Landkarte von Polen
Landkarte von Polen

Polen

 

Polen (pl. Polska [pɔlska], amtlich Rzeczpospolita Polska, Republik Polen) ist ein Staat in Mitteleuropa. Das Land grenzt im Norden an die russische Exklave Kaliningrad (210km) und an Litauen (103km), im Osten an Weißrussland (416km) und die Ukraine (529km), im Süden an die Slowakei (539km) und Tschechien (790km) sowie im Westen an Deutschland (467km). Des Weiteren hat das Land eine 528km lange Ostseeküste. Insgesamt sind Polens Grenzen 3.582km lang. Die längste Nord-Süd-Ausdehnung beträgt 649km, die längste Ost-West-Ausdehnung 689km.

 

Polen ist Mitgliedstaat der Europäischen Union seit dem 1. Mai 2004

 

Landesname

 

Der Name Polen kommt vom westslawischen Stamm der Polanen (pln. Polanie, vom Wortstamm pol = „Feld“), die sich im 5.Jahrhundert im Gebiet der heutigen Wojewodschaft Großpolen um Posen (pln. Poznań) und Gniezno, zwischen den Flüssen Oder und Weichsel, niederließen.

 

Geographie

 

Das Gebiet Polens besteht aus fünf geografischen Räumen.

 

Im Nordwesten befindet sich die von der Pommerschen bis zur Danziger Bucht reichende Ostseeküste, die durch zahlreiche Nehrungen, Binnengewässer und Dünen gekennzeichnet ist. Die weitgehend gerade verlaufende Küstenlinie wird durch das Stettiner und das Frische Haff sowie die Pucker Bucht unterbrochen.

 

Im Norden und dem Zentrum schließt sich das von der Eiszeit geformte Tiefland der mitteleuropäischen Ebene an, in dem vier große Seenplatten (Masurische Seenplatte, Kaschubische Seenplatte, Pommersche Seenplatte und Großpolnische Seenplatte) liegen, deren zahlreiche Gewässer in die hügelige Moränenlandschaft des Baltischen Landrückens eingebettet sind (vgl. Kaschubische Schweiz).

 

Südlich des Tieflandes liegen die durch die Urstromtäler der großen Flüsse geprägten Landschaften Schlesiens und Masowiens. Insbesondere die Lubliner Region an der mittleren Weichsel mit ihren Lößböden ist stark durch Hohlwege gekennzeichnet.

 

Im Süden Polens befinden sich die polnischen Mittelgebirge, des Krakauer-Tschenstochauer Jura, das Heiligkreuzgebirge, die Beskiden, die Waldkarpaten und die Sudeten. Die höchste Erhebung, die Hohe Tatra, ist ein geologisch sehr vielseitiges Hochgebirge.

 

Äußerste Punkte

 

  • Nördlichste Ortschaft: Jastrzębia Góra
  • östlichstes Dorf: Zosin (Powiat Hrubieszowski)
  • südlichste Gemeinde: Wołosate
  • westlichstes Dorf: Osinów Dolny

Der geografische Mittelpunkt Polens liegt in der Gemeinde Piatek. Koordinaten: 52°4'9.00" N 19°28'50.00" O

  

Flüsse

 

Die längsten Flüsse sind die Weichsel (pln. Wisła) mit 1.047 km, der Grenzfluss Oder (pln. Odra) mit 854km, die Warthe (pln. Warta) mit 808 km und der Bug mit 772 km. Der Bug verläuft entlang der polnischen Ostgrenze. Die Weichsel und die Oder münden wie zahlreiche kleinere Flüsse in Pommern in die Ostsee. Die Alle (pln. Łyna) und die Angerapp (pln. Węgorapa) fließen über den Pregel und die Hańcza über die Memel in die Ostsee. Daneben entwässern einige kleinere Flüsse, wie die Iser in den Sudeten, über die Elbe in die Nordsee. Die Arwa aus den Beskiden fließt über die Waag und die Donau (pln. Dunaj) genauso wie einige kleinere Flüsse aus den Waldkarpaten über den Dnister ins Schwarze Meer.

 

Die polnischen Flüsse wurden schon sehr früh zur Schifffahrt genutzt. Bereits die Wikinger befuhren mit ihren Langschiffen während ihrer Raubzüge durch Europa die Weichsel und die Oder. Im Mittelalter und der Neuzeit, als Polen-Litauen die Kornkammer Europas war, gewann die Verschiffung von Agrarprodukten auf der Weichsel Richtung Danzig (pln. Gdańsk) und weiter nach Westeuropa eine sehr große Bedeutung, wovon noch viele Renaissance- und Barockspeicher in den Städten entlang des Flusses zeugen.

 

Geologie

 

Die geologische Struktur Polens wird geprägt durch die Plattenkollision der Kontinente Afrika und Europa während der letzten Jahrmillionen einerseits sowie durch die Vergletscherung von Skandinavien während der Eiszeiten andererseits. Beide Prozesse formten die Karpaten und die Sudeten. Die Moränenlandschaft Nordpolens weist zumeist Sand- und Lehmböden auf, während die südlicheren Urstromtäler oft Lößböden aufweisen. Der Jura, die Pieninen und die Westliche Tatra bestehen aus Kalkstein, während die Hohe Tatra, die Beskiden und das Riesengebirge sich zum großen Teil aus Granit und Basalten zusammensetzen. Das Heiligkreuzgebirge ist eines der ältesten Gebirge der Erde.

 

Berge

 

Polen hat 21 Berge mit über 2.000 m Höhe, die sich alle in der Tatra befinden. Die Tatra, auf polnischem Gebiet aus Hoher und Westlicher Tatra bestehend, stellt die höchste Bergkette Polens sowie der gesamten Karpaten dar. Mit 2.499 m sind die Rysy mit dem Meerauge (pln. Morskie Oko), einem Bergsee, der höchste Gipfel. Die zweithöchste Gebirgskette in Polen sind die Beskiden mit der Babia Góra (1.725 m) als höchstem Gipfel. Gefolgt werden sie vom Riesengebirge, dessen Schneekoppe (pln. Śnieżka) mit 1.602 m die höchste Erhebung der Sudeten darstellt. Zu den schönsten Bergen Polens gehören die Waldkarpaten im äußersten Südosten des Landes, deren höchster die in der Polonina gelegene Tarnica mit 1.346 m ist. Unter Touristen sind zudem die Niederen Beskiden (etwa 1.000 m), die Gorce (ca. 1.300 m), und die Pieniny (etwa 1.000 m) bekannt, die jeweils durch einen Nationalpark geschützt sind.

 

Der mit 2 m unter Normalnull am tiefsten gelegene Punkt Polens befindet sich bei Raczki Elbląskie in der Nähe von Elbing (pln. Elbląg) im Weichseldelta.

 

Seen

 

Polen gehört mit fast 10.000 geschlossenen Gewässern, deren Fläche einen Hektar überschreitet, zu den seenreichsten Ländern der Welt. In Europa weist nur Finnland mehr Seen pro km² als Polen auf. Die größten Seen mit über 100 km² Fläche sind Śniardwy (Spirdingsee) und Mamry (Mauersee) in Masuren sowie das Jezioro Łebsko (Lebasee) und das Jezioro Drawsko (Dratzigsee) in Pommern. Neben den Seenplatten im Norden (Masuren, Pommern, Kaschubei, Großpolen) gibt es auch eine hohe Anzahl an Bergseen in der Tatra, von denen das Morskie Oko der flächenmäßig größte ist. Der mit über 100 m tiefste See ist der Hańcza-See in der Seenplatte von Wigry, östlich von Masuren in der Wojewodschaft Podlachien. Gefolgt wird er von dem Bergsee Wielki Staw Polski (dt. Großer Polnischer See) im „Tal der fünf polnischen Seen“.

 

Zu den ersten Seen, deren Ufer besiedelt wurden, gehören die der Großpolnischen Seenplatte. Die Pfahlbausiedlung von Biskupin, die von mehr als 1.000 Menschen bewohnt wurde, gründeten bereits vor dem 7.Jahrhundert v. Chr. Angehörige der Lausitzer Kultur. Die Vorfahren der heutigen Polen, die Polanen, bauten ihre ersten Burgen auf Seeinseln (pln. Ostrów). Der legendäre Fürst Popiel soll im 8.Jahrhundert von Kruszwica am Goplosee regiert haben. Der erste historisch belegte Herrscher Polens, Herzog Mieszko I., hatte seinen Palast auf einer Wartheinsel in Posen.

 

Küste

 

Die polnische Ostseeküste ist 528 km lang und erstreckt sich von Swinemünde (pln. Świnoujście) auf den Inseln Usedom und Wolin im Westen bis nach Krynica Morska auf der Frischen Nehrung (auch Weichselnehrung genannt) im Osten. Die polnische Küste ist zum großen Teil eine sandige Ausgleichsküste die durch die stetige Bewegung des Sandes aufgrund der Strömung und des Windes von West nach Ost charakterisiert wird. Dadurch bilden sich viele Kliffe, Dünen und Nehrungen, die nach dem Auftreffen auf Land viele Binnengewässer schaffen, wie z.B. das Jezioro Łebsko im Slowinzischen Nationalpark bei Łeba. Die bekanntesten Nehrungen sind die Halbinsel Hela und die Frische Nehrung. Die größte polnische Ostseeinsel ist Wolin. Die größten Hafenstädte sind Gdynia, Danzig (pln. Gdańsk), Stettin (pln. Szczecin) und Swinemünde (pln. Świnoujście). Die bekanntesten Ostseebäder sind Sopot, Międzyzdroje, Kolberg (pln. Kołobrzeg), Łeba, Władysławowo und Jurata.

 

Bodennutzung

 

28 Prozent des Landes sind von Wald bedeckt. Über die Hälfte der Fläche wird landwirtschaftlich genutzt, wobei allerdings die Gesamtfläche der Äcker zurückgeht und gleichzeitig die verbliebenen intensiver bewirtschaftet werden. Die Viehzucht ist insbesondere in den Bergen weit verbreitet. Über ein Prozent der Fläche Polens (3.145km²) werden in 23 Nationalparks geschützt. In dieser Hinsicht nimmt Polen den ersten Platz in Europa ein. Drei weitere sollen in Masuren, im Krakauer-Tschenstochauer Jura und in den Waldkarpaten neu geschaffen werden. Die meisten polnischen Nationalparks befinden sich im Süden des Landes. Zudem werden Sumpfgebiete an Flüssen und Seen in Zentralpolen geschützt, sowie Küstengebiete im Norden. Hinzu kommen zahlreiche Reservate und Schutzgebiete.

 

Flora und Fauna

 

In Polen leben noch Tiere, die in weiten Teilen Europas bereits ausgestorben sind, wie z. B. der Wisent (pln. Żubr) im Urwald von Białowieża und in Podlachien sowie der Braunbär in Białowieża, in der Tatra und in den Waldkarpaten, der Wolf und der Luchs in den verschiedenen Waldgebieten, der Elch in Nordpolen, der Biber in Masuren, Pommern und Podlachien. In den Wäldern trifft man auch auf Nieder- und Hochwild (Rotwild, Rehwild und Schwarzwild). Zudem gibt es im Osten Polens auch Urwälder, die nie von Menschen gerodet wurden, wie der zuvor erwähnte Urwald von Białowieża. Große Waldgebiete gibt es auch in den Bergen, Masuren, Pommern und Niederschlesien.

 

Polen ist das wichtigste Brutgebiet der europäischen Zugvögel. Ein Viertel aller Zugvögel, die im Sommer nach Europa kommen, brütet in Polen, insbesondere in den Seenplatten und den Sumpfgebieten der Biebrza, des Narew und der Warthe (pln. Warta), die jeweils durch einen Nationalpark geschützt werden. In Masuren gibt es Dörfer, in denen mehr Störche als Menschen leben.

 

Klima

 

Das Klima ist gemäßigt und wird nach Osten und Südosten immer kontinentaler. Die Sommer sind allgemein mäßig warm bis warm mit Mitteltemperaturen zwischen 16  und 19 C und die Winter kalt, mit Mitteltemperaturen um 0  C im Nordwesten und bis zu −5  C im Südosten. Niederschlag fällt das ganze Jahr über, wobei der Winter insbesondere im Osten trockener als der Sommer ist.

 

Größte Städte

 

Die größten Ballungszentren sind das Oberschlesische Industriegebiet, die Ballungsräume um Warschau und Łódź sowie das Weichseldelta um die sogenannte „Dreistadt“ mit Danzig, Sopot und Gdynia. Eine Übersicht bildet die Liste der Städte in Polen sowie die Liste deutscher Bezeichnungen polnischer Orte.

 

Verwaltungsgliederung

 

Seit dem 1. Januar 1999 ist Polen in 16 Woiwodschaften, eingeteilt. Sie haben alle eine eigene Volksvertretung (Sejmik), ein von der Zentralregierung ernanntes Oberhaupt (Wojewoda), der die von der Zentralregierung in Warschau den Woiwodschaften zugeteilten Finanzen verwaltet, und einen von der Volksvertretung gewählten Vorstand (Zarząd) unter dem Woiwodschaftsmarschall (Marszałek) als Vorsitzendem.

 

Nr.       Deutscher Name                      Polnischer Name                        Nr.       Deutscher Name            Polnischer Name

 

01        Ermland-Masuren                    Warmińsko-Mazurskie                09        Lublin                           Lubelskie

02        Großpolen                               Wielkopolskie                           10        Masowien                      Mazowieckie

03        Heiligkreuz                              Świętokrzyskie                         11        Niederschlesien             Dolnośląskie

04        Karpatenvorland                      Podkarpackie                            12        Oppeln                          Opolskie

05        Kleinpolen                               Małopolskie                              13        Podlachien                     Podlaskie

06        Kujawien-Pommern                  Kujawsko-Pomorskie                 14        Pommern                      Pomorskie

07        Lebus                                      Lubuskie                                  15        Schlesien                      Śląskie

08        Lodsch                                     Łódzkie                                   16        Westpommern              Zachodniopomorskie

 

Nächstkleinere Selbstverwaltungseinheit ist der Powiat.

 

Bevölkerung

 

Einwohner und Ethnien

 

Polen hat mit etwa 39 Millionen Einwohnern die achtgrößte Bevölkerungszahl in Europa und die sechstgrößte in der Europäischen Union. Die Bevölkerungsdichte beträgt 122 Einwohner pro Quadratkilometer. Die Geburtenrate betrug 2008 1,31 Kinder pro Frau.

 

Polen ist ethnisch betrachtet ein äußerst homogener Staat, was ein Novum in der polnischen Geschichte darstellt: Die Polen stellen mit 96,7% die Mehrheitsbevölkerung (inkl. der Schlesier und Kaschuben). Die verbleibende Minderheitsbevölkerung in Polen setzt sich nach einer Volkszählung von 2002 aus Deutschen (152.897), Weißrussen (etwa 49.000) und Ukrainern (etwa 30.000) sowie Tataren, Litauern, Roma, Lemken, Russen, Karäern, Slowaken und Tschechen zusammen. Unter den ausländischen Staatsangehörigen stellen Vietnamesen die größte ethnische Gruppe, gefolgt von Griechen und Armeniern. Die Zahl der Auslandspolen weltweit wird auf 20 Millionen geschätzt.

 

Religion

 

Seit dem Zweiten Weltkrieg und der Westverschiebung Polens ist das Land größtenteils katholisch. Fast 90% sind römisch-katholisch, davon etwa 70% praktizierend. 1,3% Polen sind polnisch-orthodox, 0,3% Zeugen Jehovas, 0,2% griechisch-katholisch, 0,2% evangelisch-lutherisch. Kleinere Minderheiten bilden unter anderem die Altkatholischen Mariaviten, die Polnisch-Katholischen, Pfingstler, Adventisten, Juden und Muslime (unter anderem die Tataren bei Białystok). Die heute polnischen Regionen Niederschlesien, Lebus (Ost-Brandenburg), Westpreußen, Hinterpommern und das südliche Ostpreußen waren vor der Vertreibung der ansässigen Bevölkerung nach dem Zweiten Weltkrieg mehrheitlich evangelisch-lutherisch. Die ab 1945 aus Oberschlesien und dem Ermland vertriebenen deutschen Bevölkerungsteile waren demgegenüber ebenso wie die dort bereits ansässige und neuangesiedelte polnische Bevölkerung mehrheitlich katholisch.

 

Ein besonders hohes Ansehen in Polen besitzt der verstorbene Papst Johannes Paul II. (1920–2005), der vor seiner Papstwahl als Karol Wojtyła Erzbischof von Krakau war und eine bedeutende politische Rolle während des Zusammenbruchs des Ostblocks innehatte.

 

Die polnischen Stämme waren ursprünglich Heiden und hatten, ähnlich wie andere Westslawen, ein polytheistisches Religionssystem, dessen Hauptgott der vierköpfige Świętowit war, dessen Statuen zwischen Pommern (z.B. bei Kap Arkona auf Rügen) und der Ukraine (z.B. der „Antichrist aus dem Zburz“) gefunden wurden. Diese Religion konnte sich teilweise bis ins 14.Jahrhundert behaupten. Insbesondere im Nordosten wurde auch ein Ahnenkult gepflegt, der teilweise bis ins 19.Jahrhundert überdauerte und in der Romantik unter anderem von Adam Mickiewicz in seinem Drama Dziady wieder aufgegriffen wurde.

