgestelltes Holz-Kreuz. Die christlichen Fundamentalisten aus dem Kaczynski-Lager wollen, dass es stehen bleibt und liefern sich hitzige Wortgefechte mit all denen, die zur Normalität zurückkehren und das Kreuz beseitigen wollen.
Es ist vor allem Jaroslaw Kaczyński, der Zwillingsbruder des verstorbenen Staatsoberhauptes, der die Stimmung anheizt. Obschon alles darauf hinweist, dass vor dem Absturz die entscheidenden Fehler im Cockpit der Präsidentenmaschine begangen worden sind, verbreitet Kaczynski weiterhin Verschwörungstheorien. Er macht Polens Premier Donald Tusk und die russische Regierung für die Tragödie mitverantwortlich. Er handelt aus Kalkül, denn im Herbst 2011 sind Parlamentswahlen.
Mit Smolensk will Kaczyński punkten. Dabei haben insbesondere die jungen, liberalen und toleranten Wähler die Nase voll von dem Thema. Mehr als hunderttausend Polen schlossen sich Anfang dieses Jahres einem Internet-Aufruf an und plädierten für „Einen Tag ohne Smolensk“.
Die Ereignisse vom 10. April haben das Land gespalten. Und die Zerrissenheit wird am ersten Jahrestag der Katastrophe deutlich zu Tage treten. Denn natürlich gedenken die Konservativen und die Liberalen der Opfer nicht gemeinsam. Geplant sind mehrere Trauerfeiern, aber auch Demonstrationen. Allein in Warschau wollen zehntausende Kaczynski-Anhänger gegen die Regierung auf die Straße gehen. Sie sollten bedenken, dass sie ihren Protest auf den Gräbern von 96 Toten austragen.
Im Streit um die Ursachen des Flugzeugunglücks mit 96 Toten vor 15 Monaten im westrussischen Smolensk hat die polnische Regierung auch eigene Fehler zugegeben. "Das Niveau der Ausbildung der Belegschaft stellte eine Gefahr für die Flugsicherheit dar", sagte ein Vertreter der Regierungskommission in Warschau bei der Vorstellung des Untersuchungsberichts. Bei dem Flugzeugabsturz am 10. April 2010 waren Präsident Lech Kaczynski, seine Frau Maria und 94 weitere Verantwortliche aus Politik, Wirtschaft, Kirche und Armee ums Leben gekommen.
Aus dem Gutachten geht hervor, dass es bei der Vorbereitung der Flugreise "zahlreiche Verfehlungen" gegeben habe. Der Pilot habe für eine Landung unter widrigen Sichtbedingungen keine Ausbildung gehabt. Einzig der Flugzeugführer sei des Russischen mächtig gewesen, so dass er während des Fluges zusätzlich mit dem Bodenpersonal habe kommunizieren müssen. Auch das Gerät an Bord der Tupolew TU-154 sei schlecht gewartet gewesen. Zudem seien Ruhezeiten für Piloten nicht eingehalten, Trainingsflüge nicht ausgeführt worden. Auch die Dienstaufsicht für die Luftwaffeneinheit, die für die Beförderung von Politikern zuständig ist, habe nicht funktioniert, hieß es im Bericht.
Allerdings gab die Regierungskommission unter Leitung von Innenminister Jerzy Miller auch Russland eine Mitschuld: Die Beleuchtung der Landebahn auf dem Flughafen im russischen Smolensk sei in einem schlechten Zustand gewesen. Das russische Bodenpersonal habe dem polnischen Piloten zudem beim Landeanflug im dichten Nebel falsche Anweisungen erteilt.
Nach den polnischen Ermittlungen der Regierungskommission konnte der von einigen Politikern und Medien erhobene Vorwurf nicht belegt werden, Kaczynski und andere Fluggäste hätten den Piloten gegen seinen Willen zur Landung in Smolensk gezwungen. Zur Verärgerung der Führung in Warschau hatte Russland in seinem im Januar vorgelegten Bericht der polnischen Seite die alleinige Schuld an dem Unglück gegeben.
Die Maschine war beim Landeversuch zerschellt. Die Delegation aus Warschau war auf dem Weg nach Katyn, wo sie der Ermordung mehrerer Tausend polnischer Offiziere durch den sowjetischen Geheimdienst im April 1940 gedenken wollte. Die Erschütterung über das Unglück führte zu einer kurzzeitigen Annäherung zwischen Russland und Polen, die aber nach dem russischen Abschlussbericht abrupt endete.
Kaczynskis Zwillingsbruder Jaroslaw, der die national-konservative Opposition anführt, warf dem liberal- konservativen
Ministerpräsident Donald Tusk vor, gemeinsame Sache mit Russland gemacht zu haben, um die wahren Ursachen des Absturzes zu verschleiern. Tusk wies die Vorwürfe zurück.
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