 

Die polnischen Stämme kamen wahrscheinlich im 9.Jahrhundert über das Großmährische Reich mit dem christlichen Glauben erstmals in Kontakt. Die Wislanen in Kleinpolen wurden zur Zeit der byzantinischen Slawenapostel Kyrill und Method von den Herrschern des Großmährischen Reiches unterworfen. Mährischen Chronisten zufolge soll bereits zu dieser Zeit das Christentum nach slawischem Ritus in der Region um Krakau eingeführt worden sein. Im Jahre 965 heiratete der Herzog von Polen, Mieszko I., die böhmische Prinzessin christlichen Glaubens Dubrawka und ließ sich im folgenden Jahr nach lateinischem Ritus taufen. Damit hatten auch seine Untertanen den neuen Glauben anzunehmen. Polen war jedoch im Mittelalter religiös nie homogen. Noch bevor sich der christliche Glaube endgültig durchsetzen konnte, wanderten in den nächsten Jahrhunderten, begünstigt durch das Toleranzedikt von Kalisz von 1265 Juden aus Westeuropa und Hussiten aus Böhmen nach Polen ein. Durch die Union mit Litauen 1386 und 1569 kamen viele weißrussisch und ukrainischsprachige orthodoxe Christen unter die Herrschaft der polnischen Könige. Das Luthertum fand seit dem 16.Jahrhundert besonders bei der deutschen Bevölkerung in den nordpolnischen Städten viele Anhänger, während der Kalvinismus beim Kleinadel, der Szlachta, beliebt war. Es bildete sich auch eine polnische Sekte der arianischen Polnischen Brüder unter der Leitung von Fausto Sozzini, die in Raków sogar eine eigene Universität gründete. Der Sejm von 1555 debattierte über die Einführung einer protestantischen Nationalkirche in Polen. Diese wurde zwar nicht eingeführt, doch die Warschauer Konföderation und die Articuli Henriciani von 1573 sicherten die individuelle Glaubensfreiheit in der polnischen Verfassung, daher kam es in Polen nie zu Religionskriegen. 1596 wurde in der Kirchenunion von Brest die griechisch-katholische Kirche gegründet. Im 17.Jahrhundert vermochte die Gegenreformation jedoch die meisten „Andersgläubigen“ auf die katholische Seite zu ziehen.

 

Gegen Ende des 17.Jahrhunderts siedelte der polnische König Jan Sobieski muslimische Tataren in Podlachien an. Eine relativ große muslimische Minderheit lebte auch um Kamieniec Podolski in Podolien, das zwischen 1672 und 1699 zum Osmanischen Reich gehörte.

 

Die polnischen Juden sind seit dem 18.Jahrhundert in zwei dominierende Glaubensrichtungen getrennt, die aufgeklärten Haskalen und die orthodoxen Chassiden.

 

Geschichte

 

Frühgeschichte und Gründung

 

Die Römer erwähnten bereits um Christi Geburt die Städte Kalisz und Truso. Germanische Stämme siedelten seit etwas vor 200 v.Chr. in großen Teilen des heutigen Polens. Textquellen berichten über Goten, Vandalen, Lugier und Burgunder. Archäologische Spuren sind die Przeworsker Kultur (ab 250 oder 200 v.Chr.) und die Wielbark-Kultur (ab etwa 100 v. Chr.). Zwischen 200 n.Chr. und etwa 450 n. Chr. zogen die Ostgermanen weiter ins heutige Italien, Deutschland, Frankreich, Spanien und Tunesien und vermischten sich mit den dortigen Bevölkerungen. Gleichzeitig kamen während der Völkerwanderung andere Völker, darunter die Balten und Slawen in das heutige Polen. Dauerhaft siedelten seit dem 5.Jahrhundert die Westslawen im polnischen Gebiet. Vor der Staatsgründung unternahmen die Wikinger, Ungarn und Mährer Raubzüge nach Polen. Mit dieser Zeit verbindet man auch die Sagen um die ersten Urfürsten Polens Popiel, Piast, Lech und Siemowit.

 

Polen, dessen Name sich vom westslawischen Stamm der Polanen ableitet, ist als Herzogtum im frühen 10.Jahrhundert von Poznań (Posen) und Gniezno (Gnesen) aus gegründet worden. Es wurde von 960 bis 992 von Herzog Mieszko I. aus der Dynastie der Piasten regiert, der nach und nach die anderen westslawischen Stämme zwischen Oder und Bug unterwarf.

 

966 ließ sich Mieszko I. nach römisch-katholischem Ritus taufen. Das Territorium erreichte durch Eroberungen unter Mieszko I. und seinem Sohn Bolesław dem Tapferen Grenzen, die den heutigen Staatsgrenzen sehr nahe kamen. Um 997 schloss Polen ein enges politisch-militärisches Bündnis mit dem Heiligen Römischen Reich, während des Staatsakts zu Gnesen im Jahr 1000 wurde die Übereinkunft vom polnischen Herrscher Bolesław I. und Kaiser Otto III. bestätigt. Mit der Krönung Bolesławs im Jahr 1025 wurde Polen in den Stand eines Königreiches erhoben.

 

Mittelalter und Neuzeit

 

Während der Regentschaft des Piasten Kazimierz I., wurde die Hauptstadt 1040 von Gnesen nach Krakau verlegt. Nach dem Tod von Bolesław III. Schiefmund 1138 wurde die Senioratsverfassung eingeführt, nach welcher die Söhne von Bolesław III. als Juniorherzöge unter dem Seniorat des jeweils Ältesten der Dynastie die ihnen unterstehenden einzelnen Landesteile regierten. Bis 1295 dauerte diese feudale Zersplitterung in Polen an. Dieser sogenannte Partikularismus führte zu einer starken politischen Schwächung Polens im 13.Jahrhundert. Polen zerfiel 1138 in sechs unabhängige Herzogtümer: Kleinpolen, Großpolen, Pommern, Pommerellen, Schlesien und Masowien, das sogenannte „Seniorat Polen“. Die Jahre bis zur Wiedervereinigung waren durch feudalistische Territorialzersplitterung geprägt. Das im Osten gelegene Gebiet Kleinpolens zerfiel in das Adelsterritorium Sandomierz, das östliche Großpolen in die Herzogtümer Łęczyca und Sieradz, das westliche Masowien in das Herzogtum Kujawy. Zwei lehnsabhängige Fürstentümer trennten sich unter einheimischen Herrscherhäusern ganz vom Reichsverband und gingen ihre eigenen Wege, so Pommern 1181 unter den Greifen und Pommerellen 1227 unter den Samboriden. Schlesien wurde 1348 im Vertrag von Namslau endgültig ein Teil Böhmens und damit des Heiligen Römischen Reiches. Hinzu kamen in den folgenden Jahrhunderten Eroberungen verschiedener Staaten (Kgr. Böhmen, Mgf. Brandenburg, Deutscher Orden). Auch der Mongolensturm des Jahres 1241, und die nachfolgenden großen Plünderungszüge der Tataren ließen die Bevölkerungszahl in den polnischen Teilfürstentümern schrumpfen.

 

Anfang des 14.Jahrhunderts wurde Polen unter der Regentschaft von Władysław I. Ellenlang wiedervereinigt. Sein Sohn, Kasimir der Große, setzte den väterlichen Kampf um die Einheit fort und leitete erfolgreich soziale und wirtschaftliche Reformen ein, die Polen zu einer machtvollen Position in Mitteleuropa verhalfen. 1386 heiratete der litauische Großfürst Jagiełło die polnische Königin Jadwiga. Er, Władysław II. Jagiełło, nunmehr zugleich litauischer Großfürst und polnischer König, schuf den mächtigen Doppelstaat Polen-Litauen, der für die nächsten 400 Jahre die Geschicke Mittel- und Osteuropas entscheidend beeinflusste. Im 15. Jahrhundert, nach der politischen Ausschaltung des Deutschen Ordens in Preußen, stieg das aus Polen und Litauen hervorgegangene Großreich zu einer der führenden Kontinentalmächte und war lange Zeit der größte Staat Europas mit Einflusssphären vom Baltischen- zum Schwarzen Meer und von der Adria bis an die Tore Moskaus. Auf Betreiben des letzten polnischen Königs aus der Jagiellonen-Dynastie, Zygmunt August, wurde die Personalunion zwischen Polen und Litauen in Lublin im Jahr 1569 in eine Realunion umgewandelt. Polen und Litauen bildeten seit 1569 die sogenannte Adelsrepublik und damit den ersten modernen Staat Europas mit einem adelsrepublikanischen System und einer Gewaltenteilung.

 

Teilung, Unterdrückung und Kampf um die Unabhängigkeit

 

Die Adelsrepublik stürzte im 17. und 18.Jahrhundert in eine dauerhafte Krise, die durch zahlreiche Kriege (mit Schweden, dem Osmanischen Reich, Russland, Brandenburg-Preußen und Siebenbürgen), fehlende politische Reformen und innere Unruhen gekennzeichnet war. Es kam zur Bildung von Magnaten (sogenannten Konföderationen gegen die Interessen des Staates und des Königs), Kosakenaufständen und dauerhaften Konfrontationen mit den Krim-Tataren in den südöstlichen Wojewodschaften. Besonders die Wahl ausländischer Dynasten zu polnischen Königen (sie verfügten über keine Hausmacht in Polen und waren vom Wohlwollen des Hochadels abhängig) und die Uneinigkeit innerhalb des polnischen Adels, der Szlachta und Oligarchen, schwächten den Staat beträchtlich. Insbesondere die so genannte Sachsenzeit wird dabei aus polnischer Sicht als negativ für den weiteren Bestand des polnischen Staates eingestuft.

 

Auch die Ratifizierung einer Verfassung 1791, der ersten modernen Verfassung Europas überhaupt, konnte den Niedergang der Adelsrepublik nicht stoppen. In den drei Teilungen Polens 1772, 1793 und 1795 wurde Polens innere Schwäche von seinen Nachbarn Preußen, Österreich und Russland ausgenutzt, welche Polen gleichzeitig überfielen und am Ende unter sich aufteilten. Polen wurde damit seiner Souveränität beraubt und in drei unterschiedliche Staaten zerrissen.

 

Auf Drängen des französischen Kaisers Napoleon entstand 1807, im Rahmen des Friedens von Tilsit, aus den preußischen Erwerbungen der Zweiten und Dritten Teilung ein relativ kleines Herzogtum Warschau, als Vasallenstaat Frankreichs, dem es 1809 gelang, Teile Kleinpolens (Westgalizien) von Österreich zurückzuerobern. Aufgrund der Niederlagen der polnisch-französischen Allianz im Russlandfeldzug 1812 und in der Völkerschlacht bei Leipzig im Jahr 1813 kam es zu keiner Wiederherstellung Polens und das Herzogtum wurde auf dem durch die Teilungsmächte dominierten Wiener Kongress aufgeteilt. Große Teile Großpolens fielen als Provinz Posen wieder an Preußen. Krakau wurde zum Stadtstaat, der Republik Krakau. Der Rest, das sogenannte „Kongresspolen“, wurde als „Königreich Polen“ 1815 in Personalunion mit dem Zarenreich verbunden, war also formal bis auf den gemeinsamen Herrscher von Russland unabhängig. Bis 1831 genoss dieses polnische Staatswesen weitgehende Autonomie. Mit dem Aufkommen des Nationalismus beim Übergang von der Feudalgesellschaft zum Kapitalismus wurde durch die zaristische Verwaltung versucht, diese Autonomie Schritt für Schritt abzuschaffen.

 

Dadurch kam es zum fehlgeschlagenen Novemberaufstand von 1830, in dem die Polen versuchten, die russische Fremdherrschaft und Dominanz abzuschütteln. Mit der Niederlage wurde die polnische Bevölkerung seit 1831 in den preußischen und russischen Besatzungszonen einer verstärkten Germanisierung – den preußischen Volkszählungen zufolge ohne größere Auswirkungen auf die Bevölkerungsverhältnisse – und Russifizierung unterzogen, die nach dem zweiten, gescheiterten Aufstand, dem Januaraufstand von 1863, besonders forciert wurde. Die Bezeichnung Polen wurde verboten und das Land durch die russische Obrigkeit in Weichselland umbenannt. Ähnlich verfuhren auch die Hohenzollern in Pommerellen und Großpolen: In Volkszählungen tauchen Polen als Nationalität auf, aber als zeitgenössischer geografischer Begriff wird Polen in preußischen Schulbüchern und allen deutschsprachigen Kartenwerken auf den russischen Teil beschränkt. Nur im von Österreich besetzten polnischen Galizien konnten die Polen durch die politischen Reformen des Hauses Habsburg-Lothringen in der Donaumonarchie seit 1867 der geistig-nationalen Unterdrückung in den von Preußen und Russland dominierten Teilen Polens entkommen, das von da ab das Fundament der Wiedergeburt Polens nach dem Ersten Weltkrieg bildete.

 

Unabhängigkeit und die Zweite Republik 1918–1939

 

Während des Ersten Weltkrieges beschlossen die Kaiserreiche Deutschland und Österreich-Ungarn die Gründung eines selbständigen polnischen Staates auf dem Territorium Kongresspolens. Dies war aber eher eine gegen Russland gerichtete Maßnahme als eine Anerkennung des Rechts aller Polen auf Eigenstaatlichkeit. Durch die Kriegsereignisse bedingt, hatte der Beschluss keine praktischen Auswirkungen. 1916 wurde dennoch das in Analogie zum Entschluss des Wiener Kongresses benannte Königreich Polen durch das Deutsche Reich ausgerufen.

 

Aufgrund der Niederlage der Teilungsmächte erlangte Polen nach dem Ersten Weltkrieg seine Souveränität 1918 zurück. Im Friedensvertrag von Versailles wurde die Unabhängigkeit Polens 1919 im internationalen Rahmen bestätigt. Polen war damit Gründungsmitglied des Völkerbundes.

 

Durch die Siegermächte wurden in Osteuropa Grenzen nach Bevölkerungsmehrheiten vorgesehen. Federführend war dabei der britische Außenminister Lord George Nathaniel Curzon. Die Weimarer Republik war gezwungen, die preußischen Provinzen Westpreußen und Posen aufzugeben, die im Rahmen der Polnischen Teilungen vom Königreich Preußen annektiert wurden. Unmittelbar danach verließen 200.000 Deutsche die der Republik Polen zugesprochene Gebiete.

 

Aufgrund der unklaren politischen Verhältnisse nach dem Zusammenbruch der Hohenzollern- und Romanow-Monarchien kam es während der ersten Konsolidierungsphase des neuen Staates zu Konflikten mit den Nachbarstaaten, zum Beispiel mit Deutschland um Oberschlesien in der Schlacht um St. Annaberg oder um die Stadt Vilnius (pln. Wilno) im heutigen Litauen.

 

Bereits im August 1920 überrannte die Rote Armee während des Polnisch-Sowjetischen-Krieges weite Gebiete des neuen Staates. Nach dem Sieg Marschall Józef Piłsudskis gegen die Bolschewiken an der Weichsel wurde im Friedensvertrag von Riga am 18. März 1921 Polens Ostgrenze etwa 250 km östlich der Curzon-Linie festgelegt.

 

Die Curzon-Linie markierte die östliche Grenze des geschlossenen polnischen Siedlungsgebietes, während die östlichen Gebiete eine gemischte Bevölkerungsstruktur aus Polen, Ukrainern, Weißrussen, Litauern, Juden und Deutschen aufwiesen, wobei Polen in vielen Städten und die anderen Bevölkerungsgruppen auf dem Land dominierten. Während die Bevölkerungsmehrheit der Städte meist römisch-katholisch oder jüdisch war, war die Landbevölkerung überwiegend orthodox. Gleichwohl verfehlte Piłsudski sein Ziel, die Ukraine als unabhängigen „Pufferstaat“ zwischen Polen und Sowjetrussland zu etablieren. In Riga erkannte Polen die Ukraine als Teil der späteren Sowjetunion unter Mykola Skrypnyk an. In den von Sowjetrussland Polen zugesprochenen Gebieten, östlich des Westlichen Bugs, bildeten die Polen 1919 25% der Bevölkerung, 1939, nach einer Ansiedlungspolitik mit Bevorzugung von Polen während der Amtszeit Piłsudskis, waren es bereits etwa 38%. Polnische Sprachinseln im je nach Region mehrheitlich ukrainisch, weißrussischen oder litauischen Umland, waren die Regionen Vilnius (pln. Wilno) und Lemberg (pln. Lwów). Insgesamt waren in dem Gebiet 1939 von 13,5 Millionen Einwohnern etwa 3,5 Millionen Polen.

 

Die innere Konsolidierung des neuen Staates wurde erschwert durch die Zersplitterung der politischen Parteien, die in der Teilungszeit entstandenen unterschiedlichen Wirtschafts-, Bildungs-, Justiz- und Verwaltungssysteme sowie durch die Existenz starker ethnischer Minderheiten (31% der Gesamtbevölkerung). Außenpolitisch war Polen zunächst in das französische Allianzsystem einbezogen. Eine restriktive Politik gegenüber der deutschen Minderheit, die zur Emigration etwa eine Million deutschsprachiger Staatsbürger führte, die Weigerung der Regierung Stresemann, die neue deutsche Ostgrenze anzuerkennen, ein „Zollkrieg“ um die oberschlesische Kohle sowie der politisch-weltanschauliche Gegensatz zum Sowjetsystem schlossen eine Kooperation Polens mit seinen beiden größten Nachbarn aus.

 

Am 12. Mai 1926 gewann Marschall Piłsudski nach einem Staatsstreich die Macht (1926–1928 und 1930 als Ministerpräsident, 1926–1935 als Kriegsminister). Zur außenpolitischen Absicherung wurden Nichtangriffsverträge mit der Sowjetunion (1932) und dem Deutschen Reich (1934) geschlossen. Außenminister Józef Beck strebte den Aufstieg Polens zur ostmitteleuropäischen Hegemonialmacht im Rahmen eines neuen Europa von der Ostsee bis zur Adria an, seine Pläne scheiterten jedoch aufgrund der geopolitischen Lage.

 

Kurz bevor Polen selbst vom nationalsozialistischen Deutschland angegriffen wurde, stellte es im Zuge des Münchener Abkommens territoriale Forderungen an die Tschechoslowakei. Im Oktober 1938 annektierte Polen, gegen den Willen der tschechischen Regierung, das Olsagebiet, welches 1919 von der Tschechoslowakei besetzt und mehrheitlich aber von Polen bewohnt wurde. Am 1. September 1939 wurde Polen vom Deutschen Reich und dem deutschen Vasallenstaat Slowakei, unter Jozef Tiso, angegriffen. Zunächst besetzten Truppen des Deutschen Reichs und der Slowakei die westlichen Teile des Landes und am 17. September folgte, unter dem Vorwand des „Schutzes“ der weißrussisch-ukrainischen Bevölkerung, die sowjetische Besetzung Ostpolens. Die Annexion und Aufteilung des polnischen Staatsgebietes war zuvor in einem geheimen Zusatzprotokoll zum Hitler-Stalin-Pakt von den Diktatoren beschlossen worden. Damit nahm der Zweite Weltkrieg seinen Anfang, in dem sechs Millionen polnische Staatsbürger, darunter fast die Hälfte jüdischer Abstammung, ihr Leben verlieren sollten.

 

Zweiter Weltkrieg 1939–1945

 

Mit dem Angriff Deutschlands am 1. September und der Sowjetunion am 17. September 1939 auf Polen begann der Zweite Weltkrieg. Noch vor dem Zusammenbruch der polnischen Front floh die polnische Regierung über das neutrale Rumänien nach Paris, später nach London und organisierte von dort aus die Streitkräfte und den Widerstand neu. Anders als im Westen machte Hitler schon vorher klar, dass er die „Liquidierung des führenden Polentums“ (Reinhard Heydrich) ins Auge fasste. Allein in den ersten vier Monaten der deutschen Besatzungsherrschaft wurden mehrere 10.000 Personen erschossen. Bereits Anfang der 1940er-Jahre errichteten die Nationalsozialisten mehrere Konzentrationslager auf dem Gebiet Polens, unter anderen Auschwitz, Majdanek und Treblinka. Die Besatzungszeit hatte für große Teile der polnischen Zivilbevölkerung katastrophale Folgen. Anderseits beteiligte sich in manchen Fällen die polnische Bevölkerung auch an der Unterdrückung und Ausrottung der polnischen Juden. Polen wurde gemäß dem Hitler-Stalin-Pakt im Westen von der Wehrmacht und im Osten von der Roten Armee besetzt.

 

Zu den übergreifenden Zielen der Besatzungspolitik im gesamten Gebiet gehörte erstens die Ausschaltung und Vernichtung der polnischen Juden und der polnischen Intelligenz, zweitens die Vorverlegung der deutschen Ostgrenze und die Erweiterung des „Lebensraums im Osten“ und drittens die Stärkung der deutschen Kriegswirtschaft durch Ausbeutung des Arbeitskräftepotenzials der Zwangsarbeiter und der materiellen Ressourcen Polens. Großpolen, die 1919 an Polen abgetretenen Teile Westpreußens sowie Ostoberschlesien wurden direkt von Deutschland annektiert. Kleinpolen, Masowien und Galizien mit etwa 10 Millionen Menschen wurden als sogenanntes „Generalgouvernement“ dem Reichsminister Hans Frank unterstellt, der vom Königssitz der frühen polnischen Könige, dem Wawel in Krakau, die Vernichtungspolitik leitete.

 

Auch die Polen, die unter sowjetische Herrschaft gerieten, waren von Gewaltmaßnahmen betroffen. Man schätzt, dass ungefähr 1,5 Millionen ehemalige polnische Bürger deportiert wurden. 300.000 polnische Soldaten gingen in sowjetische Kriegsgefangenschaft, nur 82.000 von ihnen überlebten. Ein Großteil der Offiziere, etwa 40.000 Personen, wurde durch sowjetische Truppen 1940 bei Katyń und in den Lagern von Starobielsk, Kozielsk und Ostaszków ermordet.

 

1941 entstand im Hinterland der Sowjetunion aus polnischen Soldaten die „Anders-Armee“ in Stärke von sechs Divisionen, kam aber nicht zum Fronteinsatz gegen die Ostfront der Wehrmacht, sondern wurde zum Schutze Indiens verlegt und kam später in Italien zum Einsatz.

 

Polnische Soldaten kämpften auf den Seiten der Alliierten an allen Fronten des Zweiten Weltkrieges von der Luftschlacht um England, in Afrika, der Sowjetunion, bis zu den Invasionen in der Normandie und Italien. Die polnischen Soldaten stellten damit noch vor den Franzosen die viertgrößte Armee der Alliierten auf dem europäischen Kontinent. Polnische Partisanengruppen, die die größte Widerstandsbewegung im besetzten Europa darstellten, leisteten auch in Polen selbst Widerstand. Nachdem die Rote Armee im Januar 1944 die polnische Grenze von 1939 überschritten hatte, wurden die Truppen der Heimatarmee vom NKWD entwaffnet, ihre Offiziere erschossen oder in einen Gulag geschickt. Der Kampf einzelner Untergrundeinheiten gegen die sowjetische Besatzungsmacht dauerte jedoch bis Ende 1949 an.

 

Am 1. August 1944 begann auf Befehl der Londoner Exilregierung der Warschauer Aufstand, ohne dass man sich mit der Führung des Bündnispartners Sowjetunion konsultiert hatte. Die Sowjetunion, deren Truppen nach einer ununterbrochenen Offensive über rund 600 km am Ostufer der Weichsel standen, setzten ihren Marsch Richtung Westen und damit Warschau nicht fort. Dadurch konnten sie die Heimatarmee nicht unterstützen. Eine Hilfe der Westalliierten machte die große Entfernung unmöglich. So konnten deutsche Truppen die größte europäische Erhebung gegen die Okkupanten niederschlagen. Die Zahl der Toten wird auf 180.000 bis 250.000 geschätzt. Dabei wurde die Innenstadt Warschaus unter großem Einsatz an Sprengmaterial von der Wehrmacht akribisch Haus für Haus dem Erdboden gleichgemacht.

 

Volksrepublik, Sozialismus und die Gewerkschaftsbewegung Solidarność 1945–1989

 

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges 1945 wurden die Grenzen des ehemaligen polnischen Staatsgebietes gemäß dem Potsdamer Abkommen nach Westen verschoben: Polen verlor das ethnisch gemischte, mehrheitlich von Ukrainern und Weißrussen bevölkerte Drittel seines bisherigen Staatsgebietes an die Sowjetunion. Es handelte sich dabei in etwa um das Gebiet, das Polen 1919–1921 von Russland und der Ukraine erobert hatte. Die dort ansässige polnische Bevölkerung, etwa 2,5 Millionen Menschen, wurde vertrieben. Aus dem heutigen Ostpolen wurden etwa eine Million Ukrainer in die Sowjetunion vertrieben. Bereits in den Jahren 1943/1944 waren Zehntausende Polen in den Massakern in Wolhynien ermordet worden, viele mussten flüchten.

 

Im Westen und Norden wurden Polen die deutschen Gebiete östlich der Oder und Lausitzer Neiße („Oder-Neiße-Linie“) als „Wiedergewonnene Gebiete“, die ein Viertel des deutschen Reichsgebiets darstellten und seit etwa 700 Jahren auch deutschsprachig besiedelt waren, zugesprochen. Etwa fünf Millionen Deutsche waren gegen Kriegsende von dort geflohen und wurden durch Einreiseverbot an einer Rückkehr gehindert. Aus den Ostgebieten wurden nach dem Krieg weitere fünf Millionen Menschen aus ihrer Heimat vertrieben.

 

Die Gebiete wurden später überwiegend mit Bürgern aus Zentralpolen (drei Millionen), darunter etwa eine halbe Million von Polen zwangsumgesiedelte Ukrainer, und mit Vertriebenen aus den ehemaligen polnischen Ostgebieten (etwa zwei Millionen) besiedelt. Einige Oberschlesier, Masuren und Deutsche blieben als Minderheit zurück.

 

Die neuen Grenzen wurden auf der Potsdamer Konferenz im August 1945 geregelt. Im Widerspruch zu den Regelungen im dort geschlossenen Abkommen, die vorbehaltlich der endgültigen Bestimmungen der territorialen Fragen bei einer Friedensregelung die Grenzziehung westlich von Swinemünde und entlang von Oder und Neiße festschrieben, besetzte Polen auf Bestreben Josef Stalins auch die westlich der Oder gelegene Stadt Stettin und westlich angrenzende Gebiete, um sich diesen wichtigen Ostseehafen als Verbindung Oberschlesiens zum Meer zu sichern. Obwohl die drei Westmächte einer endgültigen Zuweisung der deutschen Ostgebiete an die Sowjetunion und Polen nicht zugestimmt hatten, duldeten sie sowjetische und polnische Maßnahmen, die auf eine vollständige Einbeziehung der deutschen Gebiete in ihren Herrschaftsbereich gerichtet waren.

 

Mit dem Görlitzer Abkommen zwischen der neu entstandenen DDR und Polen vom 6. Juli 1950 wurde diese Grenzziehung von der DDR und durch den in Warschau geschlossenen Vertrag vom 7. Dezember 1970 von der Bundesrepublik Deutschland akzeptiert.

 

Auf die deutsche Besatzung während des Zweiten Weltkrieges folgte die kommunistische Diktatur. Das Land kam in den Einflussbereich der Sowjetunion und wurde als Volksrepublik Polen Teil des Ostblocks. Ab 1956 kam es nach Aufständen zu einer Entstalinisierung unter dem Vorsitzenden der Kommunistischen Partei Władysław Gomułka. Polen wurde bis 1989 in den Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe und den Warschauer Vertrag eingebunden. Durch mehrere Aufstände äußerte die polnische Bevölkerung immer wieder ihren Unmut gegenüber der kommunistischen Führung (z. B. im Posener Aufstand). 1968 beteiligte sich die VR Polen an der militärischen Niederschlagung des Prager Frühlings. In der Nacht zum 21. August 1968 besetzten polnische Truppen gemeinsam mit Truppen der Sowjetunion, Bulgariens und Ungarns die ČSSR und schlugen die Demokratiebewegung nieder.

 

Erst die Gründung der Gewerkschaft Solidarność unter Lech Wałęsa führte schließlich zu einem gesellschaftlich-politischen Umschwung im Land und zu den revolutionären Ereignissen von 1980 bis 1989, die in den ersten freien Wahlen im Ostblock am 4. und 18. Juni 1989 mündeten und an deren Ende mit der Auflösung des sogenannten Ostblocks und der Sowjetunion das kommunistische Regime durch eine demokratische Regierungsform ersetzt wurde.

 

Seit 1989: Marktwirtschaft, parlamentarische Demokratie und die Dritte Republik

 

Bei den Parlamentswahlen vom 4. und 18. Juni 1989 gewann das „Bürgerkomitee Solidarność“, die politische Organisation der Gewerkschaft Solidarność, sämtliche 160 (von 460) freigewählten Sitzen im Abgeordnetenhaus und 99 von 100 Sitzen im neugebildeten Senat. Tadeusz Mazowiecki wurde zum ersten nichtkommunistischen Ministerpräsidenten Polens seit 1945 gewählt (sowie zum ersten nichtkommunistischen Regierungschef im Warschauer Pakt), von den 23 Mitgliedern der Regierung waren nur vier Kommunisten. Seit 1989 wurde die polnische Wirtschaft nach dem Balcerowicz-Plan mit schnellen Schritten in eine funktionierende Marktwirtschaft umgewandelt. Im Dezember 1990 wurde der ehemalige Solidarność-Vorsitzende Lech Wałęsa in einer Volkswahl zum Staatspräsidenten gewählt. 1991 endet die Mitgliedschaft im Warschauer Pakt durch Auflösung des Militärbündnisses.

 

Im Dezember 1995 wurde Aleksander Kwaśniewski zum Nachfolger Wałęsas als Staatspräsident gewählt. Während Kwaśniewskis Amtszeit trat Polen 1999 der NATO bei, außerdem wurden die Weichen zu einem Beitritt zur Europäischen Union (EU) gestellt.

 

Unter dem Premier Leszek Miller unterstützte Polen während des Dritten Golfkrieges die Politik der Vereinigten Staaten, und nahm mit eigenen Soldaten an der kriegführenden Koalition von 35 Staaten teil. Aufgrund der unterschiedlichen Haltungen der polnischen sowie der deutschen Regierung während des Irak-Konflikts kam es zu Misstönen zwischen den beiden Staaten. Zu weiteren Verstimmungen führten Äußerungen der Verbände Heimatvertriebener, die ein Zentrum gegen Vertreibungen in Berlin errichten wollen, sowie Eigentumsansprüche an Polen stellen.

 

Am 1. Mai 2004 wurde Polen, zusammen mit neun weiteren Staaten, Mitglied der Europäischen Union. Polen ist unter den mittlerweile 15 neuen Mitgliedstaaten das bevölkerungsreichste und flächenmäßig größte Land. Nur einen Tag nach dem EU-Beitritt trat der von 2001 an amtierende Ministerpräsident Leszek Miller nach einer Serie von Korruptionsskandalen und Kritik im Bereich der Innenpolitik zurück. Als Nachfolger für das Amt des Regierungschefs wurde Marek Belka ernannt und am 26. Juni 2004 vereidigt. Er blieb in diesem Amt bis zum 10. Oktober 2005.

 

Während des Konfliktes um die Präsidentschaftswahlen im Nachbarstaat Ukraine im November und Dezember 2004 engagierte sich der polnische Präsident Aleksander Kwaśniewski als Vermittler zwischen den Konfliktparteien, während die polnische Öffentlichkeit und die Medien in besonders hohem Ausmaß Solidarität mit der Ukraine und ihrem neuen Präsidenten Wiktor Juschtschenko übten.

 

Im Herbst 2005 konnte die nationalkonservative Partei Prawo i Sprawiedliwość (PiS, dt. Recht und Gerechtigkeit) die sehr schlecht frequentierten Sejm- und Senatswahlen sowie ihr Kandidat Lech Kaczyński die Präsidentschaftswahlen gewinnen. Einer Minderheitsregierung unter Ministerpräsident Kazimierz Marcinkiewicz wurde am 10. November 2005 das Vertrauen des Sejm ausgesprochen. Am 5. Mai 2006 bildete er mit der klerikal-nationalistischen Liga Polskich Rodzin (LPR, dt. Liga Polnischer Familien) und der linkspopulistischen Bauernpartei Samoobrona (dt. Selbstverteidigung) eine Koalition, die im Sejm über eine Mehrheit verfügte. Am 7. Juli 2006 kündigte Marcinkiewicz jedoch seinen Rücktritt als Ministerpräsident Polens an, welcher am 10. Juli 2006 erfolgte. Das politische Komitee der PiS empfahl den Zwillingsbruder des Staatspräsidenten, Jarosław Kaczyński, für die Nachfolge, der anschließend Ministerpräsident Polens wurde. Lech Kaczyński starb am 10. April 2010 bei einem Flugzeugunglück in Russland.

 

Politik

 

Politisches System

 

Die Republik Polen ist eine parlamentarische Demokratie. Das Parlament besteht aus zwei Kammern, Sejm (460 Abgeordnete) und Senat (100 Senatoren). Der polnische Sejm gehört zu den ältesten Parlamenten der Welt; er existiert in verschiedenen Formen und mit Unterbrechungen seit 1493. Er hat, zusammen mit dem Senat, die Legislative inne. Die im Parlament vertretenen polnischen Parteien gruppieren sich als Fraktionen in eine Regierung und die Opposition. Die Exekutive wird von einem Ministerpräsidenten (pln. Prezes Rady Ministrów, kurz Premier) und einem Ministerrat ausgeführt, die vom Staatspräsidenten ernannt werden und mit diesem gewisse Kompetenzen (Landesverteidigung, Außenpolitik) teilen, aber dem Parlament verantwortlich sind. Der Präsident wird alle fünf Jahre vom Volk direkt gewählt. Einmalige Wiederwahl ist möglich.

 

Die Innenpolitik war in den 1990er-Jahren von einem sich dynamisch verändernden Parteienwesen geprägt. Mittlerweile haben sich feste Parteistrukturen aus den zerfallenden politischen Kräften der Solidarność-Bewegung und der kommunistischen Partei herausgebildet. Das Augenmerk der Innenpolitik fokussiert auf den Reformen, die notwendig sind, um das Land im internationalen Wettbewerb konkurrenzfähig zu machen und zu erhalten. Enttäuscht von einer dramatisch angestiegenen Arbeitslosigkeit und Verarmung eines großen Teils der Bevölkerung sowie einer übermäßigen Vetternwirtschaft der alten kommunistischen Eliten in Politik und Wirtschaft, demonstrierten viele polnische Bürger ihren Unmut mit einer Wahlenthaltung bei Europaparlament-, Sejm- und Präsidentschaftswahlen bis 2005.

 

Die Präsidentschaftswahl am 24. Mai 2015 konnte Andrzej Duda für sich entscheiden, welcher von der Partei Recht und Gerechtigkeit, als Kandidat aufgestellt wurde. Mit der Vereidigung am 6. August 2015 löste er Bronisław Komorowski ab und ist seitdem amtierendes Staatsoberhaupt.

 

 

Zu den im Sejm vertretenen Parteien gehören seit der Parlamentswahl 2015 die als nationalkonservativ charakterisierte Partei Recht und Gerechtigkeit, die liberalkonservative Bürgerplattform, die systemkritische Ruch Kukiza, die liberale Nowoczesna und die konservative Polnische Volkspartei sowie das Wahlkomitee Deutsche Minderheit.

 

Außenpolitik

 

Die Außenpolitik der Dritten Polnischen Republik wird von der Geschichte und der geopolitischen Lage des Landes bestimmt. Verantwortlich zeichnet der Außenminister, derzeit Witold Waszczykowski, unterstützt vom Staatspräsidenten.

 

Unmittelbar vor und nach dem EU-Beitritt zeigt sich die polnische Regierung unter dem Druck der euroskeptischen Opposition, eher als Bremser auf dem Weg zu einer vertieften EU-Erweiterung. Gründe dafür sind einerseits die Sorgen um eine zu dominante Rolle vor allen Dingen Deutschlands in der EU, historisch begründete Ängste vor einem Souveränitätsverlust an Brüssel und anderseits die kritische Einschätzung der Brüsseler Bürokratie und der im Kerneuropa (Deutschland, Belgien, Frankreich), aus Sicht Polens, gegen Polen gerichteten Außenpolitik.

 

Zu den ehemaligen Ostblock-Bündnispartnern versucht die polnische Regierung stabile, freundschaftliche, für die polnische Wirtschaft günstige Beziehungen aufrechtzuerhalten und auszubauen.

 

Die polnische Außenpolitik ist bis zu einem gewissen Grad an den eigenen Vorstellungen von nationaler Größe und möglichst uneingeschränkter Souveränität ausgerichtet: In der EU sucht man ein hohes Maß an Eigenständigkeit. Deswegen unterstützte die Regierung Leszek Miller die US-Außenpolitik im Irak-Konflikt und hat sich skeptisch über einige Punkte der EU-Verfassung (zusammen mit José María Aznar) ausgesprochen. In Osteuropa sieht sich Polen als Anwalt der Ukraine in Beziehungen zu NATO und EU.

 

Menschenrechte

 

Es ist teilweise die Rede von Einschränkung der Demonstrationsfreiheit, da die „Gleichheitsparade“ (poln. Parada Równości), ein Umzug im Zentrum von Warschau, bei dem hauptsächlich Homosexuelle für ihre Rechte demonstrieren, im Jahr 2005 nicht genehmigt wurde. Anders als im Jahr 2006, als sie die Genehmigung erhielt und abgesehen von wenigen kleinen Gegendemonstrationen, ohne ernstere Zwischenfälle stattfand.

 

Als einziger der 27 EU-Mitgliedsstaaten hat Polen sich Mitte September 2007 der vorgesehenen Ausrufung des 10. Oktobers als Europäischen Tages gegen die Todesstrafe widersetzt. Der Plan musste daraufhin vorerst aufgegeben werden.

 

Landesverteidigung

 

Der Präsident ist oberster Befehlshaber über die polnischen Streitkräfte (Siły Zbrojne Rzeczypospolitej Polskiej). Unmittelbar untersteht das Militär jedoch dem Verteidigungsministerium und besteht aus den Landstreitkräften (Wojsko Lądowe), der Marine (Marynarka Wojenna) und der Luftwaffe (Siły Powietrzne). In der Adelsrepublik bestand die Wehrpflicht nur für die Szlachta zum Verteidigungskrieg (Pospolite Ruszenie). Bekannt sind in der Geschichte besonders die polnische Hussaria und die Ulanen, die sich in den Schweden- und Türkenkriegen auszeichneten.

 

In der Zweiten Republik entstand das moderne polnische Militär mit anfangs über 800.000 Soldaten. In der Volksrepublik unterstanden die polnischen Streitkräfte im Rahmen des Warschauer Paktes der sowjetischen Führung. Nach 1989 wurde das Militär reformiert, die Zahl der Soldaten von über 500.000 auf 150.000 Soldaten (plus 450.000 Reservesoldaten) reduziert und die Ausrüstung modernisiert (Näheres dazu in Geschichte der Massenvernichtungswaffen in Polen). Die polnischen Streitkräfte verfügen über neuestes Waffenmaterial, wie z. B. die amerikanischen F-16, die israelischen ATGM und die finnischen Patria AMV 8x8. Daneben wurden die polnischen Waffenproduzenten durch Offset Investitionen der Amerikaner auf den neuesten Stand gebracht und exportieren erfolgreich schweres Kriegsgerät weltweit. Eine neue Eliteeinheit, die GROM, wurde in den 1990er Jahren eingeführt. In Polen bestand bis 2008 Wehrpflicht für Männer. Seit 1999 ist Polen Mitglied der NATO. Polnische Militäreinheiten im Ausland waren 2006 im Irak (1.700–2.500 Soldaten), im Kosovo (800), im Libanon (632), in den Golanhöhen in Syrien (355), im Balkan (300) und in Albanien (140) tätig.

 

Im Oktober 2006 hat die polnische Regierung die Entsendung von 1.000 Soldaten zur Verstärkung der NATO-Truppen in Afghanistan für Februar 2007 beschlossen.

 

Am 13. November 2006 wurde gemeinsam mit Deutschland, Lettland, Litauen und der Slowakei ein Abkommen zur Bildung einer gemeinsamen EU-Einsatztruppe unterzeichnet. Polen soll dabei das Oberkommando übernehmen und 750 Soldaten zur Verfügung stellen.

 

Infrastruktur

 

Verkehrswesen

 

 Polen ist ein wichtiges Transitland von Nordeuropa nach Südeuropa und von Westeuropa nach Osteuropa. Bereits in der Antike und im Mittelalter führten wichtige Handelsstraßen durch das heutige Polen, wie z.B. die Bernsteinstraßen, der europäische Abschnitt der Seidenstraße, die Handelsroute von Westeuropa nach Asien.

 

Bahn

 

Die polnische Eisenbahngesellschaft PKP gehört zu den größten europäischen Eisenbahngesellschaften mit über 23.420 km Schienennetz. An der polnischen Ostgrenze trifft das europäische Normalspurnetz auf das breitere russische Gleissystem, was Polen zum Drehkreuz des Ost-West-Schienenverkehrs macht. Auch Verbindungen mit Deutschland sind gegeben. Eine Kooperation im grenzübergreifenden Nahverkehr erlaubt beispielsweise die Reise mit dem Schönes-Wochenende-Ticket von Deutschland aus nach Stettin.

 

Straße

 

Dem in Polen trotz wachsendem Individualverkehr immer noch sehr bedeutsamen öffentlichen Verkehr dient ein ausgedehntes Überlandbusnetz. Das Straßennetz wird ständig ausgebaut, es fehlen aber zahlreiche Autobahnverbindungen. Das polnische Autobahnverkehrsnetz ist 2,5 Mal kleiner als das der Schweiz (Stand 2007). Bis 2020 soll der Aufbau des Autobahnnetzes vollständig abgeschlossen und über 2000 km lang sein. In Polen sind über 12 Mio. Pkw und zwei Millionen Lkw und andere Nutzfahrzeuge registriert. Es besteht seit 14. April 2007 die ganztägige und -jährliche Lichtpflicht für Pkw und Lkw, wobei Abblend- oder Tagfahrlicht vorgeschrieben sind. Seit dem 1. Juni 2007 gilt beim Fahren von Kraftfahrzeugen ein absolutes Alkoholverbot, nachdem bis dahin eine Blutalkoholkonzentration von 0,2 Promille erlaubt war.

 

Flugverkehr

 

Polen hat zehn internationale Flughäfen, den Frédéric-Chopin-Flughafen in Warschau, den Internationalen Flughafen Johannes Paul II. in Krakau, den Flughafen Kattowitz, den Lech-Wałęsa-Flughafen Danzig, den Flughafen Posen-Lawica, den Flughafen Breslau, den Flughafen Stettin-Goleniów, den Flughafen Rzeszów-Jasionka, den Flughafen Bydgoszcz den Flughafen Zielona Góra-Babimost, 123 nationale Flugplätze und drei Hubschrauberbasen. Die Anzahl der Fluggäste steigt seit der Öffnung des polnischen Luftverkehrs für die Niedrigpreisfluglinien rasant.

 

Seeverkehr

 

Polen besitzt fast 4.000 Kilometer schiffbare Flüsse und Kanäle. Die Überseehandelsflotte besteht aus über 100 Schiffen. Wichtigste Seehäfen sind Stettin/Szczecin, Gdingen/Gdynia, Danzig/Gdańsk, Swinemünde/Świnoujście, Stolpmünde/Ustka, Kolberg/Kołobrzeg sowie im Binnenland Warschau/Warszawa, Gleiwitz/Gliwice und Breslau/Wrocław.

 

Bildungswesen

 

Schulbildung

 

Mit sieben Jahren werden Kinder in Polen eingeschult. Nach einem Beschluss des Sejm wird dieses Alter ab 2012 auf sechs gesenkt. Nach der Bildungsreform 1999 besteht in Polen Schulpflicht bis zum 18. Lebensjahr. Das neue Schulsystem hat drei Stufen.

 

Obligatorisch und für alle Kinder gemeinsam sind:

 

 

Szkoła podstawowa                   Grundschule               sechs Jahre               vergleichbar mit Volksschule

Gimnazjum                              Gymnasium                 drei Jahre                  vergleichbar mit Mittelstufe

 

Danach werden die Schüler getrennt. Es stehen folgende Möglichkeiten zur Wahl:

 

Szkoła zawodowa                     Berufsschule                            zwei-drei Jahre            Berufsausbildung

Liceum ogólnokształcące           Allgemeinbildendes Lyceum      drei Jahre                     Abitur

Technikum                               Berufliches Lyceum                  vier Jahre                     Abitur und Berufsausbildung

Liceum profilowane                  Profil Lyceum                           drei Jahre                     Abitur und beruflich orientierte

                                                                                                                               Grundbildung

 

Das Bestehen der Abiturprüfung ist Voraussetzung für den Besuch einer Hochschule.

 

Weit verbreitet ist auch die berufsbegleitende Ausbildung am Wochenende. In Polen gibt es ein Notensystem mit Noten von 6 bis 1. Die 5 ist dabei die beste Note, die 1 die schlechteste. Eine 6 wird äußerst selten an Schüler vergeben, die sich Kenntnisse über den Unterrichtsstoff hinaus aneignen und reproduzieren. Dies soll sie dazu anregen, selbstständig das erlernte Wissen durch Eigenstudium zu vertiefen, um sie so auf die universitäre Ausbildung vorzubereiten. Die polnischen Schüler schnitten beim PISA-Test mittelmäßig ab, wobei allerdings eine deutliche Steigerung nach der Reform 1999 zu verzeichnen war. Dies vermag allerdings nicht über den qualitativen Einbruch der polnischen Schulbildung in den 1990er-Jahren hinwegzutäuschen, wenn man bedenkt, dass Polen bei dem PISA-Test für Erwachsene weltweit Platz eins belegt hat.

 

Hochschulbildung

 

In Polen studieren fast zwei Millionen Studentinnen und Studenten. Die staatlichen Hochschulen haben dabei in den letzten 10 Jahren vermehrt Konkurrenz durch private Universitäten bekommen. Der Zugang zu den Universitäten wird fast überall durch eine Eingangsprüfung geregelt. Bachelor- und Magisterstudiengänge gibt es in letzter Zeit immer mehr. Neben dem kostenlosen Tagesstudium gibt es auch das kostenpflichtige Abend- und Fernstudium. Ausländern steht die universitäre Ausbildung und Forschung in Polen offen. Die polnischen Universitäten sind Mitglieder im Sokrates-Programm. Polnische Jurastudenten haben die Elsa mitbegründet und an der Jagiellonen-Universität in Krakau gibt es eine deutschsprachige Polnische Rechtsschule, die von den Universitäten in Heidelberg und Mainz mitgetragen wird. Stipendien werden von polnischen und ausländischen Stiftungen vergeben, z. B. Sniadecki Stiftung, DAAD oder Robert-Bosch-Stiftung.

 

 

Universität                                                              Stadt                       Gründung

 

Jagiellonen-Universität                                              Krakau                      1364

Universität Breslau                                                    Breslau                     1702

Universität Warschau                                                 Warschau                 1816

Adam-Mickiewicz-Universität                                      Posen                       919

Katholische Universität Lublin                                     Lublin                       1918

Maria-Curie-Skłodowska-Universität                            Lublin                       1944

Universität Łódź                                                         Łódź                        1945

Universität Thorn                                                       Toruń                       1945

Schlesische Universität                                               Kattowitz                  1968

Universität Danzig                                                      Danzig                     1970

Universität Stettin                                                      Stettin                     1984

Universität Oppeln                                                     Oppeln                     1994

Universität Białystok                                                  Białystok                  1997

Universität Ermland-Masuren                                     Olsztyn                     1999

Kardinal-Stefan-Wyszyński-Universität                        Warschau                 1999

Universität Zielona Góra                                            Zielona Góra             2001

Universität Rzeszów                                                  Rzeszów                   2001

Medizinische Universität Łódź                                     Łódź                        2002

Kasimir-der-Große-Universität Bydgoszcz                    Bydgoszcz               2005

 

 

Wissenschaft

 

Bereits mit der Gründung der Bistümer im Jahr 1000 wurden nach und nach Kirchenschulen an den Bischofssitzen eröffnet. Mit dem Zisterzienser-Orden kam auch die abendländische Wissenschaft nach Polen. Bereits 1364 gründete Casimir der Große die Krakauer Universität, die die zweitälteste Alma Mater in Mitteleuropa ist. Sie war die erste Universität, die eine eigenständige Professur für Mathematik und Astronomie hatte. Ihr Rektor Paweł Włodkowic – einer der wichtigsten Völkerrechtler jener Zeit – stellte auf dem Konzil von Konstanz 1415 die These auf, dass heidnische Völker ein Recht auf einen eigenen Staat hätten und nicht mit dem Schwert christianisiert werden dürften. Dass er nicht das Schicksal seines Prager Kollegen Jan Hus teilen musste, verdankte er der zahlreichen polnischen Ritterschaft, die beim Konzil anwesend war.

 

Die Wissenschaft in Polen erreichte in der Zeit des Humanismus ihre Blüte. Einer der Krakauer Studenten war Nikolaus Kopernikus, der das heliozentrische Weltbild erschuf. Wichtige Astronomen und Mathematiker jener Zeit waren auch Marcin Król, Marcin Bylica, Martin Biem, Johann von Glogau und Albert de Brudzewo. In der (Al)Chemie und Medizin waren damals Adam von Bochinia und Maciej Miechowita führend. Neue Universitäten wurden in Zamość, Raków, Vilnius, Posen und Lemberg gegründet, zudem kamen die zahlreichen Schulen der Jesuiten. Nach den Kriegen des 17. Jahrhundert verfiel die polnische Wissenschaft jedoch zusehends und erreichte in der sächsischen Zeit ihren Tiefpunkt. Eine Ausnahme bildete das 1740 von den Piaristen in Warschau gegründete Collegium Nobilium.

 

Mit dem Amtsantritt Stanisław August Poniatowskis begann in der Aufklärung die Neuorganisation der polnischen Universitäten durch Hugo Kołłątaj im Rahmen der Kommission für nationale Erziehung, dem ersten Bildungsministerium der Welt. Als einer der wichtigsten Wissenschaftler und Industrieller dieser Zeit gilt Stanisław Staszic, der um 1800 in Warschau eine Akademie der Wissenschaft ins Leben rief. 1817 wurde die Warschauer Universität gegründet. Auf dieser Grundlage konnte sich die polnische Wissenschaft im 19. Jh. entwickeln. Um 1850 entdeckte Ignacy Łukasiewicz eine Methode zur Destillation von Erdöl und schuf damit die Ölindustrie, die ihren Ausgangspunkt in Galizien nahm, wo heute noch die ältesten Ölfördertürme der Welt stehen. Napoleon Cybulski und Władysław Szymonowicz schufen die moderne Endokrinologie. Zygmunt Wróblewski und Karol Olszewski gelang es erstmals, Sauerstoff und Stickstoff zu verflüssigen. Stefan Banach und Hugo Steinhaus begründeten die Funktionalanalyse in der Mathematik. Der Arzt Kazimierz Funk entdeckte die Vitamine. Marie Curie-Skłodowska entwickelte die Radiologie und entdeckte das Polonium und das Radium. Sie war die erste Frau, die einen Nobelpreis erhielt, und gleichzeitig der erste Mensch dem zwei zuerkannt wurden (Physik) und (Chemie). Eugeniusz Kwiatkowski entwickelte die polnischen Wirtschaftswissenschaften, die er nach der Unabhängigkeit Polens als Wirtschaftsminister in die Praxis umsetzten konnte.

 

In der Zweiten Republik wurde die polnische Sprache an den polnischen Universitäten wieder eingeführt und die Lehre und Wissenschaft florierten. Einer der größten polnischen Juristen Roman Longchamps de Berrier vereinheitlichte das polnische Zivilrechtssystem, dass 1918 noch aus fünf Rechtsordnungen bestand. Sein Schuldrechtgesetzbuch gilt als eines der besten der Welt. Der Zweite Weltkrieg war ein Desaster für die polnischen Wissenschaftler, denn die Nationalsozialisten wollten die polnischen Kulturschaffenden vernichten. Bereits in den ersten Kriegswochen wurden hunderte polnischer Professoren ermordet oder in Konzentrationslager deportiert. Insoweit erlangte die Sonderaktion Krakau traurige Berühmtheit. Im Weltkrieg wurden auch die polnischen Universitätsbibliotheken ausgeraubt und ihre Bestände zielgerichtet vernichtet, sodass 1945 ein völliger Neuanfang bevorstand. Zudem flohen viele der überlebenden Wissenschaftler vor den Kommunisten ins westliche Ausland und die überlebenden polnischen Juden emigrierten nach Israel. Die polnische Wissenschaft erholte sich nur langsam. Die polnischen Restaurateure konnten schon bald wieder Weltruhm genießen, doch den anderen Wissenschaften fehlte der Austausch mit den bereits führenden US-amerikanischen Universitäten. Dies änderte sich erst nach 1989. Im Jahr 2001 wurden die Erfolge zu Entwicklungen zum Blauen Lasers in der praktischen Medizin vorgestellt. 2004 gab Polen insgesamt 1,1 Millionen Dollar, etwa 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Wissenschaft aus. Damit lag das Land unter dem OECD-Durchschnitt von 2,3 Prozent und auch unter dem der EU von 1,99 Prozent.

 

Gesundheitswesen

 

Die Ausgaben für Medikamente beliefen sich 2003 auf 12 Milliarden Złoty.

 

Wirtschaft

 

Bruttonationaleinkommen

 

Das polnische Bruttosozialprodukt (BSP) betrug 2004 laut der Weltbank 491.549 Mio. US-Dollar (USD), was Polen den 22. Platz unter den größten Volkswirtschaften der Welt beschert. Für 2005 wurde ein Wert von 512,9 Mrd. USD prognostiziert. Umgerechnet auf den BSP-Wert pro Einwohner wuchs dieser von 12.000 USD im Jahr 2004 auf 13.275 USD im Jahr 2005, womit sich Polen relativ im Vergleich zu anderen Staaten um sechs Plätze verbessert hat. Das Wirtschaftswachstum war in letzter Zeit im ersten Quartal 2004 (also unmittelbar vor dem EU-Beitritt) mit 6,9% am höchsten. Nach der Akzession fiel es zunächst beständig, sodass für das Jahr 2004 ein Gesamtwert von 5,3% zu verzeichnen war. Mittlerweile ist die vorläufige Talsohle wieder durchschritten und die polnische Wirtschaft wuchs im dritten Quartal 2005 mit 3,5%, was voraussichtlich zu einem Gesamtwachstum von 3,3% führen wird. Für das nächste Jahr wird mit einem Gesamtwachstum von 4 bis 5% gerechnet.

 

Inflation

 

Gegenüber den 1990er-Jahren hat sich Inflation deutlich abgeschwächt, 2005 lag sie bei nur etwa 1,8% und war damit niedriger als in der Eurozone. Der polnische Złoty ist im Jahresvergleich zum Euro und USD um etwa 20% stärker geworden. Die offizielle Arbeitslosenquote liegt bei 9,6% (Juni 2008), was ungefähr 1,5 Mio. Menschen im erwerbsfähigen Alter ausmacht. Im Juni 2004 lag die Quote noch bei 19,5%. Aufgrund der nicht unerheblichen Schattenwirtschaft liegt die faktische Arbeitslosenquote möglicherweise niedriger und die Reallöhne höher, da viele Arbeitnehmer und Selbstständige ihre faktischen Einnahmen entweder überhaupt nicht oder zu einem geringeren Betrag dem Fiskus angeben. Eine Studie des Magazins Wprost hat ergeben, dass die Gesamtausgaben der polnischen Bevölkerung die Gesamteinnahmen beträchtlich übersteigen, gleichzeitig aber ihre Kapitalersparnisse stetig wachsen. Dies ist nur damit zu erklären, dass viele Bürger ihre Einnahmen nicht den Finanzämtern melden. 2004 waren etwa 0,5 Mio. polnische Staatsbürger in der westlichen EU beschäftigt, 324.000 davon als Saisonarbeiter in der deutschen Landwirtschaft und verarbeitenden Industrie, 73.000 in Großbritannien, 14.500 in Irland und 9800 jeweils in Spanien und Frankreich.

 

Außenhandel

 

Der Export 2004 umfasste 73,78 Mrd. USD und der Import 88,16 Mrd. USD. Das hohe Außenhandelsdefizit ist jedoch im Fallen begriffen. Mit 30,1 und 24,4% stellte Deutschland den größten Handelspartner dar, obwohl auch dieser Anteil zurückgeht und der Handel mit der Ukraine und Russland überdurchschnittlich zunimmt. Weitere wichtige Handelspartner sind die EU-Staaten Italien, Frankreich, Großbritannien und die Tschechische Republik, sowie die Vereinigte Staaten und China. Bei den Direktinvestitionen sind Frankreich und Großbritannien führend. Der Anteil der Bundesrepublik ist erstaunlicherweise kleiner. Polen exportiert landwirtschaftliche und industrielle Produkte und zunehmend auch Dienstleistungen, z.B. im Rahmen des Outsourcing von Geschäftsbereichen (Buchführung, Marketing, Kundenbetreuung) ausländischer Unternehmen. Ausländische Investoren investieren vor allem in den Finanzsektor, der in den letzten Jahren jeweils ein zweistelliges Wachstum verzeichnen konnte. Ende 2004 wurde die größte polnische Bank Pekao SA privatisiert. Ein möglicher Zusammenschluss von Bank Pekao SA und Bank BPH im Rahmen der Übernahme der HVB durch Unicredit würde jedoch eine noch größere Bank entstehen lassen. Andererseits versuchen immer mehr ausländische Unternehmer sich polnisches Kapital auf der Warschauer Börse (GPW) und dem Warschauer Aktienindex (WIG) zu verschaffen. Seit dem 1. Mai 2004 haben bereits 13 ausländische Emittenten den Antrag auf Eintragung bei der GPW gestellt und sieben sind dort bereits notiert, unter anderen CEZ Group und MOL. 2004 sank die Zahl der registrierten Unternehmen um 4.600, wobei hauptsächlich Ein-Mann-Unternehmen schlossen. Insgesamt waren Ende 2004 3,5 Mio. Unternehmen registriert.

 

Wirtschaftsemigration

 

Mit dem Eintritt von Polen und neun weiteren Länder in die Europäische Union am 1. Mai 2004 gilt auch für sie die Arbeitsmarktfreizügigkeit. Dennoch haben einige Länder, z.B. Deutschland und Österreich, für ihre Arbeitsmärkte eine Ausnahmeregelung erwirkt und werden ihre Arbeitsmärkte für die Abhängigbeschäftigten erst 2011 öffnen. Für die Saisonarbeitskräfte gelten weiterhin Ausnahmeregelungen, obwohl die Branchen, die diese Arbeitskräfte aus Polen seit Jahrzehnten benötigten (z.B. Landwirtschaft), wegen geringer Bezahlung und deswegen sinkendem Interesse in Polen, auf z.B. Bulgaren, Ukrainer oder Rumänen ausweichen müssen. Länder wie Schweden, Irland und Großbritannien öffneten hingegen ihre Arbeitsmärkte unbegrenzt für Arbeitskräfte. Unabhängig von Arbeitsmarktöffnung werden polnische Schul-, Studien- und Berufsabschlüsse EU-weit anerkannt (z.B. wird die ärztliche Approbation seit dem EU-Beitritt EU-weit anerkannt, und ein polnischer Mediziner muss weder in Deutschland noch in Großbritannien weitere Examina ablegen, um als Arzt oder Zahnarzt arbeiten zu können).

 

Die Öffnung der Arbeitsmärkte brachte eine unerwartet große Wirtschaftsemigration mit sich. Die Regierung in London ging bei der Öffnung von 13.000 Arbeitskräften aus, die jährlich ins Land kämen. Tatsächlich registrierten bis zum Jahreswechsel 2006/2007 die britischen Behörden 380.000 neue Versicherte, mehrheitlich aus Polen und Litauen. Ehepartner und Kinder, die keine Versicherungsnummer benötigen, solange sie keine Arbeit annehmen wollen, sind in dieser Zahl nicht enthalten. Es ist dies die größte Einwanderungswelle, die Großbritannien je erlebt hat. In der Einschätzung des britischen Innenministeriums sind Arbeiter aus Osteuropa zuverlässiger und motivierter als einheimische Arbeitskräfte, vor allem im Niedriglohnbereich, wo sich Osteuropäer meist mit dem staatlichen Mindestlohn (7,90 Euro pro Stunde) zufrieden geben. Die Zahl der Polen, die seit dem 1. Mai 2004 nach Irland gingen, ist nicht genau bekannt. Je nach Quelle gehen die Schätzungen bis zu 400.000 Personen, inkl. Familienangehörige.

 

Der Abfluss von Arbeitskräften hatte für die polnische Wirtschaft teils drastische Auswirkungen. Aus Mangel an Ärzten und Pflegekräften mussten einzelne kleinere Spitäler in ländlichen Gebieten bereits ganze Abteilungen schließen. Einige große Bauvorhaben (z. B. die Umgehungsstraße von Stargard Szczeciński) werden durch deutsche Baufirmen und mehrheitlich Arbeiter aus Ostdeutschland abgewickelt (Stand Februar 2009), obwohl das deutsche Lohnniveau noch immer erheblich höher als das polnische ist. Die einfache Auswanderung in die erwähnten Staaten, aber auch geografische und kulturelle Nähe sowie der schwache Dollar haben dafür gesorgt, dass die USA als Ziel viel von ihrer Attraktivität verloren haben, denn in den USA besteht für Polen nach wie vor Visumszwang (Ende 2008: rund 15% der Anträge werden abgelehnt), und auch eine Arbeitserlaubnis wird verlangt. Schon im Jahr 2005 hat die polnische Gemeinde in Chicago (rund 800.000 Polen) 5,3% weniger permanente Aufenthaltsbewilligungen für Einwanderer aus Polen registriert als 2004, und jene Gewerbezweige, die sich auf polnische Kundschaft spezialisiert haben (vor allem Gastronomie) kämpfen mit Schwierigkeiten oder müssen das Geschäftsmodell ändern. Eine weitere Seite des Arbeitskräftemangels zeigte sich in der Adventszeit 2007: Im Detailhandel fehlt Verkaufspersonal. Aufgrund der sehr geringen Löhne in dieser Branche können viele Stellen nicht besetzt werden, was durch die großen Weihnachtseinkäufe nun deutlich auffällt. Weitere Anbieter von Beschäftigung, die im Ruf steht, einfältig und schlecht bezahlt zu sein (ähnlich wie die Landwirtschaft in Deutschland, s. oben), oder die eine Reputation als unangenehme Arbeitgeber haben, führen permanent Rekrutierungskampagnen in Druckmedien und Plakaten. Dies sind z.B. Gebäudereinigungsfirmen. Im November 2007 ging die Fastfood-Kette McDonalds noch einen Schritt weiter und schaltete Fernsehreklame zur Mitarbeiterwerbung.

 

Kultur

 

Die polnische Kultur ist sehr vielfältig und resultiert aus der wechselvollen Geschichte des Landes. Im Mittelalter und der Neuzeit war die multikulturelle Adelsrepublik ein Schmelztiegel verschiedener Kulturen und Religionen, die alle ihren Einfluss auf das polnische Kulturerbe hatten und noch immer haben. Nach den Teilungen Polens versuchten polnische Künstler immer wieder den Kampf um die Unabhängigkeit Polens unter dem Schlagwort „Zur Hebung der Herzen“ zu unterstützen. Als Beispiele hierfür können die Gedichte und Epen von Adam Mickiewicz, die Prosawerke eines der ersten Literaturnobelpreisträgers Henryk Sienkiewicz, die Historienmalerei von Jan Matejko oder die Mazurkas, Polkas, Krakowiaks und Polonaisen von Fryderyk Chopin genannt werden.

 

Heute ist die breit gefächerte Kultur Polens, ähnlich wie aller westlicher Staaten, von Globalisierungstendenzen betroffen, andererseits kann sie, gerade in der Kulturszene größerer Städte und auf dem Land eine eigene Identität erhalten. Besonders bedeutend ist der polnische Symbolismus und die polnische Plakatmalerei. Plakate polnischer Künstler mit ihren sehr spezifischen Eigenschaften sind auf der ganzen Welt bekannt. Auch der polnische Film mit hervorragenden Regisseuren, wie Roman Polanski, Andrzej Wajda, Krzysztof Kieślowski, Krzysztof Zanussi, Agnieszka Holland und Jerzy Hoffman findet weltweit Anerkennung.

 

Bräuche

 

Nationale und regionale Bräuche werden vor allem auf dem Land aufrecht erhalten. Sie sind mit den verschiedenen Religionen, besonders der römisch-katholischen, verbunden.

 

Wichtig sind die Feste der verschiedenen religiösen Gemeinschaften: weihnachtliche Sternsinger, Friedhofsfeiern an Allerheiligen, das Fronleichnamsfest in Lowicz, der Palmsonntag, die Mysterienspiele in Kalwaria Zebrzydowska, das kaschubische Bootsfest, der Danziger Dominikanerjahrmarkt, aber auch das orthodoxe Jordanfest in Drohiczyn und das muslimisch-tatarische Kurban Bajram in Bohoniki. Pilgerfahrten erfreuen sich nach wie vor großer Beliebtheit, etwa die katholischen Wallfahrten nach Tschenstochau, Heiligelinde, Licheń Stary, Kalwaria Zebrzydowska, Łagiewniki und zum St. Annaberg, aber auch die jüdischen Grabbesuche der chassidischen Mystiker Elimelech aus Lezajsk und Moses Remuh aus Krakau und die orthodoxe Wallfahrt nach Garbarka. Viele der lokalen Bräuche und Riten stehen in Zusammenhang mit den Jahreszeiten (z.B. die Zuwasserlassung der Wianki, die Versenkung der Mazenna und der Lajkonik).

 

Kunstwerke, die mit den Bräuchen verbunden sind, umfassen die Ikonenmalerei vor allem in Podlachien, Lublin und dem Karpatenvorland, Schnitzereien mit religiösen (Jezus Frasobliwy) und weltlichen Motiven sowie die religiösen Koronki und erotischen Stickereien. Bekannt sind auch Trachten, insbesondere die aus Krakau und die der Goralen. Daneben gibt es viele traditionelle Bräuche der Lebensmittelherstellung, wie z.B. der Schafskäse Oscypek, die Krakauer Brezel Obwarzynek und Krakauer Würste. Von den traditionellen Bräuchen in der Architektur sind die Wegkapellen zu nennen, vor allem in den Beskiden und Masowien.

 

Verbunden mit dem polnischen Brauchtum sind auch die traditionelle Musik (jüdische Klezmer, Kammermusik, Mazurkas, Polonaisen, Krakowiaks und Polkas) sowie der Tanz (u.a. die Tanzensembles Mazowsze, Tanz- und Gesangsensemble Śląsk, Slowianki), das traditionelle Theater sowie die Mundartdichtung der Goralen, Kaschuben und Schlesier.

 

Architektur

 

Die ersten erhaltenen Architekturdenkmäler Polens sind Hügelgräber (poln. Kopiec) und kultische Steinzirkel. Die christliche Architektur kam als Vorromanik im 9. Jahrhundert nach Polen. In diesem Stil wurden die Burgen und Kirchen der Polanen gebaut. In der Romanik wurden die ersten Kathedralen in Gnesen, Krakau, Breslau, Kolberg und Posen, Rotunda (z.B. Cieszyn, Krakau), Wehrkirchen (z.B. Strzelno) und Zisterzienser-Klöster errichtet (z.B. Tyniec). Im Zeitalter der Gotik dominierte in Polen die Backsteingotik im Norden und eine gemischte Backstein-Kalksteingotik im Süden, insbesondere in Krakau. Der größte gotische Backsteinbau der Welt ist die Marienburg am Nogat und die größte Backsteinkirche der Welt ist die Marienkirche in Danzig.

 

Das goldene Zeitalter Polens begann in der Spätgotik und reichte über die Renaissance und den Manierismus bis in den Frühbarock. Aus dieser Zeit (1350–1650) stammen die bedeutendsten Bauwerke Polens, allen voran das königliche Wawelschloss in Krakau. Dieses wurde von den Adeligen in ganz Polen hundertfach mehr oder weniger originalgetreu nachgebaut. Zu den bedeutendsten Renaissance-Schlössern zählen Baranów Sandomierski, Krasiczyn, Łańcut, Janowiec, Krzyszopór, Pieskowa Skała, Sucha Beskidzka, Brzeg, Nowy Wiśnicz, Ogrodzieniec. Das Zentrum der Renaissance war Südpolen, insbesondere die Region um Kleinpolen und die Gegenden um Lemberg. Gleichzeitig entwickelte sich am Übergang zwischen Spätgotik und Renaissance auch die bürgerliche Architektur in den Städten, die viele schöne Kirchen und Rathäuser sowie Gebäude anderer öffentlichen Einrichtungen, wie z.B. das Collegium Maius der Krakauer Universität, hervorbrachte. Vor allem in Krakau kann man die typisch polnische Renaissancearchitektur an der polnischen Attika erkennen. In dieser Zeit kamen bedeutende italienische Architekten und Künstler aus Italien (insbesondere Florenz) nach Polen, z.B. Bartolomeo Berrecci, Santi Gucci, Francesco Florentino, Bernardo Monti, Giovanni Quadro, Mateo Gucci, die die italienische Renaissance den klimatischen Bedingungen Mitteleuropas anpassten und so einen eigenen polnischen Renaissancestil schufen, der jedoch mit seinen beliebten Arkaden der florentinischen Renaissance am nächsten kam. Viele dieser Bauwerke haben die Zeit der schwedischen Kriege im 17.Jahrhundert nur als Ruinen überdauert.

 

In der Zeit des reifen Barocks trat die neue Hauptstadt Warschau als Mittelpunkt hervor. Der bedeutendste Architekt dieser Zeit war der aus den Niederlanden stammende Tylman van Gameren, der Hunderte von Schlössern in ganz Polen projektierte. Große Paläste im Versailler Stil entstanden in Warschau (z.B. das Königsschloss, Schloss Wilanów, das Radziwiłł-Palais, das Krasicki-Palais) sowie in und um Masowien (z.B. Białystok, Puławy, Rogalin, Kozlówka, Nieborów) sowie in Ostpolen. Der Spätbarock und das Rokoko sind von der Zeit der Sachsenkönige und des letzten polnischen Königs Stanisław Poniatowski geprägt. Damals entstanden in Warschau zahlreiche Kirchen (Visitantinnen-Kirche, St.-Anna-Kirche, Heilig-Kreuz-Kirche), Gärten (Łazienki-Park, Sächsischer Park, Krasiński-Park, Ujazdowski-Park) und Paläste.

 

In den letzten Jahren der Regentschaft des letzten polnischen Königs Stanisław Poniatowski begann die Epoche des Klassizismus. In diesem Stil wurde das damals größte Theatergebäude der Welt von Antonio Carozzi in Warschau errichtet. Dazu kamen die Gebäude der Warschauer Börse und der Polnischen Nationalbank. Im Łazienki-Park entstanden viele Schlösser und Villen in diesem Stil. Die Zentren der polnischen Architektur des 19. Jahrhundert waren Warschau und Łódź, wo viele Bürgerhäuser und Schlösser im Stil des Historismus und später der Sezession errichtet wurden. Auch in Südpolen gibt es viele Baudenkmäler aus dieser Zeit, wie z.B. das neogotische Collegium Novum der Jagiellonen-Universität in Krakau. Eine eigene Spielart der Sezession Junges Polen entwickelte sich ebenfalls dort. Der Erste Weltkrieg brachte viele Zerstörungen in Südpolen. Viele öffentliche Gebäude wurden im Art Deco Stil wiederaufgebaut oder neu gebaut. Hierzu zählt z.B. das neue Sejmgebäude oder die Nationalmuseen in Warschau und Krakau.

 

Die bisher größte Zerstörung der polnischen Bausubstanz brachte der Zweite Weltkrieg. Warschau wurde systematisch zerstört, die Baudenkmäler in Ostpolen kamen an die Sowjetunion und alle größeren Städte Polens bis auf Krakau wurden durch Kriegshandlungen erheblich beschädigt. Der Wiederaufbau in der Nachkriegszeit wurde mustergültig aufgenommen – die polnischen Restauratoren genießen Weltruhm – und ist aber auf absehbare Zeit nicht abzuschließen. Die Altstadt und die Neustadt von Warschau sowie das Weichselviertel Mariensztat wurde in den 1970er-Jahren und das Königsschloss in den 1980er Jahren wiederaufgebaut. Einige Paläste sind in den 1990er Jahren wieder erstanden. Demnächst soll mit dem Wiederaufbau der Sächsischen und Brühlschen Paläste und der Wiedererrichtung der Gärten des Königsschlosses begonnen werden. Die Bausubstanz des 19. Jahrhundert im Zentrum um die Marszałkowska-Straße, die Aleje Jerozolimskie und die Heilig-Kreuz-Allee scheinen aber für immer verloren. An ihrer Stelle entstanden monumentale Gebäude im Stil des Sozrealismus, allen voran der Kulturpalast, der Platz der Verfassung und das Vorzeigeviertel MDM. In den 1990er-Jahren begann ein Bauboom von Wolkenkratzern, die von namhaften Architekten wie z. B. Norman Foster, Daniel Libeskind projektiert wurden. Insbesondere die Johannes-Paul-II.-Allee ist von moderner Architektur umgeben. Zur Zeit werden die Goldenen Terrassen fertiggestellt, die die größte gewölbte Glaskuppel der Welt tragen.

 

Bildende Kunst

 

Zur heidnischen Zeit schufen die westslawischen Künstler Steinfiguren von Światowit und anderen Gottheiten. Mit dem Übergang zum Christentum behielt die Kunst zunächst ihren rituellen Charakter. Zu den ersten bedeutenden und erhaltenen Kunstwerken gehören die monumentalen Bronzetüren der Kathedralen von Gnesen und Płock im Stil der Romanik. Die erst stellt die Lebensgeschichte des Heiligen Adalbert (Wojciech) dar. Die zweite wurde später an die Stadt Nowgorod in Russland geschenkt. Daneben waren in den romanischen Kirchen Steinfiguren und Reliefs sehr beliebt. In der Gotik entwickelte sich die Holzschnitzerei, die Bronzegießerei, die Bildhauerei und die Malerei. Bedeutende Künstler aus dem deutschen Raum, wie Veit Stoß, Hans Dürer, Peter Vischer kamen an den Hof der polnischen Könige auf dem Wawel in Krakau. Der Krakauer Hochaltar von Veit Stoß ist das größte Schnitzwerk der Gotik. In Krakau selbst entwickelte sich in der Malerei und Schnitzerei um 1400 eine eigene Schule, die von einheimischen Künstlern vertreten wurde, wie z.B. dem Meister der Dominikanerpassion. Zudem kamen orthodoxe Künstler aus

 

Ostpolen und brachten ihre Freskenmalerei mit, die noch heute in der Wawelkathedrale und in der Kapelle im Lubliner Schloss bewundert werden kann.

 

In der Renaissance kamen viele Künstler aus Florenz, Padua und Mailand (mit Bona Sforza) nach Polen. Sie gründeten ihre eigenen Schulen in Krakau. Auch polnische Renaissancekünstler wie Stanisław Samostrzelnik waren in Krakau aktiv. Hervorzuheben gilt es die Sigismund-Kapelle an der Wawelkathedrale mit den Grabmälern der letzten Jagiellonen, die als formtreustes Beispiel der italienischen Renaissance außerhalb Italiens gilt. In der Zeit des Manierismus waren ebenfalls die italienischen Künstler in Polen führend, allen voran Paolo Romano, der in Lemberg tätig war. Aber auch Danzig war ein Zentrum des wiederum niederländisch geprägten Manierismus. Auch der Barock kam aus Italien nach Polen. Hier ist insbesondere Giovanni Trevano hervorzuheben, der am Wawel und dem Königsschloss in Warschau wirkte. Als bedeutendster Maler des Barock in Polen gilt Karol Dankwart. In der sächsischen Zeit kamen viele Künstler aus Sachsen nach Polen, wie z.B. der Italiener Bernardo Bellotto. In Ostpolen entwickelte sich zu dieser Zeit eine eigene Form des ukrainischen Barock und der Ikonenmalerei. Der wichtigste Vertreter des Klassizismus in Polen war Däne Bertel Thorvaldsen, der viele Denkmäler in Warschau und Krakau schuf.

 

Die romantische Malerei entwickelte sich in Polen nach den Teilungen und behandelte meist politische oder mystische Themen. Im Zeitalter des Positivismus dominierte die Historienmalerei, deren bekannteste Vertreter Juliusz Kossak, die Brüder Gierymski und Jan Matejko sein dürften. Seine Schüler Józef Mehoffer und Stanisław Wyspiański entwickelten die sezessionistische Richtung Junges Polen. In der Zwischenkriegszeit entwickelten sich verschiedene Kunstrichtungen. Bekannte Vertreter dieser Epoche sind Bruno Schulz und Wojciech Weiß. Während des Zweiten Weltkrieges wurden von Hitlerdeutschland und der Sowjetunion sehr viele Kunstschätze aus den polnischen Museen geraubt. Viele von ihnen wie z. B. der Jüngling von Raffael sind bis heute nicht wieder aufgetaucht. In der Volksrepublik war der Sozrealismus vorherrschend. Gleichwohl entwickelten Künstler wie Tadeusz Kantor, Peter Potworowski, Władysław Hasior oder Nikifor Krynicki eigene Kunstrichtungen. Mittlerweile ist die Kunst wieder entpolitisiert.

 

Musik

 

Der erste namentlich bekannte Musiker Polens ist der Dominikaner Wincenty aus Kielce, der in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts lebte und die Hymne „Gaude mater Polonia“ schrieb. Dagegen ist der Autor des ältesten bekannten polnischen Liedes Bogurodzica unbekannt. Neben Hymnen zeichnete sich die mittelalterliche polnische Musik durch Tänze aus. Mikołaj aus Radom schrieb diese am Anfang des 15. Jahrhunderts auf. In der Renaissance kamen viele italienische Musiker an den polnischen Königshof. Mikołaj Gomólka war der bekannteste polnische Komponist des 16. Jahrhunderts. Er schrieb Kompositionen unter anderem zu den Gedichten von Jan Kochanowski („Melodie na Psalterz polski“). Andere wichtige Renaissancekomponisten am polnischen Königshof waren Wacław z Szamotul und Mikołaj Zieleński.

 

1628 wurde in Warschau die erste Oper außerhalb Italiens aufgeführt: Galatea. Die italienischen Opernkomponisten Luca Marenzio, Giovanni Francesco Anerio, and Marco Scacchi waren zur Barockzeit in Warschau tätig. Während der relativ kurzen Regentschaft von Władysław IV. Wasa von 1634 bis 1648 wurden in Warschau mehr als zehn Opern aufgeführt, womit Warschau zu dieser Zeit zum wichtigsten Opernzentrum außerhalb Italiens wurde. Die erste Opernkomponistin der Welt, Francesca Caccini, schrieb ihre erste Oper La liberazione di Ruggiero dall’isola d’Alcina für den polnischen König, als dieser noch ein Prinz war. Die polnischen Barockkomponisten komponierten vor allem Kirchenmusik, allen voran ihr bekanntester Schöpfer Adam Jarzębski. Zu dieser Zeit entstand auch die Polonaise als Tanz an polnischen Höfen, während die bäuerliche Gesellschaft regional unterschiedliche Tänze wie die Mazurkas, Krakowiaks und Chodzony und die auch in Tschechien bekannten Polkas entwickelte. Die wichtigsten Polonaise-Komponisten im 18. Jahrhundert waren Michał Kleofas Ogiński, Karol Kurpiński, Juliusz Zarębski, Henryk Wieniawski, Mieczysław Karłowicz und Joseph Elsner. Gleichwohl sollte erst Fryderyk Chopin in der ersten Hälfte des 19. Jahrhundert diese Musikart zur Vollendung bringen. Er gilt als einer der größten polnischen Komponisten.

 

Im 19. Jahrhundert entwickelte Stanisław Moniuszko die moderne polnische Oper, deren berühmtestes Werk Halka ist. Oskar Kolberg begann zu dieser Zeit die polnische Folkloremusik zu sammeln und niederzuschreiben. Seinen Werken verdanken die Folkloreensembles Mazowsze, Słowianki und Śląsk ihr Entstehen. Karol Szymanowski, der sich in Zakopane niederließ, entdeckte die traditionelle Musik der Goralen in Podhale, die er im 19. Jahrhundert weiter entwickelte. Berühmte Komponisten der Zwischenkriegszeit waren Arthur Rubinstein, Ignacy Jan Paderewski, Grażyna Bacewicz, Zygmunt Mycielski, Michał Spisak and Tadeusz Szeligowski. Die zeitgenössische polnische Musik wird von Stanisław Skrowaczewski, Roman Palester, Andrzej Panufnik, Tadeusz Baird, Bogusław Schaeffer, Włodzimierz Kotoński, Witold Szalonek, Krzysztof Penderecki, Witold Lutosławski, Wojciech Kilar, Kazimierz Serocki, Henryk Mikołaj Górecki, Krzysztof Meyer, Paweł Szymański, Krzesimir Dębski, Hanna Kulenty, Eugeniusz Knapik und Jan A. P. Kaczmarek repräsentiert.

 

Polonistik

 

Das älteste erhaltene polnische Schriftstück ist das Dagome-Iudex-Regest aus dem Jahr 991. Wie fast alle polnischen Werke des Mittelalters ist es in Latein geschrieben. Zu diesen gehören vor allem die Chroniken von Gallus Anonymus, Wincenty Kadłubek, Janko z Czarnkowa, Jan Długosz und Jan Łaski sowie die Heilig Kreuz Jahrbücher als auch die Adelsprivilegien (siehe oben Verfassungsgeschichte) und religiöse Texte der Heilig Kreuz Predigten (die ältesten Schriftstücke auf Polnisch), die Königin Zofias Bibel (erste Bibelübersetzung ins Polnische), der Puławy-Psalter, der Davidspsalter, die erste polnische Nationalhymne Bogurodzica sowie diverse Gebete und Heiligengeschichten. 1488 wurde die welterste Dichterbruderschaft Nadwiślańskie Bractwo Literackie von dem Deutschen Conrad Celtis und dem Italiener Kallimachus an der Universität in Krakau gegründet, wo sich bereits die erste polnische Druckerei befand.

 

Die polnische Sprache setzte sich in der Renaissance durch, obwohl viele Autoren auch noch in Latein oder beiden Sprachen veröffentlichten. Der erste nur polnischschreibende Dichter war Mikołaj Rej, der als Vater der polnischen Sprache gilt. Der größte polnische Renaissancedichter war jedoch Jan Kochanowski, der mit dem ersten polnischen Drama „Die Abfertigung der griechischen Gesandten“ und zahlreichen Gedichten Weltruhm erlangte. Gleichzeitig galt Klemens Janicki als talentiertester lateinischschreibender Poet der Renaissance in Europa. Andere wichtige Renaissanceschriftsteller waren Andrzej Frycz Modrzewski, Szymon Szymonowic, Łukasz Górnicki, Piotr Skarga, Andrzej Krzycki, Mikołaj Hussowski Hussowczyk, Biernat z Lublina, Mikołaj Sęp-Szarzyński und Johannes Dantiscus. Der polnische Barock ist aufgrund der vielen vernichtenden Kriege dem Motto memento mori treu und bringt im Gegensatz zum Harmoniebestreben der polnischen Renaissance die Unruhe der damaligen Zeit zum Ausdruck. Hervorzuheben sind hier die Liebesbriefe des Dichterkönigs Jan Sobieski sowie die Kriegsmemoiren von Jan Chryzostom Pasek. Weitere wichtige Vertreter dieser Epoche waren Wacław Potocki, Jan Andrzej Morsztyn, Daniel Naborowski, Krzysztof Zawisza und Benedykt Chmielowski.

 

Die Aufklärung brachte vor allem politische Literaten, die mit den Reformen König Poniatowskis verbunden waren. Viele engagierten sich für die Verfassung vom 3. Mai 1791. Insbesondere Ignacy Krasicki, Adam Naruszewicz, Wojciech Bogusławski, Franciszek Bohomolec, Franciszek Salezy Jezierski, Franciszek Karpiński, Franciszek Dionizy Kniaznin, Hugo Kołłątaj, Stanisław Konarski, Julian Ursyn Niemcewicz, Stanisław Staszic, Stanisław Trembecki und Franciszek Zabłocki sind hier zu nennen.

 

Nach der letzten Teilung Polens entstanden zwei gegensätzlich poetische Richtungen, die Klassik und die Romantik. Das Jahr 1822, als Adam Mickiewicz seinen ersten Gedichtband herausbrachte, gilt als endgültiger Sieg von letzterer. Die polnische Romantik, die in der Zeit zwischen dem Novemberaufstand 1830 und Januaraufstand 1863 ihren Zenit erreichte, hat sehr viele hervorragende Poeten hervorgebracht. Neben Mickiewicz allen voran Juliusz Słowacki, Zygmunt Krasiński und Cyprian Kamil Norwid. Nicht unerwähnt bleiben dürfen aber auch Stanisław Bogusławski, Adam Jerzy Czartoryski, Aleksander Fredro, Klementyna Hoffmanowa, Józef Ignacy Kraszewski, Wincenty Pol, Henryk Rzewuski und Kornel Ujejski. Viele Literaturkritiker sehen in der polnischen Romantik die Epoche, die den polnischen Nationalgeist am meisten beeinflusst hat und am meisten auf die anderen Richtungen einwirkte. Nach der Ernüchterung der Niederlage von 1864 kam die Zeit des Positivismus, die sich von der Dichtung zur Prosa wandte, insbesondere dem realistischen Roman. Ihre wichtigsten Vertreter waren Eliza Orzeszkowa, Bolesław Prus, Maria Konopnicka, Adolf Dygasiński, Wiktor Gomulicki, Maria Rodziewiczówna, Henryk Sienkiewicz, Gabriela Zapolska, Stefan Żeromski und Adam Asnyk. Als neoromantische Reaktion entwickelte sich ab 1890 das Junge Polen, deren wichtigste Dichter Tadeusz Boy-Zelenski, Jan Kasprowicz, Kazimierz Przerwa-Tetmajer, Mieczysława Przybylska-Luczyńska, Stanisław Przybyszewski, Władysław Reymont, Leopold Staff und das Allroundgenie Stanisław Wyspiański. Das Junge Polen zeichnete sich durch eine dem Symbolismus folgende Mystifizierung der Wirklichkeit aus. Das wichtigste Werk ist Wyspiańskis „Hochzeit“.

 

In der Zwischenkriegszeit hatte Polen eine Reihe von hervorragenden Literaten, die in verschiedenen Richtungen experimentierten und verschiedene Dichtervereinigungen (Salamander, Grüner Ballon, etc.) bildeten. Zu diesen gehörten Jan Brzechwa, Zofia Charszewska, Józef Czechowicz, Bruno Jasieński, Jarosław Iwaszkiewicz, Maria Kuncewiczowa, Bolesław Leśmian, Kornel Makuszyński, Czesław Miłosz, Stanislaw Młodożeniec, Zofia Nałkowska, Maria Pawlikowska-Jasnorzewska, Bruno Schulz, Andrzej Strug, Julian Tuwim, Stanisław Ignacy Witkiewicz und Aleksander Wat. Während des Zweiten Weltkriegs schuf die junge Generation der sogenannten Kolumbusse Krzysztof Kamil Baczyński, Tadeusz Borowski und Tadeusz Gajcy, die alle sehr jung starben und diese Vorahnung in ihren Gedichten thematisierten.

 

Die polnische Nachkriegsliteratur ist sehr mannigfaltig. Sie reicht vom Sozrealismus (Jerzy Andrzejewski) bis zur Science Fiction (Stanisław Lems). Zunächst war Hauptthema die Verarbeitung des Zweiten Weltkriegs, später wandten sich die Kulturschaffenden der neuen Wirklichkeit zu. Viermal erhielten bis jetzt polnische Schriftsteller den Literaturnobelpreis: 1905, 1924, 1980 und 1996. Wichtige Vertreter der Nachkriegsliteratur sind Witold Gombrowicz, Sławomir Mrożek, Miron Białoszewski, Kazimierz Brandys, Ernest Bryll, Zbigniew Herbert, Marek Hłasko, Paweł Huelle, Ewa Lipska, Jan Parandowski, Jerzy Pilch, Julian Przyboś, Tadeusz Różewicz, Andrzej Szczypiorski, Wisława Szymborska, Władysław Terlecki, Jan Twardowski, Ryszard Kapuściński, Stefan Chwin, Leszek Kołakowski, Andrzej Stasiuk, Olga Tokarczuk, Dorota Masłowska und Jerzy Prokopiuk, sowie auch der als Papst Johannes Paul II. bekannte Karol Wojtyła.

 

Medien

 

Fernsehen

 

Neben den zwei öffentlich-rechtlichen Fernsehsendern von Telewizja Polska (TVP; dt. Polnisches Fernsehen) gibt es zwei weitere ebenfalls landesweit und flächendeckend empfangbare bedeutsame private Fernsehkanäle wie TVN und Polsat.

 

Bis 1992 besaß nur das öffentlich-rechtliche Fernsehen eine Sendeerlaubnis. 1992 kam Polsat hinzu, zunächst illegal, ab 1993 mit Lizenz, 1997 folgte TVN.

 

Der polnische Fernsehmarkt hat sich seit den 1990er Jahren bis heute kontinuierlich weiterentwickelt, sodass die früheren wichtigsten Anbieter TVP, TVN und Polsat von einzelnen Kanälen zu Paketen aus mehreren Kanälen ausgebaut wurden. So findet man jeweils in jedem Paket jedes Anbieters zusätzlich auch einen Nachrichten-, Kultur-, Dokumentation-, Spielfilm- und Sportsender. Die Empfangbarkeit dieser Pakete ist jedoch meistens nur in den Großstädten per Fernsehkabel möglich. Zusätzlich sind die Pakete selten miteinander kombinierbar, so dass erst eine Satellitenschüssel bzw. ein PayTV-Anschluss notwendig ist, um eine Auswahl von über 20 Sendern zu erreichen. Dies hängt vor allem mit der historisch begründeten und finanziell bedingten Machtstellung der staatlichen Fernsehanstalt. Die Landschaft an öffentlich-rechtlichen regionalen Kanälen ist der in Deutschland sehr ähnlich: Es gibt 16 selbstständige staatliche Kanäle mit regionaler Ausrichtung (Die Dritten). Fernsehsender mit dem größten Marktanteil war 2004 TVP1 mit 24,89 Prozent. Es folgten TVP2 (20,52), Polsat (16,22) und TVN (14,71).

 

 

Rundfunk

 

Die öffentlich-rechtliche polnische Hörfunkanstalt Polskie Radio betreibt die drei wichtigsten landesweit empfangbaren staatlichen Radioprogramme. Diese sind Jedynka (Das Erste) mit Schwerpunkt auf Politik, Kultur, Reportagen, Dwójka (Das Zweite)a als Kultursender sowie Trójka (Das Dritte) vor allem für jüngere Menschen. Es wird auch ein dichtes Netz aus 17 staatlichen regionalen Radiosendern betrieben. Die staatliche Rundfunkanstalt hat in den 1990er Jahren ernstzunehmende Konkurrenz durch die privaten Radiosender Radio Zet (ein landesweiter Sender) und RMF FM (Netz aus ca. 20 regionalen Sendern) bekommen, die sich bei 15- bis 35-Jährigen größter Beliebtheit erfreuen.

 

Eine Besonderheit der polnischen Hörfunklandschaft ist die Existenz stark religiös ausgerichteter Sender wie Trwam und Radio Maryja, welche unter katholisch-konservativen Rentnern gehört werden. Diese religiösen Radiosender tragen durch konfrontative politische Agitation sowie intolerante Berichterstattung über abweichende Weltanschauung sowie soziale und sexuelle Minderheiten erheblich zur Spaltung zwischen der jüngeren und älteren Generation im Lande bei.

 

Den größten Marktanteil konnte 2004 RMF FM mit 23,95 Prozent verbuchen. Es folgten Radio Zet (21,41%), Polskie Radio 1 (15,51%), Polskie Radio 3 (5,32%) und Radio Maryja (2,39%).

 

Print- und Internetmedien

 

Überregionale meinungsbildende Tageszeitungen sind Gazeta Wyborcza, Rzeczpospolita und die Boulevardzeitung Fakt. Wöchentliche Magazine sind Wprost und Polityka. Die bekanntesten Internetportale sind Onet.pl, Interia und Wirtualna Polska. Eine wichtige polnische Presseagentur ist die PAP. Für englischsprachige Ausländer erscheinen die Warsaw Voice und das Warsaw Business Journal. Dagegen ist die deutschsprachige polen-rundschau nicht sehr weit verbreitet.

 

1990 gab es 3.007 Zeitschriften, die Zahl wuchs bis 1999 auf 5.444. Die Zahl der Tageszeitungen sank von 1990 bis 2000 von 130 auf 66. Auflagenstärkste war 2004 Fakt.

 

Freizeit und Sport

 

Aufgrund der vielen Seen und der langen sandigen Meeresküste sind Wassersportarten wie Segeln (u.a. Große Masurische Seen), Surfen (u.a. Hela), Tauchen (u.a. Danziger Bucht), Kajak (u.a. auf den Flüssen Krutynia, Czarna Hancza, Drawa), Schwimmen und Angeln in Polen sehr beliebt. Die Polen nutzen die vielen Wälder auch gerne zum Pilze sammeln. In den Bergen wird viel gewandert und Alpin Ski und Snowboard gefahren (u.a. Hohe Tatra, Beskiden, Riesengebirge). Rafting ist auf dem Gebirgsflüssen, vor allem dem Dunajec im Pieniny-Durchbruch, sehr beliebt. Auch Segel- und Ballonfliegen ist in den Beskiden populär. Skispringen (u.a. Zakopane, Wisla) erfreut sich in Polen großer Beliebtheit. Langlauf, Hundeschlittenfahren und Eissegeln werden in den Waldkarpaten und Masuren praktiziert. Gleichwohl stehen beim polnischen Sportfan Fußball, Volleyball und Schwimmen am höchsten im Kurs. An den verschiedenen international bedeutenden Straßenläufe nehmen zunehmend auch Volksläufer teil. Das Schachspiel hat in Polen eine lange Tradition. Am 18. April 2007 wurde Polen zusammen mit der Ukraine von der UEFA zum Ausrichter der Fußball-Europameisterschaft 2012 bestimmt.

 

Feiertage

 

Am 11. November wird der Erlangung der Unabhängigkeit Polens nach dem Ersten Weltkrieg durch Józef Piłsudski gedacht.

 

1. Januar                  Neujahr

Freitag vor Ostern     Karfreitag (polnisch: Wielki Piątek)

Tag nach Ostern        Ostermontag (polnisch: Śmigus-dyngus)

1. Mai                       Tag der Arbeit/Maifeiertag

2. Mai                       Tag der Staatsflagge (nicht arbeitsfrei)

3. Mai                       Tag der Verfassung vom 3. Mai 1791

8. Mai                       Tag des Friedens (nicht arbeitsfrei)

(bewegliches Fest)    Fronleichnam

15. August               Tag der polnischen Armee, gleichzeitig Mariä Aufnahme in den Himmel

1. November             Allerheiligen

11. November           Tag der Unabhängigkeit im Jahr 1918

25. Dezember           Weihnachtsfeiertag

26. Dezember           Weihnachtsfeiertag

 

Der 22. Juli war in der Volksrepublik ein nationaler Feiertag zur Erinnerung an das am 22. Juli 1944 publizierte Manifest des Polnischen Komitees der nationalen Befreiung (PKWN).

 

Im Jahr 2007 verabschiedeten sowohl das ungarische Parlament wie auch der Sejm Beschlüsse, die den 23. März zum „Tag der polnisch-ungarischen Freundschaft“ erklären. Dieser Tag wird in beiden Ländern mit Veranstaltungen von Völkerfreundschaftsvereinen und mit staatlichen Zeremonien zelebriert.

 

Die polnischen Dialekte

 

Die polnischen Dialekte werden nach sprachwissenschaftlicher Tradition in sieben Gruppen aufgeteilt, wobei jede Dialektgruppe der polnischen Sprache hauptsächlich mit einer bestimmten geographischen Region verbunden ist. Die Dialekte (polnisch: dialekt) werden weiter unterteilt in Subdialekte, die gwara oder region genannt werden. Spätestens seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gibt es eine starke Tendenz zur Vereinheitlichung der polnischen Sprache, die teilweise Folge des Massenmigrationsprozesses nach dem Zweiten Weltkrieg ist. Trotzdem wird das Standardpolnisch immer noch ein wenig unterschiedlich in den verschiedenen Regionen des Landes gesprochen, obgleich die Unterschiede zwischen den Dialekten verglichen mit deutschen Dialekten schwach ausgeprägt sind. Dialekte bereiten den Polen in der Regel keine Schwierigkeiten im gegenseitigen Verstehen, und Nicht-Muttersprachler sind oft nicht in der Lage, ohne weiteres zwischen ihnen zu unterscheiden.

 

Geschichte der polnischen Dialekte

 

Vorgeschichte

 

Die altpolnischen Dialekte gliederten sich im 8. und 9. Jahrhundert erst aus der urslawischen und danach aus der westslawischen Einheit aus. Sie bildeten sich vor dem Hintergrund vorpiastischer ethnischer und sprachlicher Ansammlungen, die den Territorien und Anordnungen damaliger kultureller Stammeszentren entsprachen. Somit war die polnische Sprache schon zu Beginn ihrer Geschichte nicht einheitlich und es formten sich innerhalb der Stammesgrenzen fünf Dialektgruppen, die sich bestimmten Stromgebieten zuordnen lassen:

 

  • Die kaschubischen Dialekte führen auf die Pomoranen zurück und werden im östlichen Teil Hinterpommerns sowie in den angrenzenden Gebiete des oberen Stromgebietes der Flussläufe Radaune (Radunia), Ferse (Wierzyca), Schwarzwasser (Wda) und Brahe (Brda) gesprochen. Sie reichen bis zur Linie Danzig-Konitz.
  • Die masowischen Dialekte stammen von den Masowiern und Masuren ab und werden im mittleren Stromgebiet der Weichsel gesprochen. Das Verbreitungsgebiet reicht vom niederen Stromgebiet bei Pilitza (Pilica) über die Flüsse Radomka, niedere Wieprz, niedere Bzura bis zum Stromgebiet der Skrwa, der in seiner Ausbreitung die Gebiete der niederen Drewenz (Dręca), Ossa (Osa), Ferse (Wierzyca), Nogat, Passarge (Pasłęka), Alle (Łyna) und Memel (Niemen) umfasst.
  • Die großpolnischen Dialekte führen auf die westslawische Sprache zurück, die einst von den Polanen gesprochen wurde. Diese Dialekte finden sich im mittleren und unteren Stromgebiet der Warthe (Warta). Dazu zählen die Flüsse Prosna, Obra, Wełna (rechter Nebenfluss von der Warthe) und Netze (Noteć). Das Dialektgebiet reicht weiter bis an die angrenzenden Stromgebiete der niederen Bzura, niedere Drewenz (Dręca), Schwarzwasser (Wda) und Brahe (Brda).
  • Die kleinpolnischen Dialekte führen auf die Wislanen zurück und werden im oberen Stromgebiet der Weichsel (Wisła) gesprochen. Kleinpolnisch gilt als die zahlreichste Dialektgruppe und erstreckt sich von den Stromgebieten der Sola (Soła) und Przemsa (Przemsza) über die mittleren Stromgebiete der Pilitza) (Pilica) und Wieprz bis an das
  • Die schlesischen Dialekte stammen von den slawischen Stämmen der Slensanen ab und werden seit neuerer Zeit in der Region Oberschlesien im Stromgebiet der Oder (Odra)gesprochen, angefangen vom Stromgebiet der Olsa (Olza) bis zu den Quellgebieten der Weichsel und Kischütz (Kysuca)

 

Dialektentwicklung im polnischen Staat

 

Während der polnischen Staatenbildung um das Jahr 1000 begann mit der Übersetzung von religiösen Texten und Predigten das systematische Erfassen des bislang nicht geschriebenen Polnisch. Eine erste polnische Rechtschreibung gab es im 13. Jahrhundert. Bis zur Entwicklung der polnischen Literatursprache im 15. und 16. Jahrhundert bildeten dabei die polnischen Dialekte die Grundform zur Kommunikation aller sozialen Schichten - mit Ausnahme der damaligen intellektuellen Elite. Gebildete Schichten wie die Geistlichkeit, aristokratische Beamte, Teile des Adels und des reichen Bürgertums benutzten ab dem 16. Jahrhundert eine gemeinpolnische Sprache. Es gibt dabei keine einheitliche Meinung, auf welcher Basis die polnische Literatursprache beruht: Entweder Großpolnisch, da im 10. und 11. Jahrhundert Großpolen das Zentralgebiet der Kirche und Gnesen die erste Hauptstadt Polens war. Oder Kleinpolnisch, da 1038 die Hauptstadt nach Krakau verlagert wurde und dort für mehrere Jahrhunderte das polnische Zentrum von Kultur, Literatur und Bildung lag. Auch Masowisch hatte Einfluss auf die gemeinpolnische Sprache, nachdem Warschau 1596 die neue Hauptstadt Polens wurde. Die einheitliche gemeinpolnische Sprache wurde von immer größeren Schichten gesprochen, sodass die polnischen Dialekte ab etwa 1600 allmählich zurückgedrängt wurden und sich zur Sprache des einfachen Volkes entwickelten. Zwischen der gemeinpolnischen Sprache und den Dialekten des Volkes zeichneten sich in diesem Zeitraum immer größere Unterschiede ab. Es begannen sich sowohl die Haupt- als auch Stadtdialekte herauszubilden.

 

Während der Teilungen Polens ab 1772 trat für etwa 150 Jahre der überregionale Charakter der Sprache noch einmal in den Hintergrund, obgleich die polnische Sprache gerade zu dieser Zeit ein verbindendes Element für die Polen war und ab der Mitte des 19. Jahrhunderts immer mehr Arbeiter weniger Dialekt sprachen. Ab 1918 unterlag das Polnische im wiedererstandenen polnischen Staat einer weiteren Vereinheitlichung, die durch den Aufbau des Schulwesens noch vorangetrieben wurde. Landflucht und die landesweite Verbreitung von Massenmedien (Presse, Radio, später auch Fernsehen) haben dafür gesorgt, dass sich spätestens seit den Sechzigerjahren die endgültige Tendenz abzeichnet, dass die historisch geformten Dialekte des Volkes schwinden.

 

Traditionelle Aufteilung mit ausgewählten Dialekten

 

  • Großpolnische Dialekte

 ·        Krajnaer Dialekt (Gwara krajniacka)

 ·        Tucholaer Dialekt (Gwara tucholska)

 ·        Kociewier Dialekt (Gwara kociewska)

 ·        Chełmno (Weichsel)-Dobrzyńer Dialekt (Gwara chełmińsko-dobrzyńska)

 ·        Kujawischer Dialekt (Gwara kujawska)

        Chojno Dialekt (Gwara chazacka)

 

  • Masowische Dialekte

 ·        Podlachisch-Suwałkier Dialekt (Gwara podlasko-suwalska)

 ·        Ermländischer Dialekt (Gwara warmińska)

 ·        Kurpier Dialekt (Gwara kurpiowska)

 ·        Masurischer Dialekt (Gwara mazurska)

 ·        Malbork-Löbauer Dialekt (Gwara malborsko-lubawska)

 ·        Ostródaer Dialekt (Gwara ostródzka)

 ·        Warschauer Dialekt (Gwara warszawska)

 

  • Kleinpolnische Dialekte

·        Łowiczer Dialekt (Gwara łowicka)

·        Sieradz-Łęczycaer Dialekt (Gwara sieradzko-łęczycka)

·        Dialekte des Kielcer Bergland (Gwary świętokrzyskie), die oft mit dem alten Volksstamm der Lendizen verbunden werden

·        Grębówer Dialekt (Gwara lasowska)

·        Orawischer Dialekt (Gwara orawska)

 ·        Zipser Dialekt (Gwara spiska)

·        Goralisch (Gwara góralska), ein Übergangsdialekt vom Slowakischen zum Polnischen, der oft mit dem Podhalischen Dialekt (Gwara podhalańska) gleichgesetzt wird

 

Die beiden folgenden Dialekte werden auch unter dem Begriff Ostpolnisch zusammengefasst und sind in weiten Teilen durch den Verlust der ehemaligen polnischen Ostgebiete (Kresy) vom Aussterben bedroht.

 

  • Północnokresowy ("Nordostrandpolnisch") wird in nordöstlichen Grenzgebieten sowie hauptsächlich noch von der polnischen Minderheit in Litauen und Weißrussland gesprochen.

 ·        Białystoker Dialekt (Gwara białostocka)

 ·        Litauisches Polnisch (Polszczyzna litewska) bzw. Vilniuser Dialekt (Gwara wileńska) mit litauischen und weißrussischen Merkmalen.

 ·        Suwałki Dialekt (Gwara suwalska)

 

  • Półudniowokresowy ("Südostrandpolnisch") wird in südöstlichen Grenzgebieten gesprochen und als Nachkommen eines Pidgin der polnischen und der Alt-Ruthenischen Sprache angesehen.

·        Lemberger Dialekt (Gwara lwowska) mit österreichischen und ukrainischen

 

Zwei der Dialekte werden heute überwiegend als unabhängige Sprachen betrachtet:

  • Kaschubische Sprache (Język kaszubski, dialekt kaszubski) - bezieht sich auf die Sprache, die in der Region Pommerellen von Nachkommen der Pomeranen gesprochen wird.

·        Slowinzische Sprache (Gwara słowińska) starb im 20. Jahrhundert aus. Ob es als eine eigene Sprache oder als Dialekt des Kaschubischen angesehen werden kann, ist strittig.

 

  • Schlesisch (Język śląski, dialekt śląski)

 ·        Zentraldialekte (Dialekty centralne) umfassen Pyskowice und die Kreise Powiat Rybnicki und Powiat Mikołowski.

 ·        Schlesisch-kleinpolnische Grenzdialekte (Dialekty pogranicza śląsko-małopolskiego) umfassen Katowice, Tychy und den Powiat Pszczyński.

 ·        Gliwice-Opoler Grenzdialekte (Dialekty pogranicza gliwicko-opolskiego) umfassen die Kreise Powiat Tarnogórski und Powiat Lubliniecki.

 ·        Nordschlesische Dialekte (Dialekty północne) umfassen den Kreis Powiat Raciborski östlich von der Oder.

 ·        Lachische Sprache (Język laski), auch lachische Dialekte (Dialekty laskie) oder lachische Mundarten (Gwary laskie) genannt, ist ein Übergang zwischen der polnischen und der Tschechischen Sprache und umfasst die Umgebung von Pietrowice Wielkie und Kranowitz (südwestlicher Teil des Powiats Raciborski).

 ·        Der Dialekt Kobylorzy umfasst das Gebiet Strzelce Opolskie, Kamień Śląski und Kotlarnia

 ·        Namslauer Dialekt (Dialekt namysłowski) östlich von Namysłów (ohne die Stadtregion)

 ·        Sycówer Dialekt (Dialekt sycowski) östlich von Syców (ohne die Stadt)

 ·        Teschener Mundarten (Gwara cieszyńska, Śląsk Cieszyński), Dialekt vom Teschener Schlesien

 ·        Niederschlesisch (Dolny Śląsk) wird in Niederschlesien, dem Westteil Schlesiens gesprochen

 

 

Neue gemischte Dialekte

 

Als neue gemischte Dialekte (Nowe dialekty mieszane) bezeichnet man Dialekte, die nach dem Zweiten Weltkrieg in den ehemals deutschen Gebieten entstanden, die durch Polen und Lemken aus dem Osten besiedelt wurden. Die sprachliche Situation in diesen Gebieten ist uneinheitlich. Zwar gibt es keine auffälligen Häufungen bestimmter Dialektmerkmale, doch findet man in den Städten, zum Beispiel in Breslau mit dem Lemberger Dialekt, neben Merkmalen aus dem polnischen Kernland auch solche der ostpolnischen Dialekte Pólnocnokresowe und Południowokresowe. Da sich dort die Bevölkerung sprachlich stark unterschied, ersetzte in den sogenannten "wiedererlangten" Gebieten das Standardpolnische besonders schnell die regionalen Mundarten und machte so eine ungezwungene Kommunikation erst möglich.

 

 

Polnische Dialekte im Ausland

 

Polnische Dialekte im Ausland treten als Verlängerung der Dialekte des heutigen Gebietes der Republik Polen lediglich in der Tschechischen Republik und in der Slowakei auf. Dazu zählen vor allem die Teschener Mundarten (gwary cieszyńskie), die Dialekte gwary czadeckie, der Orawische Dialekt (gwary orawskie) und die Zipser Dialekte (gwary spiskie).

 

Größere und kleinere polnischsprachige Anhäufungen entstanden in den ehemaligen polnischen Randgebieten im Osten, das heißt im heutigen Weißrussland, Litauen und Lettland (ehemaliger polnischer Nordrand), in der Ukraine (ehemaliger polnischer Südrand), sowie infolge von Deportationen in Kasachstan und Russland, dort insbesondere in Sibirien. Polnische Mundarten von Siedlern, die hauptsächlich aus dem früheren Galizien stammen, blieben ebenso in Rumänien (Bukowina, Moldawien), in Ungarn (Istvanmajor, ein Stadtteil von Emőd) und in der Türkei (Polonezköy) erhalten. Einige Merkmale der Mundarten blieben auch in der Sprache der polnischen Emigranten erhalten, die nach Westeuropa und Amerika auswanderten. In englischsprachigen Ländern vermischte sich das Standardpolnisch mit der englischen Sprache zu einer neuen Mischsprache, die Ponglisch genannt wird.

 

Alle polnischen Mundarten im Ausland wurden mehr oder weniger intensiv durch die fremden Merkmale beeinflusst. Am schnellsten entledigen sich Emigranten der jüngsten Generation ihrer regionalen Dialektmerkmale. Die Wahrscheinlichkeit, dass Mundarten im Ausland erhalten bleiben, ist am größten, wenn die Sprecher in polnischsprachigen Ansammlungen trotz fremder Einflüsse aus ehemaligen Siedlungen von ethnisch nichtpolnischen Gebieten, von grenznahen oder ehemaligen Gebieten des polnischen Staates stammen.

 

Dialektale Sondermerkmale

 

In Bezug auf Wortschatz, Syntax, Aussprache und Morphologie gibt es in jedem Dialekt Merkmale, die vom Standardpolnischen abweichen. Ein Beispiel ist die in verschiedenen Gebieten Polens vorhandene Aussprache von Nasalkonsonanten ohne Nasalresonanz, wie man es zum Beispiel im Schlesischen findet, während man in anderen Gebieten wie zum Beispiel beim Masowischen den Klang nasaliert aussprechen kann. Die in den Dialekten benutzte Endungsflektierung haben manche Eigenschaften des altertümlichen Polnisch bewahrt, so wie man es beim Kleinpolnischen findet. Es gibt auch eine Tendenz, den flektierenden Sprachbau zu vereinfachen.

 

Aufteilung nach bestimmten Merkmalen

 

Nach folgenden Merkmalen lassen sich die polnischen Dialekte aufteilen:

 

  • Beim Masurieren tritt statt der Konsonantenreihe cz, sz, ż, dż die Konsonanten c, s, z an ihre Stelle. Nichtmasurierende Dialekte besitzen beide Reihen.
  • Die Aussprache von auslautenden Konsonanten vor anlautenden stimmhaften Konsonanten und Sonoranten ist stimmhaft bzw. stimmlos (zum Beispiel brad statt brat für "Bruder").
  • Andere phonetische Merkmale sind beispielsweise die Aussprache von geschlossenen Vokalen bzw. alten Langvokalen, das synchrone und asynchrone Realisieren der Nasalvokale sowie das Realisieren der bilabialen palatalisierten Konsonanten.
  • Seltener treten morphologische und lexikalische Merkmale auf.

 

Grammatikalische Merkmale der Hauptdialektgruppen

 

  • Großpolnisch zeichnet sich durch fehlendes Masurieren aus. Es fehlt auch die Auslautverhärtung vor anlautenden stimmhaften Konsonanten und Sonoranten. Die Nasalvokale werden genauso wie im Standardpolnischen realisiert und es existieren Diphthonge. Die Aussprache von v nach stimmlosen Konsonanten ist stimmhaft (kvas statt kwas für "Säure"; kvat statt kwiat für "Blume"). Außerdem endet die erste Person Plural Imperfekt auf -ma statt auf -my (siedźma statt siedźmy für "sich setzen")
  • Kleinpolnisch verwendet im westlichen Teil Kleinpolens das Masurieren, während es in den südöstlichen Teilen des Dialektgebietes fehlt. Zudem werden Auslaute vor anlautenden stimmhaften Konsonaten und Sonoranten nicht verhärtet. Ein auslautendes -ch geht in -k über, ist aber eine Eigenschaft, die im Rückzug begriffen ist (grok statt groch für "Erbse"). Daneben finden sich in Kleinpolen Mundarten, die altertümliche Züge bewahrt haben. So hat zum Beispiel der podhalische Dialekt noch den Initialakzent und das alte ři (gřiby statt grzyby für "Pilze"). Zudem werden die Nasalvokale uneinheitlich realisiert. Einige Gebiete unterscheiden sich durch ihre Vokalqualität. So wird dort der vordere Nasal als ą realisiert (prądzy statt prędzej für "schneller"). In anderen Gebieten fallen die beiden Nasalvokale entweder in o zusammen (śfoty statt święty für "heilig"; prondzy statt prędzej für "schneller") oder werden vollständig denasaliert (geś statt gęś für "Gans").
  • Masowisch benutzt das Masurieren. Der Auslaut wird vor anlautenden Konsonanten und Sonoranten verhärtet. Die Aussprache der palatalisierten Labiale p, b, f, v und m ist asynchron und biphonematisch, oftmals sogar verdreifacht (mńasto oder ńasto statt miasto). Größtenteils wird nicht zwischen dem offenen und dem geschlossenen a unterschieden. Daneben existieren zahlreiche morphologische Merkmale. So endet die erste und zweite Person Plural auf -wa bzw. -ta statt auf -my bzw. -cie (chodziwa statt chodzimy für "wir gehen"; chodzita statt chodzicie für "ihr geht") und Substantiva haben oft das Suffix -ak (dziewczak statt dziewczę für "Mädchen").
  • Schlesisch positioniert sich zwischen dem Kleinpolnischen und dem Großpolnischen. Das Masurieren hat Schlesisch mit dem westlichen Teil Kleinpolens gemeinsam, die Diphtonge mit dem Großpolnischen. Die stimmhafte Aussprache von auslautenden Konsonanten vor anlautenden stimmhaften Konsonanten und Sonoranten findet sich in allen drei Dialektgebieten. Typische Beispiele für die schlesische Aussprache sind tši statt trzy für "drei", kšivy statt krzywy für "krumm" oder bžitki statt brzydki für "hässlich". Ein auslautendes wird als -a realisiert (widza ta baba statt widzę tę babę für "ich sehe diese alte Frau"). Ein auffälliges Unterscheidungsmerkmal ist zudem die große Anzahl deutscher Lehnwörter.
  • Kaschubisch nimmt eine gesonderte Stellung unter den polnischen Dialekten ein und kennzeichnet sich durch eine Vielzahl spezieller Merkmale, die sich vom Polnischen stark unterscheiden.

 

Die gesellschaftliche Rolle der Dialekte

 

Dialekte und kleine Sprachen sind in Polen sozial äußerst stigmatisiert und die polnische Sprachpolitik orientiert sich am Schutz des "richtigen" Standardpolnisch vor "Provinzialismen". Die Standardsprache wird mit höherer Bildung verbunden und vermittelt dem Sprecher ein höheres Sozialprestige. Es gibt sogar eine regelmäßige TVP-Fernsehsendung mit dem Titel Profesor Miodek odpowiada ("Professor Miodek antwortet"), in der seit 1995 der bekannte Sprachwissenschaftler Jan Miodek den Polen das "korrekte" Polnisch beibringt. Die gesellschaftliche Rolle der Dialekte ist damit auf die Kommunikation innerhalb der Familie, im Alltag und zur Stilisierung literarischer Texte beschränkt. Zwar existiert eine eigenständige Mundartdichtung, diese beschränkt sich jedoch auf die Folklore. Neben den Soziolekten bilden die Dialekte eine unerschöpfliche Quelle für die Umgangssprache. In der Dialektologie wird darauf hingewiesen, dass die Dialekte imam Verblassen sind, was durch die Industrialisierung und Urbanisierung der Gesellschaft, die zudem intensiv durch die Massenmedien beeinflusst wird, verursacht wurde. Spätestens in den Nachkriegsjahren, als es gelang, das Analphabetentum fast zu beseitigen und Radio und Fernsehen allgemeine Verbreitung fanden, begann dieser Prozess. Infolgedessen verloren die Dialekte an Prestige, und besonders ausgeprägte Merkmale der Dialekte verschwinden, so zum Beispiel das Masurieren und die offene Aussprache der Nasalvokale (gamba statt gęba für "Maul"). In bestimmten Regionen, zum Beispiel in Schlesien, in der Kaschubei oder in der Podhale, werden die Dialekte allerdings als Mittel zur kulturellen Identifikation eingesetzt und kultiviert.

 

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